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Sternenstürme

Sternenstürme

Titel: Sternenstürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Der Vark wusste nicht, dass er weit von den Klüften und Gipfeln seiner gebirgigen Jagdgründe entfernt war. Seine Aufmerksamkeit galt vielmehr einem vierflügeligen Mardak , den er sich als Mittagsmahlzeit auserkoren hatte. Während der Jäger der
Lüfte mikrometerpräzise Einstellungen der Flügelgeometrie vornahm, um die launische Thermik optimal auszunutzen, fixierte der lange schlangenartige Hals den Kopf auf der Suche nach der Beute. Und dann faltete der Vark abrupt die Hautschwingen und verschwand im Sturzflug aus dem Blickfeld des Beobachters.
    Beim Anblick dieses Manövers überkam den Bewohner des Turms für einen Moment eine sentimentale Anwandlung. Die einzigen Probleme des Vark bestanden darin, jeden Tag etwas in den Bauch zu bekommen und in der Paarungszeit der Rivalen sich zu erwehren, die ihm seinen Harem abspenstig machen wollten. Für jemanden, auf dessen Schultern die Verantwortung für einen ganzen Sternsektor lastete, besaß ein so ursprüngliches Leben eine geradezu atavistische Anziehungskraft.
    Ssor-Fel war kein Geschöpf mit großer Statur. Auf die meisten intelligenten Spezies hätte seine kleine Gestalt keinen Eindruck gemacht – wären er und seine Artgenossen nicht die unangefochtenen Herrscher des bekannten Universums gewesen. Er war ein Zweibeiner, wie die meisten intelligenten Wesen. Bei den seltenen Gelegenheiten, wo er aufrecht stand, maß er kaum anderthalb Meter. Seine Vorfahren hatten auf Bäumen gelebt – falls die aus Stiel-Bündeln bestehenden rankenartigen Gewächse der Heimatwelt überhaupt als Bäume bezeichnet werden konnten. Seine Arme waren lang und für eine Umklammerung ausgelegt; er schwang sich damit von Ranke zu Ast und hielt in der Paarungszeit den Körper in der Schwebe, während er das uralte Ballett der Geschlechter vollführte. Auf festem Untergrund bewegte er sich in einem alternierenden Gang, wobei er das Körpergewicht erst auf der geballten sechsfingrigen Faust abstützte und dann den Unterkörper nachzog, bis er auf den Klumpfüßen am Ende der kurzen Beine zu stehen kam.

    Sein Fell war braun und hatte ein komplexes Muster aus schmalen schwarzen Streifen, die im Genick zusammenliefen. Um die gelben Augen verliefen die weißen Striche, die eine Entsprechung irdischer Jahresringe waren. Die weißen Striche verdichteten sich dann zu einer gleichfarbigen Fläche um die beiden paddelförmigen Ohren, die im rechten Winkel aus dem Kopf wuchsen. Von den vier Atemlöchern an jeder Seite der Schnauze gingen ebenfalls weiße Linien aus. Unter diesen Nüstern zeigte der offene Mund die Zähne eines Allesfressers und eine lange Zunge mit einem gesunden rosigen Schimmer.
    Nachdem er schon zu viel Zeit damit verloren hatte, die Leistungsschau der örtlichen Fauna zu betrachten, rief Ssor-Fel sich stumm zur Ordnung und widmete sich wieder den anstehenden Aufgaben. Wie immer gab es zu viel zu tun und zu wenige Angehörige seiner Spezies, die in der Lage gewesen wären, diese Arbeit zu verrichten. Wenn er schlecht gelaunt war, beschwerte er sich oft über diesen unhaltbaren Zustand. Es war, als ob dieselbe kosmische Instanz, die seiner Rasse die Herrschaft über eine riesige Anzahl von Sternen eingeräumt hatte, ihr gleichzeitig ein Handikap auferlegt hätte, indem sie die Zahl der hierfür geeigneten Administratoren begrenzte.
    Seine Spezies war weniger fruchtbar als die meisten intelligenten Rassen. Das war die Folge langer Dürren, die die Heimatwelt einst heimgesucht und sein Volk gezwungen hatten, ausgeklügelte Bewässerungssysteme zu entwickeln. Obwohl diese historischen Dürren längst kein Problem mehr darstellten, waren sie noch immer in seinen Genen manifest. Weil die Vorräte an purpurnen Früchten, die einst das Hauptnahrungsmittel darstellten, begrenzt waren, hatte man den Nachwuchs für jedes Paarungs-Paar pro Zwölfer-Zyklus auf ein oder zwei Junge beschränkt.

    Mit der Erfindung der Landwirtschaft und der Entdeckung, dass auch Insektivoide ganz gut schmeckten, war diese Notwendigkeit genauso obsolet geworden wie die Riesenkrebse, die einst die goldenen Ebenen durchstreift hatten. Dennoch blieb die Geburtenrate anhaltend niedrig, weil die Erinnerung an die Dürre in die Lebens-Matrix der Rasse eingeprägt worden war.
    Trotz ihrer geringen Anzahl hatte seine Spezies sich langsam zu einer dynamischen Zivilisation gemausert und erst eine Welt in Besitz genommen, dann ein Sternsystem und schließlich die angrenzenden Sternsysteme. Denn die größte Erfindung

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