Sternhagelgluecklich
Sport verfasst. Darin schreibt er: »Sport bietet vielfältige Gelegenheiten für Flow-Erlebnisse. Trotzdem bleibt dieser Zustand für die meisten Sportler mysteriös und für viele Trainer unerreichbar. Tatsächlich ist es für viele Sportler nach wie vor Glückssache, ob und wann sie sich im Flow fühlen.« Wenn es jedoch passiere, so berichten zahlreiche Profi- und Hobbysportler in dem Buch, fühle man sich plötzlich nicht mehr erschöpft oder ausgelaugt, sondern »konzentriert«, »unschlagbar«, »eins mit sich selbst« oder »absolut lebendig«.
Wenn uns Sport also glücklich macht – warum tun sich dann fast alle Menschen in meinem Bekanntenkreis, mit denen ich darüber spreche, so schwer damit, regelmäßig welchen zu treiben? »Ich würde gerne öfter, aber irgendwie klappt es nicht«, lautet die mit Abstand häufigste Antwort, die ich selbst nur allzu gut kenne. Das größte Hindernis für den Sportmuffel mit hohen Zielen ist in der Regel der sogenannte innere Schweinehund. Ich habe keine genaue Vorstellung davon, wie er aussehen könnte – ich weiß nur, dass mein Exemplar wahnsinnig gut darin ist, Ausreden zu erfinden. Während mir beim besten Willen kein Grund einfallen will, ein Stück Kuchen stehen oder die neue Folge meiner Lieblingsserie ausfallen zu lassen, kommen mir sofort Dutzende stichhaltiger Argumente in den Sinn, nicht zum Sport zu gehen. Das Wetter ist am Nachmittag sicher besser – ich laufe dann einfach später. Ich habe einen wichtigen beruflichen Abgabetermin – erst wenn der erfüllt ist, kümmere ich mich um meinen Körper. Ich habe die Erkältung von letzter Woche noch nicht ganz auskuriert – es wäre im Grunde vollkommen unverantwortlich, den Körper jetzt noch weiter zu schwächen. Und so beschämend geht es immer weiter.
Das Unlogische ist: Jedes Mal wenn ich mich doch aufgerafft habe, bin ich danach für den Rest des Tages tatsächlich ein ganzes Stück glücklicher – oder zumindest »aufgeräumter« –, weniger müde und sogar ein bisschen stolz. Jedes Mal schwöre ich mir aufs Neue, dass ich mir bis zum nächsten Mal nicht so viel Zeit und nicht so viele Ausreden einfallen lassen werde. Dann vergehen trotzdem wieder zwei Wochen.
Doch damit ist nun Schluss. Zumindest jeden Werktag will ich diesen Monat Sport treiben – in der Hoffnung, dass es nicht nur mein Herz leichter macht – sondern auch meinen sich neuerdings immer deutlicher wölbenden Bauch. 11
Einer der größten Fehler, wenn es darum geht, sich zum Sport zu motivieren, so habe ich in einem Artikel im TIME Magazine gelesen, sei, sich danach für ebenjenen Sport zu belohnen. Zum einen überschätze man regelmäßig die Menge der verbrannten Kalorien. Ein einziger Belohnungsmuffin könne demnach oft schon wieder alles zunichtemachen – und den Bauch dicker als vor dem Sport und dem Muffin. Zum anderen – und das scheint mir viel wichtiger – lädt man durch eine anschließende Belohnung das Sporttreiben an sich negativ auf. Es wird zu einer Qual, für die man sich danach entschädigen muss. Dabei sollte doch vielmehr der Sport selbst die Belohnung sein.
Das Eiswasser-Paradox
Vor der Frage nach der Belohnung steht jedoch erst einmal eine ganz andere: Wie überwinde ich denn nun meinen inneren Schweinehund?
Mir fällt eine interessante Studie von Nobelpreisträger Daniel Kahneman ein: Testpersonen sollten dabei ihre Hand in kaltes Wasser halten. Das eine Mal dauerte der Versuch sechzig Sekunden, das Wasser war vierzehn Grad kalt. Ein anderes Mal musste die Hand sechzig Sekunden lang in vierzehn Grad kaltes Wasser gehalten werden, dann wurde das Wasser minimal auf fünfzehn Grad erwärmt, und die Probanden mussten weitere dreißig Sekunden aushalten. Das Verblüffende: Die Probanden gaben an, der Versuch, bei dem sie ihre Hände insgesamt länger ins kalte Wasser gehalten hatten, sei angenehmer gewesen – nur weil am Ende ein Abschnitt lag, der nicht ganz so schlimm war wie die Phase zuvor. Sogar auf die Frage, welchen der Versuche sie lieber wiederholen würden, entschied sich die Mehrheit für die insgesamt längere Prozedur. Man kann es sich in etwa so vorstellen, als hätte man die Wahl zwischen zehn harten Stockhieben und zehn harten plus zehn leichten – und man würde sich freiwillig für die zwanzig Hiebe entscheiden. 12
Was das alles mit Sport zu tun hat? Wenn das menschliche Gehirn sich an Erlebnisse erinnert, spielt dabei offensichtlich eine große Rolle, wie diese geendet haben. 13 Wer
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