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Sternstunden des Universums

Sternstunden des Universums

Titel: Sternstunden des Universums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Lesch
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Tausendstelmillimeter große Partikel miteinander kollidieren und aneinander haften. Auf diese Weise entstehen zunächst kleine, etwa ein Zentimeter große, kompakte Teilchen, die mit dem Gasstrom mitschwimmen. In weiteren Zusammenstößen wachsen diese »Klümpchen« zu immer größeren Festkörpern aus Gestein und Eis heran. Ab einer Größe von einigen zehn Metern entkoppeln dann die Brocken vom Scheibengas und rotieren nun »keplersch« um den Stern, das heißt, sie gehorchen dem Dritten Keplerschen Gesetz. Vereinfacht ausgedrückt besagt das, dass sich ein Objekt auf einer Umlaufbahn um einen Zentralkörper umso langsamer bewegt, je weiter es von ihm entfernt ist.
    Um weiterzuwachsen, sind die großen Gesteinsbrocken nicht mehr darauf angewiesen, per Zufall mit anderen Teilchen zu kollidieren. Vielmehr ist ihre Gravitation nunmehr bereits so stark, dass sie kleinere Partikel anziehen und an sich binden können. Ab einer Größe von etwa einem Kilometer bezeichnet man die Körper dann als »Planetesimale«, die Vorläufer der Planeten. Im weiteren Verlauf verschmelzen dann benachbarte Planetesimale zu ganzen Planeten. Zwar ziehen sich zwei Objekte unterschiedlicher Masse gegenseitig mit gleicher Kraft an, dennoch wird der Körper, der bereits mehr Masse gewonnen hat, den mit weniger Masse leichter zu sich heranziehen als umgekehrt. Auf diese Weise sammeln die im Entstehen begriffenen Planeten alle Kleinkörper in ihrer Umgebung auf und räumen entlang ihrer Bahnen einen mehr oder weniger breiten Streifen frei.
    Im Rahmen dieser »Sammelaktion« kondensiert jedoch nur ein Bruchteil von etwa 1,5 Prozent des Scheibengases zu Planeten. Körper mit weniger als etwa zehn Erdmassen haben eine zu geringe Anziehungskraft, um etwas von dem verbliebenen Scheibengas an sich zu binden. Ihre Entwicklung zu einem gesteinsartigen Planeten ist abgeschlossen. Ist ihre Masse jedoch auf mindestens zehn Erdmassen angewachsen, so können sie kraft ihrer Gravitation verbliebenes Scheibengas dauerhaft an sich ziehen. Auf diese Weise entstehen riesige Gasplaneten. Der Gasanteil kann dabei die Masse des gesteinsartigen Kerns um ein Vielfaches übertreffen. Beim größten Planeten unseres Sonnensystems, dem Jupiter, entfallen zwischen 95 und 97 Prozent seiner Masse auf die Gase Wasserstoff und Helium.
    Am Ende der Planetenentstehung zeigt sich die protoplanetare Gasscheibe gegenüber ihrer ursprünglichen Form und Zusammensetzung stark verändert. Nahm anfänglich die Dichte des Gases von der Scheibenmitte nach außen kontinuierlich ab, so ist die Gasscheibe jetzt im Bereich der Planetenbahnen stark ausgedünnt, eventuell sogar ganz gasfrei. Außerdem schwimmen neben den Planeten eine Unmenge von Kleinkörpern, Asteroiden und Kometen in der Scheibe. Entweder haben sie es nicht geschafft, zu Planeten heranzuwachsen, oder es handelt sich um Bruchstücke, die bei Zusammenstößen ursprünglich größerer Körper abgesprengt wurden. Dieser »Schutt« aus der Entstehungsgeschichte des Sonnensystems ist ein wesentlicher Teil der »späten« protoplanetaren Scheibe.
    Diese Prozesse dauern an, solange noch ausreichend Gas in der protoplanetaren Scheibe vorhanden ist. Doch das wird immer weniger. Nach etwa 10 bis 20 Millionen Jahren ist es aufgebraucht: einerseits für die Bildung von Planeten, andererseits wird es von der Strahlung des zentralen Sterns in den Raum hinausgeblasen. Auch am Rand der Scheibe geht fortwährend Gas verloren. Entweder wird es durch die Gravitation von nahe vorbeiziehenden Sternen abgezogen oder von der Ultraviolettstrahlung heißer Sterne so stark aufgeheizt, dass die Gaspartikel Geschwindigkeiten erreichen, die groß genug sind, um der Anziehungskraft des Sterns zu entkommen und aus der Scheibe zu »verdunsten«.
    Dieses Szenario der Planetenentstehung ist heute Stand der wissenschaftlichen Forschung. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um ein grobes »Strickmuster«. Insbesondere über Aufbau und Struktur des einstigen solaren Nebels weiß man nur wenig. Ohne diese Kenntnis ist die Planetenbildung um unsere Sonne jedoch nur schwer nachzuvollziehen. Im Laufe der letzten 50 Jahre sind daher vermehrt Anstrengungen zur Rekonstruktion der protoplanetaren Scheibe unternommen worden.
    Das erste Modell eines solaren Nebels wurde bereits 1949 vorgestellt und seitdem vielfach überarbeitet und verbessert. Zur Abschätzung der Verteilung der Masse in der protoplanetaren Scheibe greift man heute auf das sogenannte »Minimum

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