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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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aber die Jugendlichen in meinem Alter … ich dachte, sie wären meine Freunde. Auf einmal redeten sie nicht mehr mit mir. Zuerst dachte ich, sie würden es aus Respekt vor meiner Trauer tun. Dann erzählte Sky mir vor drei Tagen, dass Ruth behauptet, ich hätte Varay getötet. Dass ich meine überlegene Kraft dazu benutzt hätte, ihn von der Klippe zu stoßen. Und weil ich so stark und so schnell bin, hätte ich ihn retten können, wenn ich es gewollt hätte. Weil ich es nicht getan habe, bin ich für seinen Tod verantwortlich.«
    Die Vorstellung, dass unsere Stärke unser Verderben sein könnte, selbst wenn wir versuchten, den anderen zu helfen, ließ mich trotz der Wärme des Herbsttages erschauern.
    Sie sah Liam und mich flehend an. »Ich hätte ihn gerettet, wenn es mir möglich gewesen wäre.«
    Bryan antwortete ihr: »Natürlich hättest du das getan.« Nach einer unbehaglichen Schweigepause fragte er: »Aber sie hat dich nicht offiziell beschuldigt?«
    »Sie weiß, dass dann Nava und Tom die Richter wären.«
    Natürlich. Bei Angelegenheiten innerhalb ihrer Sippe wäre Ruth die oberste juristische Instanz, aber wenn sie selbst Angeklagte oder Klägerin war, musste sie sich an die Führung von Artistos wenden. Und obwohl Nava uns nicht mochte, erkannte sie doch unsere Nützlichkeit. Ohne Beweis, den Ruth nicht zu haben schien, würde Nava unsere Freundin nicht schuldig sprechen.
    »Es ist unfair, dich durch Gerüchte anzuklagen. Du wirst nie die Gelegenheit erhalten, in einem Prozess deine Unschuld zu beweisen. Das muss aufhören.« Ich hatte keine Ahnung, wie das passieren sollte, aber jetzt mussten wir uns damit auseinandersetzen. So schnell wie möglich. Solange die Vagabunden noch in der Stadt waren.
    »Was wurde in den Akten als Todesursache angegeben?«, fragte Bryan.
    Alicia schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Jedenfalls nicht Mord. Wenn sie es so eingetragen hätte, müsste sie Anklage gegen mich erheben. So ist es vorgeschrieben.«
    »Vielleicht will sie nur deine Ehre zerstören«, sagte Liam. »Ich werde mal mit Akashi darüber reden.«
    »Und ich mit Paloma«, fügte Bryan hinzu.
    »Ruth hat mich schon immer gehasst«, fuhr Alicia fort. »Für sie ist der Krieg nie zu Ende gegangen, und ich bin ihr Symbol dafür. Sie wird mich hassen, bis sie stirbt. Oder ich.« Sie blickte sich in unserem kleinen Kreis um. »Ich hasse den Krieg. Ich hasse diese Leute dafür, dass sie ihn angezettelt haben, und ich hasse meine Eltern, weil sie mich hier zurückgelassen haben, und ich …« Sie verstummte, als sie zitternd schluchzte.
    Ich ging zu ihr, legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    Plötzlich griff sie nach mir und vergrub ihr Gesicht an meiner Brust.
    Ich blickte zu Bryan und Liam auf.
    Sie kamen dazu, so dass wir drei Alicia umarmten und sie hielten. Wir waren einfach für sie da.
    Was sie gesagt hatte, trug ich jeden Tag mit mir herum, und es fühlte sich an, als hätten Alicias Tränen uns alle berührt, uns enger zusammengeschweißt.
    Nach einer Weile ließen ihre Tränen nach, und sie trat von mir zurück. Wir öffneten den Kreis, um ihr Raum zu geben. Sie blickte jeden von uns an, strich mir übers Haar, berührte Bryans breite Schulter, Liams Wange. »Ich muss gehen, bevor Bella mich findet.«
    »Kannst du dich später noch einmal mit uns treffen?«, fragte Liam. »Bevor es dunkel wird? Hier?«
    Sie nickte. »Ich werde es versuchen. Während des Festmahls müsste ich mich davonschleichen können. Aber ich werde nicht lange bleiben können.«
    Bryan schloss sie in die Arme und hielt sie eine Weile fest, bevor er sie wieder losließ. Dann kam sie noch einmal zu Liam und zu mir, um uns zu drücken. Sie roch nach Kräutern und Wasser, und sie fühlte sich traurig und klein an.
    Als wir ihr hinterhersahen, wie sie die steile Böschung hinaufkletterte und verschwand, schwor ich mir, sie niemals im Stich zu lassen.

Kapitel 7
    SUCHE NACH HILFE
     
     
     
     
     
     
     
     
    Als Alicia fort war, standen wir drei noch eine Weile stumm am Flussufer.
    Mord?
    Sie konnte es einfach nicht getan haben, aber die Ostsippe schien dennoch fest davon überzeugt zu sein. Zumindest einige. Mir schwirrte der Kopf. Wir hatten uns so sehr bemüht, das Vertrauen der Bewohner von Artistos zu gewinnen. Würden wir es jetzt, wegen dieser Sache, wieder verlieren? Würde sich Nava für uns, für Alicia einsetzen? Oder Tom? Garmin und viele andere in unserem Alter ärgerten uns, bewarfen uns sogar mit irgendwelchen

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