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Sternhagelgluecklich

Sternhagelgluecklich

Titel: Sternhagelgluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Koch
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dass Lottogewinner nach ein paar Jahren wieder genauso glücklich oder unglücklich seien wie zuvor – ganz unabhängig davon, wie sich ihre Finanzen entwickelt haben –, kann er aus eigener Erfahrung nur wenig berichten: »Der Kontakt bricht nach zwei oder drei Beratungsgesprächen, wenn die Abwicklung vorbei ist, in der Regel wieder ab«, sagt er. »Und das ist ja auch gut und richtig so.«
    Manchmal bieten Gewinner im Überschwang des ersten Glücksrausches an, ihm etwas von ihrem Gewinn abzugeben, ihr Glück mit ihm zu teilen. Willers lehnt so etwas rigoros ab. Er empfiehlt stattdessen lieber eine Bedenkzeit. Hält der Wunsch, das Glück zu teilen, längere Zeit an, empfiehlt er eine gemeinnützige Spende. Im Jahr 2004 stiftete ein Glücklicher seinen gesamten Gewinn von über neun Millionen Euro für einen guten Zweck. Gewinnbetreuer Willers erinnert sich an lange Gespräche über die Veränderungen, die eine solche Summe für einen Einzelnen mit sich bringt. Der Gewinner wollte eine solche Veränderung aber gar nicht. Er war mit seinem derzeitigen Job, mit seinem Leben derart zufrieden, dass er nichts von dem Gewinn für sich behalten wollte. Hätte er sich natürlich auch vor dem Ausfüllen der Lottoscheine überlegen können, denkt man sich. Aber wer rechnet schon wirklich damit, den Jackpot zu knacken? Wohl jeder träumt ab und zu von den Lottomillionen – darüber, was so ein Gewinn wirklich bedeutet, machen wir uns so gut wie nie Gedanken.
    Wenn man mit Willers über seinen Beruf und über das Glück spricht, das er in die Häuser und Wohnungen der Hoffenden trägt, die Woche für Woche ihre Kreuzchen machen, hat man das Gefühl, dass ein wenig von diesem Glück auf ihn selbst abgefärbt hat. Er macht einen sehr zufriedenen Eindruck. »Ich habe ja auch eine wirklich tolle Aufgabe, die mir großen Spaß macht«, sagt er. »Ich stehe nie vor verschlossenen Türen wie vielleicht jemand, der Kühlschränke oder Zeitschriften verkaufen muss. Stattdessen sitze ich mit den Leuten auf ihrem Sofa, bekomme auch mal einen Kaffee angeboten und schaue in erwartungsvolle und leuchtende Augen.«
    Haste mal ’ne Stunde?
    Darauf zu spekulieren, dass mir irgendwann ein Lottogewinn zum lang ersehnten Glück verhilft, wenn ich nur genug Tippscheine abgebe, scheint mir eine Spur zu optimistisch. Schließlich habe ich einmal gelesen, wie klein die Chance auf den großen Millionenjackpot wirklich ist. Um diese Winzigkeit der Wahrscheinlichkeit zu begreifen, muss man sich eine Autofahrt von München nach Berlin vorstellen, bei der man mit verbundenen Augen auf dem Beifahrersitz Platz nimmt. Irgendwo auf der Strecke hat jemand einen Holzpfosten aufgestellt, und im Lauf der Fahrt darf man einen Stein aus dem offenen Fenster werfen. Die Wahrscheinlichkeit, mit dem blind geworfenen Stein den zufällig platzierten Pfosten zu treffen, ist vergleichbar mit einem Sechser mit Zusatzzahl, den man für den Millionenjackpot benötigt.
    Ich brauche ganz eindeutig höhere Glückschancen. Meine neue Politik des »Gib jedem frohen Mutes einen Euro, der dich bittet« funktioniert zwar gut und macht mich tatsächlich glücklich – da muss aber noch mehr drin sein, denke ich mir. Das Prinzip des uneigennützigen Gebens klappt, so viel steht fest. Und die einzelnen Eurostücke, die ich in Hüte werfe, in Hände drücke oder in rasselnde Spardosen schmeiße, summieren sich zwar langsam – dennoch ist das Opfer, das ich bringe, unterm Strich relativ gering. Ich hänge zu wenig am Geld, und irgendwie ist immer gerade genug davon da. Es tut mir also nicht wirklich weh. Aber was wäre, wenn ich etwas verschenken würde, das mir viel wichtiger ist als Geld? Was, wenn ich meine Zeit hergäbe?
    Meine ersten Versuche, mich als ehrenamtlicher Helfer zu betätigen, schlagen allesamt fehl. Eine Suppenküche für Obdachlose, in der ich gerne helfen würde, arbeitet zum Beispiel nur mit festen und ausgebildeten Helfern zusammen. Andere Einrichtungen melden sich auf meine Anfrage gar nicht erst zurück. Wiederum andere sind voll besetzt, weil vorletzte Woche irgendetwas über sie in der Zeitung stand und seither die Telefone Sturm klingeln. Eigentlich ein gutes Zeichen, wenn man von den dreiundzwanzig Millionen Menschen, die sich in Deutschland angeblich ehrenamtlich betätigen, auch im realen Leben etwas merkt. Aber es wäre schön, wenn diese dreiundzwanzig Millionen mal aufhören könnten, mir meinen Weg zum Glück zu verbauen, und mir auch noch einen Job

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