Sternhagelgluecklich
der mir den schönen wie traurigen Satz schrieb: »Das ganze Wochenende ›Pirates Gold‹ gespielt – bei jedem Wrack gewünscht, ich säße drin.«
40 Gleichzeitig kann ein zu tiefes Abtauchen in Spielwelten infolge von Enttäuschungen im wahren Leben zu ganz eigenen (Sucht-)Problemen führen. In der ersten deutschen Ambulanz für Internet- und Computerspielsüchtige in Mainz werden Menschen behandelt, die andernfalls in Spielen Trost und Zuflucht vor einer realen Krise gesucht hätten, so die Psychologen dort. Der Flow kann einen also aus einem Loch herausholen – aber unter Umständen auch in ein neues hineinmanövrieren.
Zehn kleine Glücksmomente
• Nach zehn Jahren durch Zufall ein Lied hören, das man früher geliebt, inzwischen aber völlig vergessen hat
• Am Bahnsteig stehen, und die U-Bahn, S-Bahn oder der ICE hält genau so, dass man vor der Tür steht
• Spät dran sein und merken, dass der Zug oder Flug, den man erwischen muss, ebenfalls verspätet ist
• Alte Landkarten ansehen, auf denen noch Seeungeheuer und Ähnliches eingezeichnet sind
• Merken, dass man etwas komplett Unwichtiges (wie Luft anhalten, Balancieren, Eier wachsweich kochen) überdurchschnittlich gut beherrscht
• Nach Kinderzimmer, Wohnheim- und WG-Zimmer endlich die Tür zur ersten eigenen Wohnung aufschließen
• Ein Gruppenfoto von Touristen machen, die sich gerade noch mit dem Selbstauslöser abgequält haben
• Pilze sammeln gehen – und tatsächlich so viele finden, dass es für ein Abendessen mit Freunden reicht
• Ganz ohne Angst vor dem Weltuntergang: ein prall gefüllter Vorratsschrank mit Köstlichkeiten
• Merken, dass man eine schlechte Angewohnheit schon vor über einem Jahr erfolgreich aufgegeben hat
September
Wie das Internet Glück verbreitet
Wie schwierig Komplimente sein können
Warum Kinder weniger glücklich machen,
als man annimmt
Glück heißt, eine große, liebevolle, fürsorgliche
Familie zu haben, die zusammenhält –
und in einer anderen Stadt wohnt.
George Burns
Vor einem halben Jahr habe ich in New York den früheren Internetmillionär Josh Harris besucht, der von seinem Loft in Williamsburg aus unermüdlich versucht, Geldgeber für sein neues Projekt zu finden. Seine Idee klingt ein wenig nach »Truman Show« für alle: Jeder, der will – und Harris ist sich sicher, dass alle wollen werden –, kann sein Zuhause mit Kameras und Monitoren ausstatten lassen und sein komplettes Leben per Livestream übertragen lassen. Und natürlich die Streams der anderen ansehen. Das Ende jeglicher Privatsphäre – aber Harris glaubt fest an den Erfolg.
Jetzt lese ich in einem amerikanischen Onlinemagazin, dass es Neuigkeiten über das Projekt gibt. Die endlosen Kaffeetermine mit den Risikokapitalgebern der Branche waren scheinbar unergiebig.
Harris versucht nun, auf der Internetplattform Kickstarter Investoren für seine Vision zu finden. Kickstarter ist ein sogenanntes Crowdfunding-Netzwerk. Crowdfunding (zu Deutsch etwa »Schwarmfinanzierung«) bedeutet, dass das Kapital für eine Geschäftsidee statt von einer Bank oder von einem einzelnen Investor von einer anonymen Masse von Internetnutzern kommt – die es vorher natürlich für die betreffende Idee zu begeistern gilt. 41
Josh Harris will 25 000 Dollar auftreiben. Ein paar Dutzend Menschen haben ihre Unterstützung bereits zugesichert. Ich werfe ebenfalls einen Betrag in den virtuellen Hut, da mir Harris’ Enthusiasmus bei unserem Treffen sympathisch war und ich gerne sehen würde, wie er seine nächste Idee in die Realität umsetzt. 42 Es ist ein gutes Gefühl – wie eine Mischung aus Einkaufstour und Spendengala, nur dass man kein schlechtes Gewissen hat, weil man sich das fünfzigste Paar Schuhe gekauft hat, und auch nicht diesen unangenehmen Moment einer gönnerhaften Spende verspürt, denn man bekommt ja im Gegenzug etwas für sein Geld. Man fühlt sich wie ein Förderer statt nur als Konsument oder Geldverschenker – eine sehr sympathische Rolle.
Ich verlasse die Kickstarter-Seite deshalb auch nicht gleich wieder, sondern sehe mich weiter um. Unter den verschiedenen Projekten und Ideen, für die Geld gesammelt wird, sind einige, die mich begeistern. Zwei junge Amerikaner haben eine neuartige Form der Fahrradbeleuchtung entwickelt und wollen ihren Prototypen nun zur Serienreife bringen. Ein Fotograf möchte Bilder und Lieder eines bedrohten äthiopischen Stammes in einem Fotobuch mit Audio- CD veröffentlichen. Nach
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