Sternhagelgluecklich
übrig lassen würden!
Die Lösung ist schließlich die sogenannte Freiwilligenberatung, die es in Berlin für jeden Bezirk gibt. Eine Frau mit kurzen roten Haaren sitzt im ersten Stock eines Gebäudes, das vom Seniorencafé bis zur Asylberatung selbst schon voller gemeinnütziger Einrichtungen steckt. In ihrem Computer hat sie noch Hunderte anderer Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu betätigen. Ich bin begeistert davon, wie hier zwischen Institutionen, die Helfer suchen, und Freiwilligen, die ihre Hilfe anbieten, vermittelt wird. Es gibt sie noch, die guten Ideen! Aber zuerst muss ich einen mehrseitigen Fragebogen ausfüllen. Abgefragt wird sowohl, welche Qualifikationen ich mitbringe (Fremdsprachen, Führerschein, medizinische Kenntnisse), aber auch, in welchen Bereichen ich tätig sein möchte. Ich fühle mich ein bisschen schäbig, als ich ankreuzen soll, welche Randgruppen mir genehm sind und mit welchen ich lieber nichts zu tun haben möchte. Obdachlose gerne, AIDS -Kranke aber bitte nicht? Armen Behinderten helfen wollen, aber bitte bloß nicht dementen Alten? Die Frau mit den roten Haaren beruhigt mich ganz pragmatisch: »Allen helfen können Sie eh nicht – suchen Sie sich doch ruhig etwas aus, das Ihnen gefällt.«
Ehrenamt als Ausgleichssport?
Doch kaum sind die entsprechenden Kreuzchen gemacht, wartet schon die nächste Klippe: Als die Beraterin erfährt, dass ich normalerweise als Journalist arbeite, erzählt sie mir sofort von diversen Organisationen, die ehrenamtliche Unterstützung in der Öffentlichkeitsarbeit suchen. Aber in meiner Zeit, die ich ehrenamtlich zur Verfügung stelle, wieder am Computer sitzen und nach Worten ringen, Texte schreiben, am Telefon hängen? Meine Mundwinkel sacken in ungekannte Tiefen, und die Frau von der Freiwilligenagentur merkt schnell, dass es mir eher um »Ausgleichssport« geht als darum, meine beruflichen Qualifikationen möglichst gut einzusetzen.
Wir einigen uns auf ein Seniorenheim in der Nähe, das ehrenamtliche Helfer sucht, die Zeit mit den Bewohnern verbringen. Vorlesen, spazieren gehen, Karten spielen. Hervorragend! Sicherheitshalber nehme ich noch die Unterlagen einer Umweltinitiative mit, die sich um die Erhaltung eines kleinen Flusses mit dem fabelhaften Namen Panke kümmert, aber nur als Notlösung. Falls mich die Senioren nicht haben wollen.
Auf dem Weg nach Hause erwarte ich ehrlich gesagt, dass sich ein wohliges Glücksgefühl in mir ausbreitet – der Segen der guten Tat, die zwar erst noch getan werden muss, aber immerhin schon vorbereitet wurde. Doch nichts passiert. Was ist da los? Statt wohliger Gedanken schwirren mir Sorgen und Bedenken durch den Kopf. Habe ich für eine ehrenamtliche Tätigkeit denn wirklich Zeit? Ist mein Terminkalender nicht ohnehin schon voll und mein Leben überreich an »Müsste mal wieder« und »Hoffentlich komme ich nächste Woche dazu«? Habe ich überhaupt genug Geduld und Einfühlungsvermögen, um mich mit alten Leuten zu beschäftigen, die nicht meine eigenen Großeltern sind? Werde ich Glück haben und an gutmütige Supersenioren geraten – oder an verbitterte Hexen und mürrische Exlandser, die jeden verachten, der nicht mindestens ein Körperteil vor Stalingrad verloren hat?
Ich werde es wohl drauf ankommen lassen müssen.
Macht helfen glücklich?
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Hilfsbereitschaft und Glücksgefühlen, das ist schon seit einer Weile bekannt. Lange Zeit war jedoch unklar, welche Art der Kausalität zwischen den beiden besteht, also was wovon bedingt wird. So stellte beispielsweise eine Studie in den Siebzigerjahren fest, dass glückliche Menschen hilfsbereiter sind. So halfen Menschen, die gerade in einer Telefonzelle »zufällig« eine (natürlich dort deponierte) Münze gefunden hatten – und dadurch einen kurzfristigen Glücksschub erhielten –, im Durchschnitt wesentlich häufiger einem Menschen vor der Telefonzelle, dem gerade (natürlich ebenfalls inszeniert) ein Stapel Papiere zu Boden gefallen war.
Macht Hilfsbereitschaft also gar nicht glücklicher, sondern Menschen, die ohnehin glücklich sind, helfen einfach öfter?
Nein, sagt die Psychologin Sonja Lyubomirsky, es gelte auch die umgekehrte Korrelation. Sie bat Probanden, über einen längeren Zeitraum mindestens fünf gute Taten pro Woche zu vollbringen, und fragte parallel das Glücksempfinden ab. Das Interessante: Bei den Menschen, die ihre Akte der Hilfsbereitschaft auf einen Tag der Woche konzentrierten, stieg der
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