Sternenzauber
ihre Tante und ihren Onkel. »Ich hab meinen Schlüssel. Bis bald, Phoebe!«
»Äh – bye-bye.« Phoebe stand mit Bill und Molly im Eingang und machte ein verdutztes Gesicht. »Aber warum die Eile – willst du uns nicht mit ihm bekannt machen?«
Clemmie sauste aus dem Postladen und warf sich in den Geländewagen. »Fahr los!«, zischte sie YaYa zu, die ein knapp sitzendes Goldkleid trug. »Nein – nicht winken! Ich hab denen gerade erzählt, du wärst ein Typ namens Steve. Nichts wie weg hier!«
Das Rinky-Dink lag, wie Clemmie vermutet hatte, selbst für die Verhältnisse in Berkshire recht abseits.
»Das macht es noch exklusiver«, sagte YaYa, als sie den Geländewagen parkte. »Gibt dem Ganzen den Touch eines Country-Clubs, verstehst du? Nostalgisch, aber sehr elegant. Denk dir eine Mischung aus Revue-Bar und ländlich angehauchtem Skindles.«
»Was für Sachen?« Clemmie beäugte das lange niedrige Gebäude mit Holztreppe, Veranda und zahlreichen Lichterketten. »Da komm ich nicht mit. Das sieht doch eher aus wie ein großes Farmhaus aus einem alten Westernfilm. Und was ist Skindles?«
»War auch vor meiner Zeit, Süße, aber in den Sechzigern war Skindles offenbar der angesagteste Nightclub in Berkshire – wahnsinnig edel und der Treffpunkt für Rang und Namen aus allen Gesellschaftsschichten. Dort gab es einen Innen-Swimmingpool, als das noch eine ganz außergewöhnliche Seltenheit war. Und man gehörte erst dann wirklich dazu, nachdem man voll bekleidet hineingeschubst worden war. Alles, was auf
sich hielt, strömte damals aus London herbei, nur um sich dort sehen zu lassen. Natürlich waren das Prominente, als dieser Begriff noch wirklich etwas bedeutete.«
»Klingt wunderbar«, meinte Clemmie und betrachtete die teuren Autos, die mit dem Geländewagen in einer Reihe parkten. »Dann bekomme ich also heute Abend echte Promis zu sehen? Als du mir das erste Mal von diesem Lokal erzählt hast, dachte ich ja eigentlich, es wäre ein Schwulenclub.«
»Lass mich eben noch schnell eine rauchen, bevor wir reingehen – in einer Nacht wie dieser ist es mir zu kalt, um draußen herumzustehen.« YaYa zündete sich eine ihrer langen Zigaretten an. »Dieses verdammte Rauchverbot wird mich noch ins Grab bringen: Lungenentzündung statt Lungenemphysem. Was hast du gesagt? Ach ja, ob es ein Schwulenclub ist? Nicht nur, nein eigentlich gar nicht. Das Rinky-Dink ist bei Schwulen und Heteros beliebt, bei Möchtegern-Promis, Einheimischen, bei allen, die in sind – und jedermann, der sich einen schönen Abend machen möchte, ohne von einem kahl geschorenen Rüpel im tiffigen Hemd vermöbelt oder vollgekotzt zu werden.«
»Klingt ja ganz nach meinem Geschmack.«
»Ich bin sicher, es wird dir gefallen. Halt mal kurz meine Kippe.« Nachdem YaYa mit Blick in den Rückspiegel ihr aschblond gesträhntes Haar zurechtgezupft und eine weitere Schicht Lipgloss aufgetragen hatte, forderte sie die Zigarette zurück. »Okay, so kann ich mich blicken lassen, und du auch, Süße. Du siehst toll aus heute Abend. Jetzt schauen wir nur noch eben, ob es Suggs da hinten auch gut geht.«
»Suggs? Du hast Suggs mitgenommen?«
»Nicht für den Tanzabend, Schätzchen. Aber ja, ich hab sein kleines Sofa auf den Rücksitz geklemmt – ihm was zu fressen und zu trinken und seine Kiste mit Streu eingepackt. Du glaubst
doch wohl nicht, ich würde ihn mit der höllischen Helen und ihrer Brut allein lassen?«
»Liebe Güte, nein.« Clemmie schüttelte den Kopf, während YaYa sich um den verschlafenen Suggs kümmerte. »Sie hasst ihn – ach, ich wünschte, sie ginge endlich nach Hause.«
»Da haben wir was gemeinsam.« YaYa zog eine Grimasse. »Schön, aber jetzt wollen wir nicht mehr an die schreckliche Zimtzicke denken – komm, jetzt gesellen wir uns zu den Mädels.«
Und mit untergehakten Armen eilten sie durch die beißende Novemberkälte.
Drinnen begrüßte YaYa herzlich alle möglichen Gäste und stellte Clemmie vor, die Hallo sagte und lächelte, bis ihr der Mund wehtat, und vor Staunen die Augen weit aufriss.
Das Rinky-Dink entsprach Clemmies wildesten Träumen.
An der einen Wand befand sich eine breite Bühne, an der gegenüberliegenden Seite als Gegenstück dazu eine Bar mit breitem Tresen. Ein Discjockey hockte diskret in einer Ecke der Bühne und spielte rauchigen Jazz. Kleine Tische und Stühle standen auf einer erhöhten Plattform rings um die Tanzfläche und der Raum war reichhaltig, aber gedämpft ausgeleuchtet: In
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