Sternenzauber
die niedrige holzvertäfelte Decke und alle anderen Oberflächen einschließlich des Fußbodens waren zahllose winzige Leuchtsterne eingelassen und vermittelten den Eindruck, man befände sich mitten in einem riesigen juwelenbesetzten Fabergé-Ei.
Und das Publikum! Begeistert blickte Clemmie sich um. Alle waren prächtig herausgeputzt. Nicht ein Skinhead in Sicht!
»Ich hol uns was zu trinken«, sagte YaYa und löste sich aus einer Runde ähnlich gekleideter Freunde, »und du schnappst dir einen Tisch mit gutem Blick auf die Bühne, dann mach ich dich später noch mit ein paar anderen Leuten bekannt. Was hättest du gern?«
»Weißwein wär nett, danke.« Clemmie bahnte sich einen
Weg durch die eng umschlungenen Paare auf der Tanzfläche und ging die Stufen zum Sitzbereich hinauf. Nachdem sie einen freien Tisch mit Sicht zur Bühne gefunden hatte, lehnte sie sich entspannt zurück.
Wie herrlich wäre es, wenn Guy und sie zusammen so ein Lokal besuchen und gemeinsam einen Abend an einem so unverschämt schicken Ort verbringen würden. Sie schmunzelte. Nein, ob schick oder nicht – wie wunderbar wäre es, wenn Guy und sie zusammen ausgehen würden, Punkt. Egal wohin. Wenn er nur nicht schwul und mit YaYa zusammen wäre. Ach ja, man konnte eben nicht alles haben. Immerhin waren Guy und sie – und YaYa – nun Freunde.
Der Club war von einer überwältigenden Farbenpracht: Die Frauen trugen elegante glänzende Kleider und funkelnden Schmuck, sodass die Lichtstrahlen tanzten und an all den schönen Körpern reflektierten. Die Männer waren leider nicht ganz so farbenfroh, aber ebenfalls recht ansehnlich. Auch wenn keiner von ihnen Guy das Wasser reichen konnte. Wie toll er hier aussehen würde: in seinen eng anliegenden schwarzen Kleidern, mit seinem langen Haar und den dunkel umrandeten Augen, eine große, schlanke, dunkle und gefährliche Erscheinung, auf androgyne Weise sexy. Er würde sie auf der winzigen Tanzfläche in seinen Armen halten, ihre Körper dicht aneinandergepresst …
»Hier bitte, Schätzchen«, sagte YaYa und unterbrach diesen wildesten aller Tagträume. »Weiße Hausmarke.«
»Das ist ja Champagner!«, rief Clemmie. »Ich liebe Champagner! Aber …«
»Hier gilt das als Weißwein des Hauses.« YaYa machte es sich auf ihrem Stuhl bequem und nippte an etwas Blauem mit vielen Kirschen in einem Cocktailglas. »Mein Drink ist alkoholfrei – ich trinke nie, wenn ich fahre, keine Bange. Hier gibt es eine
herrliche Auswahl an Fruchtcocktails, die genauso gut schmecken wie echte. Also, Herzchen, wie findest du dieses Lokal?«
»Fantastisch. Umwerfend. Vielen Dank, dass du mich mitgenommen hast. Ich kann kaum glauben, dass ich noch nie davon gehört hatte.«
»Wie ich schon sagte, es ist recht exklusiv. Aber ein toller Ort für die Travestieszene. Ganz gleich ob schwul oder hetero, das Publikum hier liebt eine tolle Show.«
Clemmie besah sich die Menschenmenge im Raum. Sie hätte unmöglich sagen können, wer schwul war und wer nicht. Nicht dass das eine Rolle gespielt hätte. Die Atmosphäre war herrlich, ganz anders als in den Clubs, in denen sie sonst so gewesen war.
YaYa lächelte glücklich. »Das ist eine meiner liebsten Bühnen. Honey Bunch und Foxy und ich hatten hier vor einigen Wochen einen Riesenerfolg – und heute Abend – na, du wirst ja sehen.«
»Trittst du etwa heute Abend hier auf?«
»Nein, Süße, ich nicht. Ich weiß, ich hab dir versprochen, dass du meine Nummer mal zu sehen bekommst – ein andermal. Aber Freunde von mir treten heute Abend auf. Ach, wenn man den Teufel nennt …« YaYa stand auf und winkte. »Honey, Foxy! Huhu! Hierher!«
Clemmie blieb der Mund offen stehen. Zwei der verführerischsten Frauen, die sie auf der Tanzfläche beobachtet hatte, eine in Limonengrün, die andere in Zitronengelb, beide gertenschlank mit vollendet gestylter Frisur und Make-up, sahen auf, gaben leise Begeisterungsjuchzer von sich und kamen auf sie zugetänzelt.
»Das sollen Kerle sein?« Clemmie schüttelte den Kopf. »Nie im Leben!«
»Hast du es wirklich nicht erkannt?« YaYa sah sie überrascht
an. »Ist ja merkwürdig – ich sehe es immer. Und Guy ebenfalls. Muss einem wohl im Blut liegen.«
Das nahm Clemmie auch an. Ebenso wie einem wohl die Qualifikation für noble Clubs im Blut liegen musste, in denen sie selbst sicher nie als Mitglied aufgenommen würde.
»Bei dir habe ich es ja auch nicht gemerkt.«
»Nein, hast du nicht – aber ich verspreche dir hoch und heilig,
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