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Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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sagte Kley, der sich immer noch nicht zu mir umgedreht hatte.
    »Nur zu.«
    »Inoffiziell.«
    »Habe ich etwas anderes verlangt? Fang an, aber beeil dich, hier wollen noch mehr Leute rein.«
    Kley öffnete einen unscheinbaren Schrank in der Wand. Er warf die Bürste in ein Becken mit irgendeiner Lösung. Dann drehte er sich mir zu.
    »Wer bist du?«
    »Ich habe mich bereits vorgestellt.«
    »Du bist kein Regressor«, behauptete er überzeugt. »Vielleicht bin ich ein schlechter Mensch. Aber ich war ein guter Ausbilder. Du bist nicht derjenige, für den du dich ausgibst.«
    Genau das hatte mir jetzt noch gefehlt!
    »Ich werde nicht versuchen, dich vom Gegenteil zu überzeugen. Ich bin Nik Rimer. Mir gefallen die Zustände in diesem Sanatorium nicht. Das habe ich gestern bereits in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Das ist alles.«
    »Es gibt hier zehn Gebäude«, erwiderte Kley leise. »Ich werde dir nicht vorlügen, alle Barackenältesten würden mich lieben. Aber ein derart freches Verhalten werden auch sie nicht durchgehen lassen.«
    »Pech für sie.«
    Mehrere Sekunden spießte er mich mit seinem Blick auf, bis sich die Härte in ihm verlor.
    »Schon möglich … Keine Ahnung, wie und warum, aber du könntest allein hier die ganze Macht an dich reißen. Glaube ich jedenfalls …«
    »Was sind das für seltsame Reden für einen ehemaligen Ausbilder?«, fragte ich. »Welche Macht? Es sind doch alle gleich!« Ich trat an das funkelnde Klo heran und knöpfte mir die Hosen auf. »Es stört dich doch nicht, wenn ich schon mal mein Geschäft verrichte? Das macht dich doch nicht verlegen? Und erregt dich auch nicht?«
    »Du Idiot«, ließ Kley verächtlich fallen. »Unser Essen enthält keine Tranquilizer. Lass ein, zwei Wochen vergehen, dann kommen auch dir komische Gedanken in den Sinn.«
    »Ich habe nicht die Absicht, mich so lange hier aufzuhalten«, bemerkte ich beiläufig, nachdem ich seine Worte einer Blitzanalyse unterzogen hatte. So schafften sie das also. Mit Tranquilizern. Die Medizin hatte sich in den Dienst des Fortschritts gestellt. Wozu Energie für Sex vergeuden, wenn ihn Freundschaft und Arbeit ersetzen können?
    »Und das erzählst du mir?«, fragte Kley lachend. »Deinem Nicht-Freund ? Du erzählst mir, dass du die Absicht hast, dich über die Entscheidung der Ausbilder hinwegzusetzen und das Sanatorium zu verlassen?«
    »Ja. Und jetzt sag, wagst du es, das weiterzuerzählen?«
    Er bekam einen weiteren Lachanfall. Bis er dann abrupt verstummte. »Woher kennst du eigentlich unsere Gesetze?«
    » Diese Gesetze sind überall gleich.«
    »Du bist doch ein Regressor … hast bei den Fernen Freunden gearbeitet … die nicht zu unseren Freunden wurden … Ja doch. Ich werde dich nicht verpfeifen, Nik Rimer. Aber es ist sowieso unmöglich. Die nächste Inspektion erfolgt erst in einem Monat. Bis dahin sind wir von der Außenwelt abgeschnitten.«
    »Hervorragend.« Ich ging zum Waschbecken.
    »Nik, falls du es noch nicht begriffen hast … das Sanatorium ist umgeben von einer Siedlung der Wendigen Freunde. Sie helfen uns bei der Heilung. Und sie passen auf, dass wir uns an die Regeln halten.«
    »Und was soll an diesen Blutegeln schrecklich sein?«, fragte ich.
    »Es gibt Momente, da glaube ich, dass du überhaupt nicht unter Amnesie leidest«, meinte er kopfschüttelnd. »Und dann lieferst du mir wieder einen Beweis, dass du dein Gedächtnis verloren hast … Du hast dir die Antwort doch schon selbst gegeben! Was stand am Anfang der Kontaktaufnahme mit den Wendigen Freunden, Regressor Nik?«
    Das Wissen Nik Rimers, sein Bewusstsein, das sich in seinen Worten manifestierte, reagierte schneller als ich.
    »Der Äußere Planet. Dünne Luft. Sand. Kälte. Grundwasserseen. Blutegel. Opfer. Razzien. Hinweise auf eine Zivilisation. Regression. Erziehung. Freundschaft …«
    Kley Harter verblüffte diese Wortlawine genauso wie mich selbst.
    »Als ob du dich auf eine Prüfung vorbereitet hättest …«, sagte er.
    »Vielleicht habe ich das ja. Also, womit willst du mir Angst machen? Die Wendigen sind unsere Freunde.«
    »Die Wendigen sind die Freunde der Menschen. Aber wir sind keine Menschen mehr. Wir sind Kranke. Wir werden behandelt. Das Verlassen des Sanatoriumsgeländes bedeutet den vollständigen Verlust des Verstands. Den Ausschluss aus der Kategorie der Menschen. Beim ersten Mal wird dir noch verziehen, Rimer. Frag nur mal deinen Kumpel, wie das ist. Beim zweiten Fluchtversuch wirst du einfach

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