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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Zivilisationen darin ist leider keine Idylle.
      Nach Dr. Hopfstoßers Theorie bilden diese drei aufeinanderfolgenden Entwicklungsetappen die eherne Gesetzmäßigkeit menschenförmiger Zivilisationen. Was die anderen betrifft, so weist die periodische Tabelle des Wissenschaftlers noch gewisse Lücken auf. Mir machte das nichts aus, denn aus verständlichen Gründen interessierte ich mich gerade für Wesen, die uns am meisten ähneln. Daher verfertigte ich mir auf der Grundlage der Beschreibung, die Hopfstoßer im Almanach veröffentlicht hatte, einen Detektor für »WC« (wesentliche Zivilisationen) und tauchte bald in der großen Gruppe der Hyaden unter. Von dort ertönte nämlich ein besonders starkes störendes Rauschen, dort waren die meisten Planeten von Müllringen umgeben, und dort bedeckte auch ein fleckiger Aussatz mit einem Spektrum seltener Elemente einige Sonnen – der stumme Ausdruck für die Vernichtung künstlichen Verstandes.
      Da die letzte Nummer des Almanachs Fotos von Geschöpfen aus Dychthonien enthielt, die den Menschen so sehr glichen wie ein Wassertropfen dem anderen, beschloß ich, auf diesem Planeten zu landen. Zwar mochten diese Fotos, die von Dr. Hopfstoßer über Funk empfangen worden waren, im Hinblick auf die beträchtliche Entfernung von tausend Lichtjahren etwas veraltet sein, aber dennoch näherte ich mich auf einer Hyperbel voller Optimismus Dychthonien und ersuchte, nachdem ich auf eine Kreisumlaufbahn gegangen war, um Landeerlaubnis.
      Eine solche Erlaubnis zu erlangen ist im allgemeinen schwieriger, als galaktische Räume zu überwinden, denn die Entwicklung der Bürokratie ist durch einen höheren Exponenten gekennzeichnet als die Navigation; daher sind Formulare, ohne die man an ein Einreisevisum nicht denken kann, viel wichtiger als ein Photonenreaktor, als Bildschirme, Brennstoff, Sauerstoff und anderes. Ich bin mit alledem vertraut, also war ich auf ein langes, ja monatelanges Kreisen um Dychthonien gefaßt, nicht aber darauf, was mir dort widerfuhr.
      Wie ich bald feststellte, erinnerte der Planet mit seinem Blau an die Erde; er war von Ozeanen bedeckt und hatte drei Kontinente, die sicherlich zivilisiert waren: Schon auf einem fernen Perimeter mußte ich tüchtig zwischen Kontroll- und Beobachtungssputniks, zwischen solchen, die hereinschauten und dumpfes Schweigen wahrten, lavieren; die letzteren mied ich auf jeden Fall mit äußerster Sorgfalt. Niemand antwortete auf meine Petitionen; dreimal reichte ich Gesuche ein, aber niemand verlangte, daß ich meine Papiere über das Fernsehen zeigte, nur von einem Kontinent – er hatte die Form einer Niere – schoß man mir eine Art Triumphbogen aus synthetischem Tannengrün, umwickelt von bunten Bändern und Fähnchen, entgegen, der offenbar mit ermunternden Aufschriften versehen war, aber sie waren so allgemein gefaßt, daß ich mich nicht entschließen konnte, durch dieses Tor zu fliegen. Der nächste Kontinent, über und über mit Städten bedeckt, schleuderte mir eine milchweiße Pulverwolke entgegen, die alle meine Bordkomputer so verwirrte, daß sie unverzüglich versuchten, das Raumschiff auf die Sonne zu richten – ich mußte sie also ausschalten und zur Handsteuerung übergehen. Der dritte Kontinent, der schwächer urbanisiert zu sein schien und in üppigem Grün versank, der größte, schoß mir nichts entgegen, begrüßte mich mit gar nichts, also suchte ich mir einen abgelegenen Platz aus, bremste und setzte die Rakete vorsichtig in einem Panorama malerischer Hügel und Felder nieder, die mit Kohlrabi oder mit Sonnenblumen bewachsen zu sein schienen; ich konnte das aus der Höhe nicht gut ausmachen.
      Wie gewöhnlich klemmte die Tür, weil sie von der atmosphärischen Reibung erhitzt war, und ich mußte eine gute Weile warten, bevor es mir gelang, sie zu öffnen. Ich sah hinaus, atmete die frische, belebende Luft ein und stellte unter Einhaltung der unerläßlichen Vorsichtsmaßnahmen meinen Fuß auf die unbekannte Welt.
      Ich befand mich am Rande eines offenbar bestellten Ackers, aber das, was darauf wuchs, hatte nichts mit Sonnenblumen oder mit Kohlrabi gemein, es waren überhaupt keine Pflanzen, sondern Nachtschränkchen, also eine Art Möbel – und als ob das noch nicht genügte, waren hier und dort zwischen ihren recht gleichmäßigen Reihen Vitrinen und Hocker oder Schemel zu sehen. Nach einiger Überlegung gelangte ich zu dem Schluß, daß dies Produkte einer biotischen Zivilisation waren;

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