Sternhagelgluecklich
Shirin mit Stolz in der Stimme. Und fügt vorsichtig und möglichst erwachsen hinzu: »Vielleicht können Sie sie in der Nähe des Schwimmbads aufhängen? Da halten wir uns nämlich meistens auf.«
Wir versprechen, unser Bestes zu tun, sofern wir dort einen passenden Baum finden.
»Wir finden die Schaukel dann schon!«, rufen die Kinder zum Abschied, bevor sie zum Abendessen davonrennen.
Wir machen uns auf den Weg zum nächsten Park, um die restlichen Schaukeln aufzuhängen, bevor es dunkel wird. Als wir uns nach etwa hundert Metern noch mal zu unserem Erstlingswerk umdrehen, sehen wir, dass sich gerade der Mann, der vorher noch unter dem Nachbarbaum lag und las, daraufgesetzt hat und gerade vorsichtig beginnt zu schaukeln.
Auch bei den beiden anderen Schaukeln widerfährt uns Ähnliches. Einmal ist es ein junger Vater, der erst fachmännisch unsere Aufhängetechnik lobt und dann seinen Sohn auf die Schaukel setzt. Das andere Mal ist es wieder eine Gruppe von Kindern – diesmal schon etwas größer als bei der ersten Schaukel –, die sich schnell gegenseitig darin überbieten, wer am mutigsten von der hoch schwingenden Schaukel springen kann. Ich verdränge den Gedanken an Haftungsfragen und wer eigentlich bezahlen muss, wenn jemand sich beim Schaukeln verletzt. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der man irgendwann keine Schaukeln mehr aufhängen kann, weil man Angst haben muss, verklagt zu werden. Jeff, Drew und ihre Freunde lassen sich schließlich auch nicht davon abhalten, sondern beweisen mit zwei Seilen und einem Brett, wie wenig man braucht, um ein kleines bisschen Freude zu stiften. Bei Kindern und Erwachsenen, heute und in der Zukunft, bei Fremden – und auch bei sich selbst. Denn wir waren natürlich nicht ganz uneigennützig: Wir haben die Schaukeln nahe an unserer Lieblingsjoggingroute aufgehängt. So können wir uns jedes Mal, wenn wir an einer »unserer« Schaukeln vorbeilaufen, darüber freuen, dass jemand sie gerade benutzt. Und falls sie frei ist, können wir selbst eine kurze Pause vom Laufen einlegen und höher und höher dem Himmel entgegenschwingen.
Sagen Sie etwas Nettes!
Es ist faszinierend, durch welche Umwege man manchmal auf Ideen kommt: Hätte ich Josh Harris nicht getroffen, wäre ich nicht auf der Kickstarter-Webseite gelandet, als dort das Schaukelprojekt um Unterstützung bat. Und ohne die Begeisterung darüber wäre ich wiederum nie auf die Idee gekommen, selbst Schaukeln aufzuhängen.
Im Internet kursiert viel Unsinn, aber auch viele kreative Ideen, mit denen Menschen das Leben ein klein wenig ungewöhnlicher, magischer oder womöglich sogar glücklicher machen.
Eine Gruppe, die es immer wieder schafft, dem Alltag etwas Besonderes abzugewinnen, ist »Improv Everywhere«. Das Kollektiv aus New York schafft es, mit aufwändigen, aber stets lustigen Guerilla-Aktionen die Tristesse und die Gleichförmigkeit der Großstadt aufzubrechen. Ihre bekannteste »Mission«, wie sie ihre Aufführungen nennen, ist vermutlich der »No Pants Subway Ride« – ein Tag, an dem die Gruppe versucht, möglichst viele Menschen dazu zu bewegen, ohne Hose die New Yorker U-Bahn zu benutzen. Eine andere Mission ist ein kurzes Singspiel über die Vorzüge der Mittagspause, das die Gruppe in einem überfüllten Einkaufszentrum aufführt. Unangekündigt und mitten unter den Dutzenden Angestellten, die dort tatsächlich gerade ihr Mittagessen einnahmen, gab »Improv Everywhere« ein sorgsam einstudiertes und perfekt vorgeführtes Musicalstück zum Besten. Es ist großartig zu sehen, wie die nichtsahnenden Mittagesser reagierten: erst verwundert, dann amüsiert und am Ende oft geradezu beseelt von dem Gesang und der Mühe, die sich wildfremde Menschen gemacht hatten. 45
Zum Glück gezwungen
Manchmal begibt sich die Gruppe jedoch auch auf moralisch umstrittenes Terrain. So lautete eine ihrer Missionen vor einiger Zeit, einer erfolgslosen Newcomerband, die einen Gastauftritt in New York hatte, den besten Abend ihres Musikerlebens zu bescheren. Mehrere Dutzend »Agenten« hatten Lieder der völlig unbekannten Band »Ghosts of Pacha« aus Vermont auswendig gelernt und gingen als normale Gäste getarnt zum ansonsten von nur drei Personen besuchten Konzert. Mit dem Erklingen der ersten Note feierte das unechte Publikum eine riesige Party, sang jede Zeile mit und bejubelte jedes Lied frenetisch. Die Band – völlig überrascht vom Publikumsandrang und -enthusiasmus – hatte vermutlich wirklich den
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