Sternstunden des Universums
Mondes ist, wird sie auch von den meisten Astronomen akzeptiert. Aber wie schon im Prolog erwähnt: Naturwissenschaftliche Theorien sind falsifizierbar – solange jedoch niemand eine astrophysikalisch wahrscheinlichere Version präsentieren kann, gilt die alte als anerkannt.
So gewiss, wie die Erde die bisherigen Einschläge überstanden hat, so gewiss kommt der nächste Einschlag. Ungewiss ist lediglich, wann und wo sich der Einschlag ereignen und wie heftig er ausfallen wird. Kleineren Asteroiden beziehungsweise Kometen kann die Menschheit relativ gelassen entgegensehen. Der Einschlag eines 100 Meter großen steinigen Asteroiden setzt zwar eine Energie von rund 40 Millionen Tonnen TNT frei und hinterlässt einen etwa 500 Meter tiefen und zweieinhalb Kilometer großen Krater, aber bereits in 100 Kilometer Entfernung sind keine Gebäudeschäden mehr zu erwarten. Lediglich das Geschirr in den Regalen würde etwas klappern, vielleicht gingen auch ein paar Fenster zu Bruch, und wer gerade in seinem Auto sitzt, der würde ein leichtes Schaukeln verspüren. Der Leser kann sich ja selbst mal einen Asteroiden nach seinem Gusto »basteln«, die Daten in das unter http://impact.ese.ic.ac.uk/ImpactEffects/ im Internet aufrufbare Programm eintippen und sich ausrechnen lassen, was er da angerichtet hätte. Kurzum: Ein 100 Meter großer Asteroid hebt die Welt nicht aus den Angeln. Für Personen, die sich zum Zeitpunkt des Einschlags im Umkreis von weniger als etwa 20 Kilometern aufhalten, ist das verständlicherweise nur ein geringer Trost. Denn die vom Einschlag ausgehende Druckwelle bläst dort alles weg, was sich ihr in den Weg stellt.
Der Einschlag eines Objekts mit Abmessungen im Bereich von einigen zehn Kilometern ist jedoch von anderer Qualität. Insbesondere auf die Menschheit und die belebte Natur würde sich ein derartiges Ereignis global verheerend auswirken. Damit stellt sich die Frage: Gibt es eine Möglichkeit, im Falle eines Falles die drohende Gefahr abzuwenden? Da sich Objekte auf Kollisionskurs mit einer Geschwindigkeit von einigen zehn Kilometern pro Sekunde nähern, kann man nichts mehr tun, wenn beispielsweise ein Asteroid der Erde schon so nahe gekommen ist, dass ein einfaches Teleskop genügt, um ihn zu sehen. Abwehrmaßnahmen müssten viele Monate, besser Jahre vor dem zu erwartenden Einschlag eingeleitet werden. Dazu muss man aber erst mal wissen, ob überhaupt und, wenn ja, wann ein Einschlag droht. Und um eine Abwehrstrategie entwickeln zu können, braucht man eine Menge an Informationen – um was für einen Körper handelt es sich, wo befindet er sich gerade, welcher Flugbahn folgt er und wie groß ist seine Geschwindigkeit? Das heißt: Man muss unser Sonnensystem fortwährend nach Objekten absuchen, deren Bahn sie so nahe an die Erde heranführt, dass das Risiko einer Kollision besteht. Körper, auf die das zutrifft, bezeichnet man als PHAs (Potentially Hazardous Asteroids = potenziell gefährliche Asteroiden). Nach einer Übereinkunft fallen in diese Kategorie alle Objekte, die sich bis auf 0,05 Astronomische Einheiten oder weniger der Erde nähern und die größer sind als rund 150 Meter.
Mittlerweile gibt es einige Programme, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, rechtzeitig sogenannte NEOs (Near Earth Objects = Objekte, die der Erde nahe kommen) aufzuspüren. Da ist zum einen das »Spacewatch Project« der Universität von Arizona, dann das Projekt »LINEAR«, das von der U. S. Air Force und der NASA am Massachusetts Institute of Technology (MIT) betrieben wird, und das »NEO Program« am Jet Propulsion Laboratory in Kalifornien. Auf der Internetseite http://spaceweather.com/index.php findet man eine fortwährend aktualisierte Liste künftiger naher Begegnungen von Asteroiden mit der Erde. Je weiter jedoch eine Vorhersage in die Zukunft reicht, desto ungenauer ist sie. So unterliegt ein Asteroid auf seinem Weg nicht nur den gravitativen Einflüssen anderer Asteroiden und dem steten Druck der Sonnenstrahlung, auch kennt man zu keiner Zeit die für eine sichere Bahnbestimmung nötigen exakten Positionen der Planeten und der Sonne, und schon gar nicht die genaue Masse des betrachteten Objekts. All das führt letztlich dazu, dass ein Einschlag nur mit einer mehr oder weniger großen Wahrscheinlichkeit prognostiziert oder ausgeschlossen werden kann.
Die Bedrohungsgeschichte des 2004 entdeckten 210 bis 330 Meter großen Asteroiden Apophis ist ein gutes Beispiel für diese Unsicherheit. Erste
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