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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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dieser Tichy das Projekt wiederum in eine Sackgasse treiben und daß Rosenbeißer ihn ein weiteres Mal nach mir schicken würde. Ich beschloß also, nicht untätig zu warten, sondern mich in die Galaxis zu begeben, und das möglichst weit weg. Ich reiste in größter Eile ab, weil ich befürchtete, daß die MOIRA meine Pläne durchkreuzen könnte, doch dort herrschte nach meinem Weggang offenbar ein völliges Durcheinander, denn niemand interessierte sich für mich. Selbstredend wollte ich nicht an den ersten besten Ort fliehen, deshalb nahm ich eine Menge neuer Reiseführer und den Galaktischen Almanach mit, der während meiner Abwesenheit stark angewachsen war. Nachdem ich mich um ein paar Parsek von der Sonne abgesetzt hatte, begann ich diese Literatur in aller Ruhe auszuwerten.
      Wie ich mich bald überzeugte, brachte sie viel Neues. So hatte Dr. Hopfstoßer, der Bruder jenes bekannten Tichologen, eine periodische Tabelle der Kosmoszivilisationen in Anlehnung an drei Prinzipien ausgearbeitet, die es gestatteten, untrüglich die am höchsten entwickelten Gesellschaften zu entdecken, und zwar handelte es sich um das Prinzip des Schmutzes, das des Rauschens und das der Flecke. Jede Zivilisation, die in der technischen Phase steckt, beginnt allmählich in den Abfällen zu versinken, die ihr gewaltige Sorgen bereiten, bis sie schließlich die Müllplätze in den kosmischen Raum verlagert. Damit diese nun nicht übermäßig die Raumfahrt behindern, werden sie auf einer besonders isolierten Umlaufbahn untergebracht. Auf diese Weise entsteht ein ständig wachsender Ring von Aufschüttungen, und eben daran läßt sich die höhere Fortschrittsära erkennen.
      Nach einer gewissen Zeit jedoch ändern die Aufschüttungen ihren Charakter. In dem Maße nämlich, wie sich die Intellektronik entwickelt, ist man gezwungen, immer größere Mengen vom Komputerschrott loszuwerden, dem sich alte Sonden, Sputniks und so weiter anschließen. Diese »denkenden« Abfälle wollen sich nicht bis in alle Ewigkeit in einem Ringmüllhaufen bewegen und stieben auseinander, wobei sie die Umgebung des Planeten und sogar sein ganzes System ausfüllen; diese Phase führt zur Verunreinigung des Milieus durch den Intellekt. Die einzelnen Zivilisationen versuchen zunächst, dieses Problem unterschiedlich zu bekämpfen; bisweilen kommt es zum sogenannten Komputerzid, so werden zum Beispiel im All besondere Fallen, Fangnetze, Schlingen und Klemmen gegen die psychischen Wracks angebracht, aber solche Aktionen haben noch schlimmere Folgen, denn nur die in geistiger Hinsicht am tiefsten stehenden Wracks lassen sich dadurch einfangen. Somit setzt diese Taktik das Überdauern des »klügsten« Mülls voraus – er schließt sich zu Gruppen und Banden zusammen, verübt Überfälle und führt Kampfdemonstrationen durch, wobei er schwer zu erfüllende Postulate vorbringt, denn er verlangt Ersatzteile und Lebensraum. Wird ihm das abgelehnt, so übertönt der Unrat die Rundfunkverbindungen, schaltet sich in Sendungen ein, verbreitet eigene Proklamationen, so daß der Planet auf dieser Entwicklungsstufe schließlich von einem solchen Krachen und Heulen im Äther umgeben ist, daß einem die Trommelfelle platzen. Und eben an diesem Krachen kann man sogar aus weiter Entfernung jene Zivilisationen erkennen, die von der intellektuellen Befleckung geplagt sind. Es mutet eigenartig an, wie lange die irdischen Astronomen nicht begriffen haben, woran es liegt, daß der Kosmos von Geräuschen und anderem sinnlosen Lärm widerhallt, wenn man ihn mit Radioteleskopen abhört; es handelt sich eben um diese Störsendungen, eine Folge der genannten Konflikte, und sie erschweren erheblich die Aufnahme von interstellaren Verbindungen.
      Schließlich verraten auch Sonnenflecken, jedoch solche von besonderer Form und von einer besonderen chemischen Zusammensetzung, die sich spektroskopisch feststellen läßt, das Vorhandensein der am höchsten entwickelten Zivilisationen, die sowohl die Barriere des Mülls als auch die des Rauschens durchstoßen haben. Diese Flecken entstehen, wenn gewaltige Mengen dieser in Jahrhunderten angewachsenen Abfälle sich von selbst gleich Motten in die Flammen der lokalen Sonne stürzen, um selbstmörderisch darin umzukommen. Diese Manie wird durch besondere depressive Mittel ausgelöst, denen alles erliegt, was elektrisch denkt. Die Methode des Ausstreuens solcher Mittel ist höchst grausam, doch die Existenz im Kosmos und gar das Errichten von

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