Sternschnupperkurs
der Straße – ich war
so
nah davor, in den nächstbesten Pub zu laufen. Jaz sah, wie ich weinte, und eilte zu mir. Er hat mir durch die Krise hindurchgeholfen.« Sie nickte, um ihre Worte zu unterstreichen, und die riesige, rosa Schleife auf ihrem Kopf wackelte wie zwei Hasenohren. »Wir haben die ganze Nacht geredet. Wir hatten so eine unglaubliche
Vertrautheit
miteinander. Also, Jaz war damals schon seit vier Monaten trocken, aber er kämpfte auch noch. Wenn es ihn nicht gegeben hätte, dann hätte ich ganz sicher wieder mit dem Trinken angefangen. Und ihm geht es mit mir genauso. Wissen Sie, Harry, wir haben uns gegenseitig unterstützt. Wann immer einer von uns schwächelte, war der andere stark. Und wir haben es geschafft, nicht wahr, Liebling?« Ihr großen, blauen Augen nahmen Jaz liebevoll ins Visier. »Wir haben uns gegenseitig das Leben gerettet.«
Dieser liebevolle Blick war das Schlimmste für Suzy. Wann immer sie ihn sah – was traurigerweise oft der Fall war –, regte sich in ihr der überwältigende Drang, sich zwei Finger in den Mund zu stecken und laute Würgegeräusche von sich zu geben. Woran lag es nur, dass Frauen Celeste sofort durchschauten, während ausnahmslos jeder Mann ihrem ekelerregenden Charme erlag?
Lucille ließe sich bestimmt keine Sekunde lang täuschen, dachte Suzy voller Stolz. Wenn sie jetzt hier wäre, sähe sie in Celeste das Promi-hungrige Flittchen, das sie war. Suzy beobachtete, wie Harry an der Angel hing – na ja, er war ein
Mann
, was konnte man da schon erwarten? –, während er Suzys Weinglas aus der Flasche Pouilly Fumé auffüllte, den Jaz für sie beide geöffnet hatte.
Harry, das verstand sich von selbst, hatte sich für den diplomatischen Weg entschieden und begnügte sich mit einer Tasse Kaffee.
»Nur keine Sorgen wegen Suzy, das macht sie absichtlich«, sagte Celeste zu Harry, als der Flaschenhals gegen Suzys Glas schlug. »Sie liebt es, uns zu provozieren. Ich glaube, das gibt ihr einen billigen Kick.«
»Pouilly Fumé?« Suzy hob eine Augenbraue. »Ist ja wohl kaum billig zu nennen.«
Man musste Celeste zugute halten, dass sie zumindest keine Heuchlerin war, dass sie ihr Mäntelchen nicht nach dem Wind hängte. Sie machte kein Geheimnis daraus, dass sie Suzy verachtete, und darum konnten sie einander völlig offen Sticheleien an den Kopf werfen. Suzy genoss diese Beleidigungsattacken sehr; sie wünschte nur, Jaz würde nicht jedes Mal vor Lachen in die Knie gehen und sie beide als sein »Komikerduo« bezeichnen.
»Jedenfalls verdiene ich ein paar Wonneschauer«, erklärte Suzy, »schließlich war ich zwei Jahre lang mit Jaz verheiratet. Warum sollte ich mir da keinen Drink gönnen? Wir müssen ja nicht alle für den Rest unseres Lebens darben, nur weil ihr beide auf dem Trockenen sitzt.«
»Falls sich je einer von der Rückfallbrücke stürzen wollte«, sagte Celeste zu Harry, »würde sie ihm über das Geländer helfen.«
»Wir sind hier in der wirklichen Welt«, meinte Suzy. »Menschen trinken. Entweder haltet ihr euch von jedweder Versuchung fern oder ihr gewöhnt euch daran.«
»Sie hat einfach keine Ahnung.« Celeste tätschelte tröstend Harrys Arm. »Achte gar nicht auf sie. Sie ist pure Ignoranz.«
»Na toll.« Suzy sprang begeistert auf das Stichwort an. »Du bist doch diejenige, die glaubt, man würde ›Dienstag‹ mit ›ch‹ schreiben, aber mich bezeichnest du als Ignorantin! Und überhaupt – wenn Jaz nicht will, dass seine Gäste vor seinen Augen trinken, warum hat er dann Alkohol im Haus?«
Harry schwirrte der Kopf. Zwischen Suzy und Celeste sitzend fühlte er sich wie ein Ein-Mann-Wimbledon-Publikum. Jaz, der vor dem Kamin stand, grinste breit und genoss das Schauspiel.
»Du solltest einmal versuchen, eine Zeit lang keinen Alkohol zu trinken«, sagte Celeste zu Suzy. »Ich bin sicher, dann wäre dein Übergewicht sofort kein Thema mehr.«
»Was für ein Zufall, ich hatte gerade einen ganz ähnlichen Gedanken«, zahlte Suzy es ihr zuckersüß heim. »Es ging um dich und Mascara.«
Denn Celeste benutzte das Zeug tonnenweise.
Tonnenweise
.
Harry sprang tapfer in die Bresche, guter Polizist, der er war. »Sagen Sie, Celeste, sind Sie berufstätig?«
»Ich? Großer Gott, nein!« Celeste lachte glockenhell. »Die Freundin von Jaz zu sein ist eine Vollzeitbeschäftigung.«
»Mit anderen Worten«, warf Suzy ein, »sie ist grottenfaul.«
Nicht einmal Jaz konnte das durchgehen lassen. »Anders als du«, kommentierte er
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