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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Lesch
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mit der Einschlagrate von Asteroiden auf Erde und Mond, die sich vor rund 100 bis 120 Millionen Jahren plötzlich verdoppelt hat, um ab da langsam auf den heutigen Wert abzusinken. Zum anderen lässt sich aus der chemischen Zusammensetzung der Sedimente um den Chicxulub-Krater ableiten, dass der Körper, der den Einschlag verursacht hat, ein C/X-Typ war. Das heißt, er ähnelt in seiner Zusammensetzung sehr den seltenen sogenannten kohligen Chondriten. Diese primitiven Asteroiden, die sich seit ihrer Entstehung praktisch unverändert erhalten haben, zeichnen sich durch einen hohen Anteil an Kohlenstoff, vermengt mit winzigen Silikatkügelchen, aus. Das Reflexions- oder auch Rückstrahlvermögen dieser Körper – Astronomen sprechen von der Albedo eines Körpers – ist sehr niedrig, so dass sie Sonnenlicht fast nicht reflektieren und praktisch schwarz erscheinen. Spektroskopische Untersuchungen sowie Albedobestimmungen haben nun ergeben, dass zu diesem Typ von Asteroiden auch 298 Baptistina und die bisher untersuchten Mitglieder der Baptistina-Familie gehören. Damit kommt sehr wahrscheinlich nur ein Mitglied der Baptistina-Familie als Verursacher des Chicxulub-Kraters infrage.
    Auch der Mondkrater Tycho, der vor rund 110 Millionen Jahren entstand, fällt mit seiner Größe von 85 Kilometern statistisch aus dem Rahmen der Einschläge auf unserem Trabanten. Simulationen haben ergeben, dass Tycho von einem etwa vier Kilometer großen Projektil »ausgegraben« wurde. Laut den Berechnungen der Forscher dürfte in den letzten 160 Millionen Jahren der Mond von einem Mitglied der Baptistina-Familie getroffen worden sein, wogegen die Einschlagsrate von Asteroiden aus anderen Bereichen des Sonnensystems eins pro 570 Millionen Jahre beträgt. Aufgrund dieser Statistik vertreten die Forscher die Ansicht, dass auch das Objekt, das den Tycho-Krater verursacht hat, mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent ein Mitglied der Baptistina-Familie war. Um einen höheren Wahrscheinlichkeitsgrad ansetzen zu können, bräuchte man noch Informationen über die chemische Zusammensetzung des Tycho-Materials. Da bis jetzt jedoch noch kein Astronaut den Tycho-Kessel betreten hat, muss man wohl noch eine Weile auf diese »Erleuchtung« warten.
    Apropos Zusammensetzung: Neuere spektroskopische Untersuchungen sowie Messungen der Albedo des Asteroiden 298 Baptistina lassen vermuten, dass es sich bei den Baptistina-Asteroiden doch nicht um kohlige Chondrite handelt. Sollte sich das bestätigen, so würde das die Argumentation, die einen Zusammenhang zwischen dem Chicxulub-Einschlagobjekt und der Baptistina-Familie herstellt, deutlich aufweichen. Allerdings sind die Daten noch nicht hieb- und stichfest. Um die Angelegenheit endgültig entscheiden zu können, sind weitere Untersuchungen, insbesondere an anderen Mitgliedern der Baptistina-Familie, geplant.
    Wer nun glaubt, das Chicxulub-Ereignis war wohl der folgenschwerste Einschlag, den die Erde hat hinnehmen müssen, der irrt. In den letzten 500 Millionen Jahren hat es mindestens vier weitere Ereignisse gegeben, die ein Aussterben von bis zu 95 Prozent aller Lebewesen zur Folge hatten und für die ein Meteoriteneinschlag, wenn auch nicht als alleinige Ursache, so doch zumindest mitverantwortlich war. Doch die größte »Katastrophe«, die über die Erde hereinbrach und die sie nur mit Glück überlebt hat, ereignete sich viel früher, zu einer Zeit, als die Erde noch gar nicht »fertig« war, sondern erst rund 90 Prozent ihrer heutigen Masse aus der protoplanetaren Staubscheibe um die Sonne auf sich gezogen hatte. Damals, vor etwa 4,5 Milliarden Jahren, traf ein etwas mehr als marsgroßer Körper mit einer Geschwindigkeit von rund 14000 Kilometern pro Stunde wie ein »Streifschuss« die junge Protoerde. Dabei wurden große Mengen oberflächennahes Erdmaterial abgeschabt und in den Raum hinausgerissen. Ein Teil fiel wieder auf die Erde zurück, ein Teil verschwand auf Nimmerwiedersehen im Weltraum, und der wohl größte Teil schwenkte in Form einer Trümmerwolke in eine Umlaufbahn um die Erde ein. Im Laufe der Zeit klumpten die einzelnen Brocken zu immer größeren Körpern zusammen und vereinigten sich schließlich zu einem großen Objekt, dem Mond.
    Natürlich war niemand dabei, der den Hergang dieses »Unglücks«, das sich letztlich doch als großes Glück für die Erde entpuppte, bestätigen könnte. Aber da diese Theorie gegenwärtig die plausibelste unter allen Theorie zur Entstehung des

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