Sternenstürme
sich entschließen, freiwillig der broanischen Souveränität beizutreten, die mein Volk einfach als ›Zivilisation‹ bezeichnet.
Wir sind nicht die Ungeheuer, als die wir in Ihren Medien porträtiert wurden. Wir fressen keine Kinder beziehungsweise den Nachwuchs unserer Diener. Wir ernähren uns hauptsächlich von Obst und Gemüse und nur gelegentlich von Fleisch. Als Fleischlieferanten dienen uns nicht empfindungsfähige Geschöpfe, die wir eigens zu diesem Zweck züchten – genau wie Sie.
Wenn wir Sie nun in die Souveränität bringen, werden wir nicht darauf bestehen, dass Sie Ihre Essgewohnheiten den unsrigen anpassen, denn jede Spezies muss ihrer Natur folgen. Es gibt Wesen, die ihr Essen jagen und es lebendig verschlingen. Das ist eben ihre Natur. Wir verschwenden keine Zeit damit, Dinge zu ändern, die einer Spezies innewohnen. Das wäre ebenso kostspielig wie sinnlos. Ich möchte es mit einer irdischen Phrase umschreiben,
die das ziemlich gut trifft: ›aus einer Mücke keinen Elefanten machen‹.
Ich höre den unausgesprochenen Einwand schon, bevor er sich noch in Ihren Mündern formt. ›Aber ihr Broa herrscht doch über eine Million Sterne!‹ Das ist ein Trugschluss. Wir sind nicht menschlich und passen deshalb auch in kein menschliches Raster.
Wir ›herrschen‹ nicht über unsere Diener, so wie Sie diesen Begriff definieren. Die Zivilisation ist zu groß und vielgestaltig, als dass wir uns den Luxus leisten könnten, ein Ebenbild alter menschlicher Könige oder Kaiser zu sein. Wir herrschen nicht über andere Arten – aus dem einfachen Grund, weil wir sie nicht zu beherrschen vermögen. Wir sind zu wenige, um jeden Aspekt des Lebens in der Zivilisation zu kontrollieren.
Die Methode, mit der wir unser Gebiet kontrollieren, lässt sich nur schwer in Standard übertragen. Ich will es einmal so ausdrücken, dass wir unsere Diener ›anleiten‹, obwohl dieses Wort den eigentlichen Sachverhalt auch nur sehr unzureichend zu beschreiben vermag. Zu Nutz und Fromm aller etablieren wir Regeln auf der Grundlage des gesunden Verstands und verschaffen ihnen Geltung, wenn sie verletzt werden. Eine unserer Regeln ist, dass keine unterworfene Spezies Krieg gegen irgendeine andere führen darf. Wir setzen diese Bestimmung durch, indem wir den Verkehr durch die Sternentore kontrollieren.
Stellen Sie sich einmal Folgendes vor. Sagen wir, Sie seien der Führer einer kriegerischen Spezies und wollen einen Nachbarn unterwerfen. Zu diesem Zweck bauen Sie eine riesige Armada aus Kriegsschiffen und sind schließlich bereit, die Invasion zu starten. Doch wenn Sie das Sternentor dann erreichen, wird es Ihre Schiffe nicht durchlassen. Alle Ihre Anstrengungen waren für die Katz’. Sie haben sich durch die Vorbereitung auf einen Krieg, den
Sie dann überhaupt nicht zu führen vermochten, nur selbst ruiniert.
Ist das wirklich so schlecht? Würden Sie von Sol Drei sich nicht einen ähnlichen Schutz für Ihre Welt wünschen? Es gibt schließlich noch viele Rassen unter den Sternen, denen keiner von uns je begegnet ist. Und eine dieser Rassen wird vielleicht von einem solchen Kriegsherrn beherrscht. Wären Sie allein sicherer oder als Mitglied einer aus einer Million Sonnen bestehenden Zivilisation ?«
Sar-Say fuhr in diesem Tenor und in aller Ausführlichkeit fort und betonte die Vorteile, die ein Beitritt zur Broanischen Souveränität hätte. Nachdem er sich das ein paar Minuten angehört hatte, musste Mark zugeben, dass Sar-Say verdammt überzeugend klang. Er stellte die Souveränität eher als einen Zusammenschluss von Gleichen dar als eine Oligarchie, die von und im Namen der Broa geführt wurde. Mark kannte wohl die Wahrheit, aber er fragte sich, inwieweit die breite Öffentlichkeit über diese Kenntnis verfügte. Würden sie angesichts Sar-Says Sirenengesang dennoch die Wahrheit sehen oder würden sie seinen scheinbar plausiblen Lügen auf den Leim gehen? Wenn er sich an die politischen Auseinandersetzungen der letzten Zeit erinnerte, befürchtete er eher Letzteres.
Eins stand jedenfalls fest: Der Pseudoaffe hatte seine Hausaufgaben in menschlicher Psychologie gemacht.
Schließlich fiel Sar-Say nichts mehr ein, womit er noch hätte hausieren gehen können, deshalb verlegte er sich hilfsweise auf Drohgebärden: Zuckerbrot und Peitsche.
»Sie werden in naher Zukunft eine Entscheidung treffen müssen«, sagte Sar-Say in einem sonoren und irgendwie bedrohlichen Ton. »Wobei Sie aber nicht die Wahl haben, die Sie
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