Sternstunden des Universums
alle 800 bis 1000 Jahre mit einem Einschlag eines 50 Meter großen Körpers zu rechnen. Der Einschlag eines rund 10 Kilometer großen Asteroiden wiederholt sich dagegen nur etwa alle 100 Millionen Jahre. So ein Riesending traf die Erde vor rund 65 Millionen Jahren. Von seinem Einschlag zeugt ein mittlerweile unter Sedimentschichten begrabener 180 Kilometer großer und etwa 10 Kilometer tiefer Krater, den man in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf der Yucatán-Halbinsel in Mittelamerika entdeckt hat. Dieser sogenannte Chicxulub-Krater ist neben dem deutlich jüngeren und kleineren Nördlinger-Ries-Krater nördlich der Schwäbischen Alb einer der am besten erhaltenen großen Einschlagkrater. Anhand der Dimension des Kraters konnte man berechen, dass der Asteroid etwa zehn Kilometer groß gewesen sein muss und dass seine Bewegungsenergie beim Eintritt in die Erdatmosphäre dem Äquivalent von circa 100 Billionen Tonnen TNT gleichkam. Entsprechend groß waren die Verwüstungen. Computersimulationen haben ergeben, dass noch in 1000 Kilometer Entfernung die Erde wie bei einem Beben der Stärke 10 auf der Richterskala erschüttert wurde. Etwa 50 Minuten nach dem Einschlag fegten Sturmböen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 800 Kilometern pro Stunde über die Landschaft. Am gravierendsten war vermutlich die Auswirkung auf die Erdatmosphäre. Der Einschlag dürfte 4000 Kubikkilometer Gestein aufgeschmolzen beziehungsweise verdampft und in die obere Atmosphäre geschleudert haben. Dort hat es als Staub die Sonne über viele Monate hinweg verfinstert und die Tage zu Nächten gemacht. Folglich war ein Großteil der Pflanzen nicht mehr zur Photosynthese fähig und ging ein. Der dadurch verursachte Nahrungsmangel war sehr wahrscheinlich mit ausschlaggebend für das Aussterben der zu dieser Zeit im Tierreich dominanten Dinosaurier.
Selbstverständlich haben Wissenschaftler versucht herauszufinden, woher dieses Asteroidenmonster kam. Ein amerikanisch-tschechisches Astronomenteam des Southwest Research Institute und der Universität Prag hat sich 2007 dieser Sache angenommen und eine im Asteroidengürtel auf ähnlichen Bahnen umlaufende Schar von Asteroiden, die heute als Baptistina-Asteroiden-Familie bekannt ist, genauer unter die Lupe genommen. Computersimulationen, mit deren Hilfe man die Wege der mittlerweile auseinandergedrifteten Baptistina-Asteroiden zurückverfolgt hat, haben gezeigt, dass diese Körper ihre Existenz sehr wahrscheinlich einer rund 160 Millionen Jahre zurückliegenden Kollision zweier riesiger Asteroiden zu verdanken haben. Damals soll im inneren Asteroidengürtel ein 170 Kilometer großer Asteroid, der heute als »Urahn« der Baptistina-Familie angesehen wird, von einem anderen, etwa 60 Kilometer großen Objekt gerammt worden sein (Abb. 13). Nach den Simulationsergebnissen wurden bei diesem »Crash« die beiden Asteroiden in etwa 300 mehr als zehn Kilometer große und mindestens 100000 über einen Kilometer ausgedehnte Bruchstücke zertrümmert. Dabei soll auch der im September 1890 von dem französischen Astronomen Auguste Charlois entdeckte, circa 40 Kilometer große Asteroid 298 Baptistina entstanden sein, der heute das Zentrum der Baptistina-Familie bildet.
Abb. 13: So könnte es gewesen sein: Künstlerische Darstellung der Kollision zwischen dem 170 Kilometer großen »Urahn« der Baptistina-Familie und einem etwa 60 Kilometer großen Asteroiden vor etwa 160 Millionen Jahren.
Die Simulationen haben auch gezeigt, dass nicht alle der bei der Kollision entstandenen Bruchstücke der Baptistina-Familie im Asteroidengürtel verblieben. Etwa 20 Prozent sind durch gravitative Wechselwirkung mit anderen Objekten auf Bahnen gedrängt worden, die sie ins innere Sonnensystem geführt haben. Wiederum circa 2 Prozent davon schlugen schließlich auf dem Mars, der Venus, der Erde und dem Mond ein. Nach Ansicht der Forscher gehörte auch der Asteroid, der vor 65 Millionen Jahren den Chicxulub-Krater auf der Erde ausgehoben hat, mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent zu dieser Gruppe.
Unterstützt wird diese Theorie sowohl durch die Geschichte der großen Einschlagkrater auf Erde und Mond als auch durch geochemische und mineralogische Befunde. So haben aufwendige Rechnungen ergeben, dass die Einschläge der aus dem Asteroidengürtel entkommenen Baptistina-Asteroiden auf die inneren Planeten etwa 40 Millionen Jahre nach dem großen Crash ein Maximum erreicht haben. Zeitlich passt das gut zusammen
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