Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenteufel

Sternenteufel

Titel: Sternenteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Norton
Vom Netzwerk:
in der Höhle betraf, da konnte sie sich ganz einfach nicht getäuscht haben. War es tatsächlich eine geistige Illusion gewesen, ähnlich den sichtbaren, bedeutete es, daß sie völlig hilflos war. Sie fröstelte, doch nicht allein der kalte Stein, an dem sie lehnte, und der schneidende Wind waren daran schuld. Der Geist mußte Illusionen erkennen und lenken können. Doch wenn es tatsächlich möglich war, einen vorgetäuschten Hilferuf in den Geist zu schicken, dagegen hatten nicht einmal die stärksten Yurth einen Schutz. Und sie bildete sich nicht ein, über die vollausgebildeten Kräfte eines Älteren zu verfügen.
    Sie hob den kaum sichtbaren Spiegel an die Lippen und hauchte darauf. Dann hielt sie ihn in Augenhöhe und konzentrierte sich.
    Yurth! Wenn es hier einen Yurth gab, müßte der Ruf Antwort finden.
    Elossa sah die Scheibe nur vage zwischen ihren Fingern. Nie hatte sie versucht, sie ohne Licht zu benutzen. Aber, tatsächlich, sie erwärmte sich, belebte sich.
    Yurth! Mit all ihrer Kraft strahlte sie diesen Ruf aus.
    Keine Antwort kam, obwohl sie sich noch einmal anstrengte und sich ganz darauf konzentrierte. Wenn es je Yurth hier gegeben hatte, so waren sie jetzt fort. Sollte sie es mit Raski versuchen? Während Elossa noch überlegte, sah sie das Bild des Mundes vor ihrem inneren Auge. Nein, es war besser, nicht mit Kräften zu spielen, die sie nicht verstand. Diese Schattenzunge, die sich um Stans gewunden und ihn fast in den Mund gezogen hatte, war etwas, das sie nicht verstehen konnte. Bedauernd schloß sie die Hände um den Spiegel und steckte ihn wieder ein.
    Der Himmel erhellte sich allmählich, und nach ihm zu schließen, öffnete sich diese Höhle tatsächlich nach Norden. Wie lange würde es noch dauern, bis der Winter sich mit den ersten Stürmen meldete? Obgleich die Yurth ihre Blockhütten, Steinhöhlen und Vorratslager hatten, war diese Jahreszeit nie einfach für sie. Sie und Stans hatten nicht die geringsten Vorräte und auch keine Unterkunft. Beides mußten sie sich schnellstens beschaffen.
    Endlich dämmerte der Morgen, und Elossa konnte das Land sehen, das unter ihnen lag. Der Höhlengang, in dem sie einen Teil der Nacht verbracht hatten, öffnete sich auf einem Hang in beträchtlicher Höhe über dem Talboden. Im Gegensatz zu der weiten, von Bergen umgebenen Ebene, in der die zerstörte Stadt gestanden hatte, war dies ein schmales Tal. Es verlief in Ost-West-Richtung, und sie war sicher, daß das, was sie in seiner Mitte glitzern sah, ein Fluß war. An den unteren Hängen wuchsen verkrüppelte Bäume und Büsche. Irgendwie wirkte alles ein bißchen unheimlich, fand Elossa.
    Aber der Fluß war wichtig. Nur wo es Wasser gab, war Leben zu finden. Natürlich mußten sie damit rechnen, daß auch Sargons die Tränke benutzten, doch sie würde sie schon ablenken können. Und Wild? Stans hatte seine Jagdwaffen, sie nur ihren Stab. Nie hatte sie ein Leben genommen und wußte nicht, ob sie es fertigbrächte, ein Tier zu töten, selbst wenn der Hunger noch so sehr an ihren Eingeweiden nagen würde.
    »Unfreundlich!« bemerkte Stans, der aus der Höhle trat und neben ihr stehenblieb. »Das ist kein Land, das Fremde großzügig willkommen heißt. Aber es gibt Wasser. Vielleicht ist es wenigstens ein freigebiges Jagdgebiet.«
    Sie verließen den Höhleneingang und stiegen den Hang hinunter. Ohne ein Wort darüber zu verlieren, benutzten sie jede nur mögliche Deckung. Elossa öffnete ihren Geist ein wenig und versuchte, die Lebensformen aufzuspüren.
    »Zweihörner …« Sie flüsterte es, daß der Mann, nur eine Armlänge entfernt, es gerade noch hören konnte.
    Er warf ihr einen erstaunten Blick zu.
    »Westlich.« Sie deutete mit dem Kinn. »Es sind vier, sie grasen.«
    Er nickte und wandte sich in diese Richtung. Die Armbrust hielt er in der Linken. Elossa würgte an der aufsteigenden Übelkeit. Zumindest hatte sie kein hilfloses Tier herbeigelockt, Verrat an einem lebenden Wesen war es trotzdem. Inwieweit war es richtig, daß man töten durfte, um selbst am Leben zu bleiben? Sie durfte sich gegen einen Angreifer wehren – aber ein Zweihorn war kein Angreifer. Sie … Nein, in diesem Fall mußte sie die Gebote ihres Volkes, mußte sie ihre eigenen Hemmungen überwinden. Es gehörte ein Stärkerer als sie dazu, lieber zu verhungern, als zu töten.
    Und da sie schuld an diesem Töten war, wollte sie sich zwingen, dabei zuzusehen. Also folgte sie Stans.
    Die Büsche am unteren Teil des Hanges

Weitere Kostenlose Bücher