Sternhagelgluecklich
Yager am Telefon, die sich mit dem Thema schon lange intensiv beschäftigt. »Deshalb ist die Art, wie wir mit Geld umgehen, auch nur schwer zu verändern.« Das bedeutet nicht automatisch, dass wir exakt die gleichen finanziellen Angewohnheiten haben wie unsere Eltern. Manchmal sorgt auch der Wunsch nach Abgrenzung dafür, dass wir uns genau konträr verhalten. So wie man gegen Hippieeltern am besten mit BWL -Studium und Barbour-Jacke rebelliert, kann man verschwenderische Kreuzfahrteltern natürlich am besten mit lässig gelebter Askese in einer Achter-WG ohne Fernseher vor den Kopf stoßen.
Wir können uns also nicht unbedingt aussuchen, wie großzügig wir mit Geld sind. Trotzdem sollten wir nicht unbedingt anstreben, wie Dagobert Duck zu leben, der paranoid in seinem Geldspeicher sitzt und Taler zählt. Denn Freigiebigkeit macht tendenziell eher glücklich als Geiz. So kam zum Beispiel eine Studie der University of British Columbia zu dem Ergebnis, dass Menschen, die Geld für andere Menschen oder eine wohltätige Organisation ausgegeben hatten, ein überdurchschnittlich gestiegenes Glücksgefühl verzeichneten – unabhängig von ihrem Einkommen. In einer anderen Studie bekamen die Probanden zwanzig Dollar geschenkt. Die Hälfte der Probanden erhielt den Auftrag, bis zum Abend etwas für sich selbst zu kaufen. Die andere Hälfte sollte das Geld für andere ausgeben. Das Ergebnis: Diejenigen, die ihre Freunde zum Essen einluden oder ihnen etwas schenkten, waren am Abend – nach eigenen Auskünften, aber das sind, wie schon festgestellt, meist die verlässlichsten – glücklicher als jene, die sich selbst etwas gekauft hatten; vielleicht weil die gezwungenen Spender gemerkt hatten, dass es gar nicht darum geht, wer die Rechnung bezahlt. Oder ob man viel Geld ausgibt oder wenig. Sondern dass man einfach nur so viel Zeit wie irgend möglich mit den Menschen verbringen sollte, die einem am Herzen liegen.
Großzügigkeit funktioniert also sogar noch, wenn sie gewissermaßen erzwungen wird. Das haben die beiden Hirnforscher Jorge Moll und Jordan Grafman 2006 in einer Untersuchung nachgewiesen, in der sie Studenten in einen Kernspintomografen legten und deren Hirnaktivitäten überwachten. Als den Probanden mitgeteilt wurde, sie würden hundert Dollar erhalten, zeigten sich erwartungsgemäß Aktivitäten im sogenannten mesolimbischen System. Dieses auch Belohnungszentrum genannte Areal ist für positive Empfindungen verantwortlich – von »Hmm, Schokolade!« bis »Yeah, beim Maumau gewonnen!«
Überraschender war jedoch der zweite Teil des Experiments: Als den Studenten mitgeteilt wurde, dass sie den Geldbetrag nicht behalten dürften, sondern ihn für einen wohltätigen Zweck spenden müssten, konnten die Wissenschaftler erneut eine Aktivität im Belohnungssystem erkennen. Zusätzlich dazu leuchtete auf den Monitoren auch das Areal des präfrontalen Kortex auf, in dem Regungen wie Aufmerksamkeit und Zuneigung beheimatet sind. Kurz gesagt: Spenden macht glücklich, selbst wenn es nicht unserem tiefsten inneren Wunsch entspricht, sondern gewissermaßen verordnet wird. Sei es durch eine Studie wie die beschriebene oder durch einen Selbstversuch wie den meinen.
Der schrumpfende Fernseher
Am folgenden Tag nehme ich mir extra einen ausreichend großen Kleingeldvorrat aus der alten Kaffeedose mit, in die ich normalerweise meine Münzen schmeiße, wenn ich nach Hause komme. Diese Gewohnheit verhindert ein kugelförmig ausgebeultes Portemonnaie, und außerdem, so rede ich mir ein, ist es eine gute Art, auf etwas zu sparen. Auf was ich mit der Kleingelddose spare, weiß ich allerdings selbst nicht so genau.
Wie die meisten Menschen meiner Generation bin ich nicht gut darin, mir Wünsche zu verwehren. Statt Sparbüchern haben wir Kreditkarten, statt Sparstrümpfe zu füllen, stottern wir Ratenzahlungen ab – Hauptsache, wir bekommen sofort, was wir wollen. Dabei machen uns materielle Anschaffungen stets viel weniger und vor allem viel kürzer glücklich, als wir es vorher vermuten. Wir gewöhnen uns so schnell an die neuen Schuhe, den neuen Flachbildfernseher, das neue Auto, dass wir eigentlich gut beraten wären, die Vorfreude darauf so lange wie möglich auszukosten. Anders gesagt: Der Moment, in dem wir den ersehnten Gegenstand kaufen, ist in der Regel der Gipfel des Glücksgefühls – zumindest auf diesen Gegenstand bezogen. Danach geht es rapide bergab oder, wie es ein Freund beschrieb, der sich einen neuen
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