Sternschnupperkurs
wie fünfzig vorkam –, da hatte er sie nach ihrem Lieblingsauto gefragt, und sie hatte es ihm gesagt. Und sechs Monate später hatte er ihr zu ihrem 19 . Geburtstag den Rolls gekauft.
Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen. Und diese Liebe hatte sehr viel länger gehalten als ihre Ehe.
»Wenn ich schon dafür zahlen muss, dass ich meinen Wagen parken kann«, sagte Suzy zu Harry, »dann will ich von meinem Geld auch was haben.«
»Wenn du meinst. Na gut, ich muss morgen sehr früh raus.« Er ließ den Motor aufröhren und sah auf seine Uhr.
Suzy, die es hasste, wenn Männer vor ihrem Haus vorfuhren und den Motor ausstellten, war beeindruckt. »Schon klar. Und? Bekomme ich einen Gutenachtkuss?«
Harry lehnte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Dann lächelte er. Oh, dieses herzzerreißende Lächeln! »Hattest du einen schönen Abend?«
»Es ging so«, sagte Suzy. »Durchschnittlich.« Sie schwieg kurz. »Möchtest du auf eine Tasse Kaffee mit hineinkommen?«
»Besser nicht.«
»Gut.« Suzy fand auch das beeindruckend. Es gefiel ihr, wenn ein Mann nein sagte. Solange sie nur sicher sein konnte, dass er es im Grunde doch wollte. Wenn er allerdings nein sagte, weil er tatsächlich nicht wollte … tja, das wäre echt übel.
Als sie nach dem Türgriff langte, ging die Haustür von Jaz auf. Jaz, der nur Jeans trug, pfiff laut, sah unbestimmt in die Ferne und rief: »Kätzchen, Kätzchen, komm her, miez, miez, miez.«
»Dein Exmann«, konstatierte Harry.
»Äh … Ja.« Der Exmann, der gar keine Katze besaß.
Jaz sah zu ihnen und tat übertrieben überrascht – gut, dass er nie Schauspieler hatte werden wollen, dachte Suzy – und rief ihnen zu: »Hallo, Suze, bist du das? Wie wär’s mit einem Drink?«
»Auf einen Drink? Ich dachte, er trinkt nicht mehr.« Harry klang erstaunt.
»Tut er auch nicht. Aber ich.« Suzy wusste genau, was Jaz im Sinn hatte.
»He, was soll’s«, rief Jaz. »Es ist doch noch früh. Nur ein Drink.«
»Sind du und er noch ein …«
»Nein«, erklärte Suzy. »Sind wir nicht!«
»Ich meine euch beide«, rief Jaz lässig. »Die Einladung gilt für euch beide.«
»Hast du Lust?«, fragte Suzy.
Harry zögerte, dann zuckte er mit den Schultern. Beiläufig sagte er: »Na gut, warum nicht?«
Suzy lächelte in sich hinein. So ging es jedes Mal. Niemand verzichtete auf die Chance, Jaz kennenzulernen.
»Die schlechte Nachricht lautet«, sagte sie zu Harry, »dass du auch Celeste treffen wirst.«
Celeste, die Freundin von Jaz, war der Fluch über Suzys Leben. Mit ihren kurzen, weißblonden Haaren, den riesigen, porzellanblauen Augen und der fragilen Figur in Kleidergröße 36 besaß sie ein aufreizendes Barbie-Puppen-Aussehen – und die noch sehr viel aufreizendere Angewohnheit, andere Leute ständig daran zu erinnern, wie fragil und zerbrechlich sie war.
Suzy, der es gefiel, lange Beine und eine frauliche Kleidergröße 42 zu haben, war der endlosen verächtlichen Kommentare von Celeste in Hinblick auf ihr Körpergewicht mehr als überdrüssig. Sie verstand wirklich nicht, was Jaz – der in der Vergangenheit immer einen ausgesprochen guten Geschmack bei Frauen bewiesen hatte – nur in Celeste sah.
Tja, das stimmte nicht so ganz. Sie wusste es sehr wohl. Denn Celeste hatte eine Trumpfkarte, die sie gern auszuspielen pflegte. Sie mochte ihre Tage damit verbringen, über Fee und Suzy herzuziehen, und sie mochte in flauschigen Pantöffelchen mit absolut lächerlichen Satinschleifen im Kurzhaar herumlaufen, aber sie war ebenfalls – hier kam die Karte! – eine trockene Alkoholikerin, genau wie Jaz.
Und Jaz hatte sich offenbar erfolgreich eingeredet, dass Celeste ihm das Leben gerettet hatte. Was ihn betraf, war sie sein Talisman, sein Glücksbringer.
Wobei Celeste doch in Wirklichkeit, wie Suzy häufig zu Jaz zu bemerken pflegte, nichts weiter war als eine erstaunlich egozentrische Frau, die es nur auf sein Geld abgesehen hatte und ausnahmslos allen furchtbar auf die Nerven ging.
»Wir haben uns bei einem Treffen der Anonymen Alkoholiker kennengelernt«, sagte Celeste zu Harry, als ob er das nicht bereits wüsste. Der ganze Planet, dachte Suzy müde, musste die Geschichte mittlerweile gehört haben. »Ich spazierte hinein, und da war Jaz. Natürlich habe ich ihn damals nicht erkannt. Er war in einem furchtbaren Zustand. Ich selbst war erst seit wenigen Tagen nüchtern und ging durch die Hölle. Nach dem Treffen brach ich zusammen und weinte mitten auf
Weitere Kostenlose Bücher