Sternstunden des Universums
mit dem schon seit längerer Zeit wirksamen Sternwind fast die gesamte Gashülle des Sterns mit Geschwindigkeiten bis zu 30 Kilometern pro Sekunde in den Raum hinausschießen lassen und den Sternkern, den Weißen Zwerg, freilegen.
Anfänglich formt die abgestoßene Gashülle einen unsichtbaren Kokon um den Weißen Zwerg. Aber in dessen Umgebung ist noch nicht alles tot. Fusionsprozesse in der noch verbliebenen Heliumschale liefern Kohlenstoff, der auf den Kern »herabrieselt«. Der Massenzuwachs bewirkt, dass der Kern schrumpft – dass er schrumpft, anstatt zu wachsen, beruht auf quantenmechanischen Prozessen, auf die hier aber nicht eingegangen werden soll – und seine Temperatur im Zentrum auf etwa 10 bis 100 Millionen Grad ansteigt. Aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit des Weißen Zwergs steigt damit auch seine Oberflächentemperatur stark an. Hat die einen Wert von etwa 100000 Grad erreicht, emittiert der Sternrest energiereiches ultraviolettes Licht, das die abgestoßene Gashülle zum Leuchten anregt. Ab da schmückt sich der Sternrest mit einem sogenannten Planetarischen Nebel. Durch ein Teleskop betrachtet, zeigen sich die Nebelschwaden in abgestuften Grautönen. Die meisten Bilder zeigen sie jedoch in einer Fehlfarbendarstellung, also prächtig gefärbt. Übrigens: Mit Planeten haben diese Nebel nichts zu tun. Der Begriff geht auf den aus Hannover stammenden Amateurastronomen Friedrich Wilhelm Herschel (1738–1822) zurück, dem damals diese leuchtenden Gaswolken wie die diffusen Scheiben von Gasplaneten erschienen. Planetarische Nebel haben nur eine relativ kurze Lebenserwartung. Nach etwa 50000 Jahren hat sich das Gas weit in den Raum ausgebreitet und so sehr verdünnt, dass die Planetarischen Nebel nicht mehr zu erkennen sind.
Ein besonders schöner Planetarischer Nebel ist NGC 2440. Seiner Form verdankt er auch den Namen »Insektennebel«. Inmitten des prachtvollen Gebildes kann man den Weißen Zwerg erkennen, den ausgebrannten Kern des ehemaligen Sterns, von dem ein Teelöffel voll rund eine Tonne wiegt (Abb. 44). Damit sind wir wieder zurück bei der Liste der Rekordsterne. Denn dieser Weiße Zwerg ist der gegenwärtig heißeste »Stern«. Für seine Oberfläche wurde eine Temperatur von rund 200000 Grad ermittelt. So wie es aussieht, steht er damit jedoch nicht allein auf dem Siegertreppchen. Denn Astronomen von der Universität Tübingen und der amerikanischen Johns Hopkins University berichteten im November 2008 von einem lichtschwachen, blauen Stern, der ebenfalls 200000 Grad heiß sein soll und der sich bei genauerer Untersuchung als Weißer Zwerg entpuppte. Heute trägt dieser Konkurrent um den Titel »Heißester Stern« den Namen KPD 0005+5106. Man findet ihn im 7200 Lichtjahre entfernten Kugelsternhaufen M4, im Sternbild Kassiopeia.
Abb. 44: Zwei Falschfarbenbilder des Planetarischen Nebels NGC 2440 im Sternbild Achterschiff. Am linken Rand der zentralen Höhlung erkennt man den Weißen Zwerg, der mit seiner Strahlung die ihn umgebenden Gaswolken zum Leuchten anregt. Mit einer Oberflächentemperatur von rund 200 000 Grad zählt der Weiße Zwerg zu den heißesten Sternen der Milchstraße.
Welcher von beiden bezüglich seiner Temperatur die Nase vorn hat, ist gegenwärtig nicht zu entscheiden. Sicher ist jedoch, dass beide irgendwann ihren Spitzenplatz werden räumen müssen. Da Weiße Zwerge über keine Energiequellen mehr verfügen, kühlen sie im Lauf der Zeit mehr und mehr aus und verblassen schließlich ganz. Die kühlsten bekannten Weißen Zwerge haben nur noch eine Temperatur von knapp 4000 Grad.
Abschließend soll noch ein Stern vorgestellt werden, den manche für den Rekordhalter in der Rubrik »Merkwürdigster Stern« halten. V838 Monocerotis ist circa 20000 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Einhorn zu finden. Spektralaufnahmen zeigen, dass der Stern einen massereichen jungen Begleiter hat, der ihm sehr ähnlich sein könnte. Am 6. Januar 2002 machte der bis dahin recht unscheinbare Stern durch einen gewaltigen Helligkeitsanstieg auf sich aufmerksam. In kurzer Zeit wuchs seine Leuchtkraft auf das 600000-Fache unserer Sonne an. Damit machte er sich für mehrere Stunden zum hellsten Stern der Milchstraße. Nachdem er wieder stark an Helligkeit eingebüßt hatte, folgten am 2. Februar und am 10. März zwei weitere, jedoch schwächere Ausbrüche. Obwohl V838 Monocerotis hinsichtlich seiner Leuchtkraft mittlerweile nicht mehr groß auffällt, begeistert er immer noch mit
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