Sternschnupperkurs
sagte Suzy.
»Hoppla. Das tut mir aber leid. Ich habe keine Ahnung, warum ich immer denke, dass du schon älter bist. Es muss an den Klamotten liegen.« Celeste zuckte mit den Schultern. »Wie auch immer, ich will ja nur sagen, dass Harry wie dieser andere Typ aussieht, der niedliche. Dieser David Wessex.«
Da waren sie also wieder bei niedlich gelandet. Na toll. Suzy wandte sich hilfesuchend an Jaz. »Und was denkst du?«
»Tja, von mir hat man auch schon gesagt, ich sei niedlich.« Jaz grinste, dann hörte er auf, sie zu foppen. »Also gut, die Wahrheit. Er scheint ein netter Kerl zu sein. Aber …«
Suzy hielt den Atem an. Sie sah, wie er auf unverbindliche Art und Weise die Hand bewegte.
»Du findest, er passt nicht zu mir? Willst du das damit sagen?«, verlangte sie indigniert zu wissen. »Großer Gott, da liegst du völlig verkehrt! Er ist perfekt!«
Jaz sah sie rätselhaft an. »Wirklich?«
»Wirklich!«
»Wenn das so ist – gut.«
Suzy wurde klar, dass er nicht mit ihr diskutieren wollte.
Es war Zeit, nach Hause zu gehen.
Natürlich hatte sie gelogen. Harry war nicht perfekt.
Aber er war
fast
perfekt. So ungefähr zu 90 Prozent, dachte Suzy und sah zur dunklen Schlafzimmerdecke hoch. Und ehrlich gesagt, konnte man heutzutage nicht mehr als das erwarten.
Ach herrje, es hatte keinen Zweck, sie konnte nicht einschlafen.
Irgendetwas nagte an ihr.
Und dieses Etwas waren die fehlenden zehn Prozent.
Die entscheidenden zehn Prozent, deretwegen Harry Fitzallan nicht perfekt war.
Der Grund, warum es so sehr an ihr nagte, das wurde Suzy klar, war der Umstand, dass sie keine Ahnung hatte, was fehlen könnte.
Mein Gott, hatte Harry nicht einfach alles? Gutes Aussehen? Einen tollen Körper? Intelligenz? Esprit? Charme?
Es hatte keinen Zweck: ihr fiel absolut nichts ein. Harry fehlte definitiv etwas, aber sie wusste nicht, was. Suzy zielte mit der Fernbedienung auf das Fernsehgerät und zappte sich durch einige Kabelkanäle.
Die Kamera wirbelte plötzlich schwindelerregend schnell in eine Nahaufnahme, dann sah man auch schon, wie die braunen Augen von Jaz mitsamt den schweren Lidern den Bildschirm füllten. Trotz der Tatsache, dass er sichtlich darum kämpfte, sich zu konzentrieren, und sich am Mikro festhalten musste, um nicht umzufallen, lieferte er erstaunlicherweise einen hypnotisierenden Auftritt. So betrunken, wie er auch sein mochte, schimmerten seine Starqualitäten immer noch durch, befand Suzy.
Das musste man Jaz lassen. Er hatte immer schon eimerweise Charisma besessen. Wie sonst hätte er so lange damit durchkommen können?
Die Kamera fuhr wieder zurück. Als sich der Song seinem Höhepunkt näherte, riss sich Jaz das locker sitzende, weiße Hemd auf. Mit geschmeidigen Bewegungen und nackter Brust, nur noch in dunkelblauen Lederhosen, stakste er an den Bühnenrand. Das Publikum tobte, streckte ihm die Arme entgegen. Jaz hielt inne, strich sich die schweißgetränkten blonden Haare aus dem Gesicht. Er hielt einen Arm hoch, lächelte sein berühmtes schiefes Lächeln und –
»Ach, zieh Leine!« Suzy war immer noch wütend auf ihn. Sie drückte mit dem Entzücken eines Scharfrichters auf die Fernbedienung. Dieser verdammte Jaz. Warum sollte sie ihn sich ansehen, wo er gerade so gemein zu ihr gewesen war? Und wie konnte er es wagen, Harry zu kritisieren, dachte sie empört, wo es ihm doch seinerseits total egal war, was sie von Celeste hielt?
Weiteres Zappen konnte Suzys Aufmerksamkeit nicht lange fesseln. Na schön, Jaz mochte Harry nicht wortwörtlich kritisiert haben, aber zwischen den Zeilen war die Kritik da.
Dass sie es besser treffen könnte.
Ehrlich, der Mann hatte vielleicht Nerven!
Aber was konnte man von jemand wie Jaz schon erwarten? Jemand, der sein Leben endlich in den Griff bekam, dem Alkohol abschwor und zu dem phantastischen Menschen wurde, von dem man immer geträumt hatte, als man noch mit ihm verheiratet war … und dann ging er hin und verschwendete all das an jemand so Lächerliches und Unnützes wie Celeste.
Suzy schaltete das Fernsehgerät aus, schloss die Augen und ging vor ihrem inneren Auge die Liste der Termine durch, die sie für den nächsten Tag vereinbart hatte.
Dann lächelte sie in sich hinein und fragte sich, was Harry dazu sagen würde, wenn sie ihm erzählte, dass sie manchmal in ihren Tagträumen mit Jaz schlief und es zufällige-absichtlch Celeste herausfinden ließ.
Nicht weil sie wirklich mit Jaz schlafen wollte.
Nur so aus Spaß.
Es
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