Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenspiel

Sternenspiel

Titel: Sternenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
…«
    »Na, siehst du. Die Folge deines Notjumps war zum einen, dass du den Zähler zunächst nicht bemerkt hast, zum anderen, dass du deinen Sprung mit einer schlecht berechneten Flugbahn angetreten hast. Das wiederum zwang dich, die Hilfe des Aliens zu akzeptieren.«
    »Du meinst, das war alles so geplant? Er hat mich also angelogen?« Ich wunderte mich nicht einmal darüber.
    »Was heißt angelogen !«, entgegnete mein Großvater. »Er hat dir lediglich bloß einen Teil der Wahrheit mitgeteilt. An der Operation, auf die Erde vorzudringen, nehmen nicht nur diese lebenden Computer teil, sondern auch noch die kriegerischen Nager.«
    »Aber was versprechen sie sich davon?«
    »Dich beeindruckt ein Umstand, der allen Kosmonauten bekannt ist, Petja: Die Alari haben die stärksten Kriegsschiffe im Konklave. Aber kommt es dir nicht komisch vor, dass die Alari gezwungen sind, eine solch monströs große und destruktive Flotte zu unterhalten? Nein, Petja, auch sie sitzen in der Falle. Genau wie wir oder die Zähler. Sie sind die Kampfgarde des Konklave. Diese Rolle mag einen Teil der Rasse zufriedenstellen, aber niemals alle Alari. Wenn sie von Natur aus kriegerisch wären, hätten sie einander längst ausgerottet oder sich mit allen anderen Außerirdischen angelegt.«
    Mein Großvater hustete, klopfte die Pfeife aus und stopfte sie erneut.
    »Damit haben wir es mit einer klassischen Situation zu tun«, meinte er genüsslich. »Wir haben mindestens drei Rassen im Kosmos, denen der gegenwärtige Stand der Dinge missfällt. Drei Rassen, die sich ausgenutzt, versklavt und in eine ihnen missliebige Rolle gedrängt fühlen. Wenn du wüsstest, wie lange ich auf diesen Augenblick gewartet habe!«
    »Aber was ist mit dem Zähler? Wie wollen wir ihn finden?«
    »Ihn finden? Wozu? Er wird uns schon zu finden wissen. Genauer gesagt mich.«
    Wenn ich eins bei meinem Großvater noch nicht bemerkt hatte, dann war das Größenwahn.
    »Großvater, du bist weder der Generalsekretär der UNO noch der Präsident Russlands …«
    »Wer braucht denn schon derlei Funktionen?«, schnaubte mein Großvater verächtlich. »Glaubst du, ich würde diesen Sessel gegen den Stuhl von M’bani Montenebo oder Alexej Schipunow tauschen? Pah!«
    »Und du glaubst wirklich, der Zähler kommt zu dir?«
    »Selbstverständlich! Wie heißt er? Karel? Karel Gott …« Mein Großvater schüttelte sich vor Lachen. Mir hingegen war absolut schleierhaft, warum er den Zähler als Gott bezeichnete.
    »Großpapa …«, jammerte ich, etwa in dem Ton, den ich angeschlagen hatte, wenn ich als Junge an einer. Aufgabe in Differentialrechnung scheiterte oder partout nicht hinter die Paragraphen des Galaktischen Kodex stieg, mit all den verschwiemelten Kommentaren und dem Gewirr aus Querverweisen …
    »Petja! Du bist müde! Du musst jetzt schlafen. Und ich muss nachdenken.«
    Ich erhob mich. Wenn mein Großvater mich ins Bett schickte, war jeder Widerspruch zwecklos. Das hatte ich bereits als Kind begriffen.
    »Dann … bist du mir also nicht böse?«, fragte ich trotzdem noch. »Du hältst mich nicht für einen Verräter?«
    Mein Großvater legte die Pfeife ab und schaute mich verblüfft an. »Petja! Du hast dich hervorragend geschlagen! Du hast genau das getan, was notwendig war! Wenn es für Erziehung einen Nobelpreis gäbe, wäre ich ein sicherer Anwärter.«
    Daraufhin trat ich eiligst den Rückzug an. Mein Großvater hat nicht viele Schwächen, doch sobald die Rede auf den Nobelpreis kam, gab ich besser Fersengeld. Andernfalls müsste ich mir ein weiteres Mal die Geschichte anhören, wie mein Großvater den Preis nicht bekommen hatte – und zwar einzig und allein wegen der Feigheit der Beamten, die nicht den Mumm hatten, die Auszeichnung dem verdienten Autor des Manifests der Verdammten und der Einführung in die Psychologie der Nicht-Menschen zuzusprechen.
     
    Endlich konnte ich mich ausschlafen. In meinem eigenen Bett, unter dem Rauschen des einsetzenden Regens, das durchs offene Fenster drang. Und vor allem: entlastet durch die Worte meines Großvaters. Wenn er der Ansicht war, ich hätte mir nichts zuschulden kommen lassen, als ich den Zähler mit zur Erde gebracht hatte, dann war alles in Ordnung.
    Ich wachte erst spät auf. Vorm Himmel hatte sich eine dichte Wolkendecke zusammengezogen. Es regnete, draußen, irgendwo unter der Vortreppe, winselte Tyrann leise vor sich hin. Er hatte dort eine richtige Höhle, aber anscheinend zog es den Hund gegenwärtig in die

Weitere Kostenlose Bücher