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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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ausdruckslosen Maske. Die abrupte Veränderung ließ mich innehalten, aber Liam lief unbeirrt weiter. Er trat an den Tisch und hob einen Wandschmuck aus Ton mit einem Spiegel in der Mitte und kleinen blauen und grünen Steinen am Rand auf. Seine Stimme klang neutral, als er den Mann begrüßte. »Hallo, Klauss, wie geht es dir? Hattest du eine gute Saison?«
    Ich stellte mich neben Liam. Er reichte mir den Spiegel, und ich bewunderte die glatt polierten Steine.
    »Für uns war es ein hartes Jahr«, antwortete Klauss kurz angebunden.
    Er behielt den Spiegel im Auge, als hätte er ihn mir am liebsten aus der Hand genommen. Normalerweise waren die Vagabunden immer bereit, ein Verhandlungsgespräch zu führen. Als Test nahm ich meinen Rucksack ab und öffnete ihn.
    Klauss kniff die Augen zusammen. »Dieses Jahr sind die Marktpreise hoch.«
    Ich blickte auf den Wagen, um einen Hinweis auf sein Fachgebiet zu erhalten. Die Seite war von einem Gemälde geschmückt: blaues Wasser, das durch graue Felsen strömte, und am Rand des Daches waren echte Steine befestigt worden. Ein Geologe. Ich holte tief Luft und bemühte mich, meine aufsteigende Wut nicht zu zeigen. Seit Jahren hatte uns kein Erwachsener mehr so unverhohlen abweisend behandelt. Manche ignorierten uns, andere beobachteten uns, wieder andere verstummten, wenn wir uns näherten. Aber nur Kinder waren offen feindselig zu uns. Ich glitt mit den Händen über die kleinen Steine des Spiegels. »Du hast dieses Jahr sehr schöne Steine gefunden.«
    Er blickte mir genau in die Augen und sagte: »Am Hochweg habe ich ein paar besonders hübsche Steine gefunden.«
    Liams Hand, die plötzlich warm auf meiner Schulter lag, hielt mich davon ab, quer über den Tisch zu springen. Ich drängte mich gegen ihn, roch den klaren Salzgeruch seines Schweißes, spürte die harten Bauchmuskeln. Mit zitternden Händen schloss ich meinen Rucksack. Nie zuvor hatte sich ein Vagabund am Markttag feindselig verhalten. Aber ich war hier, um nach Alicia zu suchen. Das war viel wichtiger, als zu verstehen, was mit Klauss los war.
    Ich schluckte mühsam und wandte mich um. Er folgte mir, und seine Hand auf meiner Schulter spendete mir wortlos Trost.
    Am nächsten Tisch stand Eric, der Schuhmacher. Er trug seine Tochter Sudie an der Hüfte und scherzte mit zwei Frauen mittleren Alters. Sie verkauften getrocknete Kräuter, die mit Hanffäden zu Bündeln zusammengeschnürt waren. Wir warteten ein Stück abseits, bis man uns ansprach, doch nachdem der Schuhmacher gegangen war, setzten sich die Frauen und unterhielten sich miteinander. Sie blickten nicht auf, um uns ihre Waren anzubieten.
    Ich zog Liam zurück. »Was ist hier los? Wie hat man dich gestern Abend behandelt?«
    Auf seiner Stirn bildeten sich Zornesfalten, und sein Gesicht rötete sich. »Ich weiß es nicht. Ich meine, ich weiß nicht, was hier los ist. Gestern Abend ist mir nichts Ungewöhnliches aufgefallen, aber ich war ganz auf die Drachenvögel konzentriert und habe meinen Eltern geholfen. Ich habe kaum mit jemandem aus der Ostsippe gesprochen, außer mit Walter, aber nur für einen kurzen Moment.«
    Ich blickte mich um und versuchte zu entscheiden, wohin wir als Nächstes gehen sollten. Eine junge Frau mit dunklen Zöpfen stand hinter einem Tisch, auf dem handgeschnitzte Haarspangen und Knöpfe lagen. Sie winkte uns verstohlen heran. Liam und ich schlenderten in ihre Richtung. Jetzt waren wir misstrauisch gegenüber Angehörigen der Ostsippe, die mit uns sprechen wollten .
    Sie reichte uns eine Haarspange und sprach leise. »Tut so, als würdet ihr euch dafür interessieren.« Sie beugte sich vor, um mir die Spange ins Haar zu stecken. »Alicia ist unten am Fluss«, flüsterte sie. »Beeilt euch. Sie kann nicht allzu lange wegbleiben. Ihre Bewacher suchen schon nach ihr.« Die Frau lehnte sich zurück, dann beugte sie sich wieder vor. »Alicia ist meine Freundin und hat mich gebeten, nach euch Ausschau zu halten. Geht zu ihr.« Sie löste die Spange und schüttelte den Kopf. »Vielleicht kommt ihr später noch einmal wieder. Ich werde nach einer hübschen Spange für dich suchen, nachdem ihr mit Alicia gesprochen habt.«
    Also war sie eine echte Händlerin. Und vielleicht eine Freundin. Ich wollte sie fragen, warum ihre Leute uns so großes Misstrauen entgegenbrachten, aber sie gab uns mit einem Wink zu verstehen, dass wir verschwinden sollten. »Geht, aber macht es unauffällig.«
    Ich blickte ihr für einen Moment in die Augen.

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