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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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– gelinde gesagt – sonderbar. Molteris wurde verlegen.
      »Ich hatte es vor, aber… Sehen Sie… ich… mein Wirt hat mir den Strom abgeschaltet… am Sonntag…«
      Sein Gesicht, eigentlich die normale rechte Hälfte, färbte sich scharlachrot. »Ich bin mit der Miete im Rückstand, und deshalb…«, stammelte er. »Aber natürlich… gleich… Ja, Sie haben recht. Ich werde das gleich tun. Sehen Sie, ich gehe hier hinein. Ich werde den Apparat in Gang setzen und… werde in der Zukunft sein. Dann erfahre ich, wer das Unternehmen finanziert hat – ich erfahre die Namen der Leute, dadurch werden Sie sofort, ohne Verzögerung…«
      Während er sprach, schob er die Trennwände beiseite, die das Innere des Apparats in Teile gliederten.
      »Moment«, sagte ich, »nein, so nicht. Sie werden doch nicht zurückkehren können, wenn der Apparat hier bei mir bleibt.«
      Er lächelte »O nein. Ich werde zusammen mit dem Apparat in der Zeit reisen. Das ist möglich – er hat zwei verschiedene Einstel lungen. Hier, dieses Variometer, sehen Sie? Wenn ich etwas in der Zeit verschiebe und möchte, daß der Apparat zurückbleibt, dann konzentriere ich das Feld auf diesen kleinen Raum unter der Klappe. Wenn ich mich aber selbst in der Zeit bewegen möchte, dann erweitere ich das Feld, damit es den ganzen Apparat erfaßt. Allerdings wird die Kraftentnahme dabei größer. Wieviel Ampere haben Ihre Sicherungen?«
      »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich, »aber ich befürchte, daß sie das nicht aushalten. Schon vorhin, als Sie das Buch expediert haben, wurden die Lampen trüb.«
      »Eine Kleinigkeit«, sagte er. »Ich drehe stärkere Sicherungen ein, natürlich wenn Sie gestatten…«
      »Bitte.«
      Er ging ans Werk. Seine Taschen waren eine Elektrikerwerkstatt in Kleinformat. In zehn Minuten war er fertig.
      »Es geht gleich los«, sagte er, nachdem er ins Zimmer zurückgekehrt war. »Ich denke, daß ich mich mindestens um dreißig Jahre verschieben sollte.«
      »Warum soviel?« fragte ich. Wir standen vor dem schwarzen Apparat.
      »In wenigen Jahren wird die Sache den Fachleuten bekannt sein«, erwiderte er, »aber in einem Vierteljahrhundert wird schon jedes Kind Bescheid wissen. Sie werden das in der Schule lernen, und die Namen der Leute, die zur Verwirklichung der Sache beigetragen haben, werde ich von dem ersten besten Fußgänger erfahren.«
      Er lächelte blaß, schüttelte den Kopf und trat mit beiden Beinen in den Apparat. »Das Licht wird dunkler werden«, sagte er, »aber das macht nichts, die Sicherungen halten es bestimmt aus. Hingegen kann es bei der Rückreise einige Schwierigkeiten geben.«
      »Wieso?«
      Er sah mich durchdringend an. »Haben Sie mich hier nicht schon irgendwann gesehen?«
      »Was sagen Sie da?« Ich hatte nicht begriffen.
      »Nun… haben Sie mich nicht gestern oder vor einer Woche, vor einem Monat… oder auch vor einem Jahr gesehen? Hier, in dieser Ecke, war hier nicht plötzlich ein Mensch erschienen, stehend, so wie ich, mit beiden Beinen im Apparat?«
      »Ah!« rief ich. »Ich verstehe. Sie befürchten, daß Sie bei der Rückkehr nicht bis zum gegenwärtigen Augenblick zurückweichen werden, sondern über ihn hinausschießen und irgendwo in der Vergangenheit halten, wie? Nein – ich habe Sie nie gesehen. Zwar bin ich erst vor neun Monaten von einer Reise zurückgekehrt. Bis dahin stand das Haus leer…«
      »Moment…« Er überlegte angestrengt. »Ich weiß selbst nicht…«, sagte er schließlich. »Wenn ich hier einst gewesen sein sollte – sagen wir, als das Haus leer gestanden hat, wie Sie meinen, dann müßte ich das doch wissen, müßte ich mich dessen erinnern, nicht wahr?«
      »Keineswegs«, erwiderte ich lebhaft. »Das ist eine Paradoxie der Zeitschleife. Sie waren dann eben woanders und haben etwas anderes getan – als der Sie aus jener Zeit. Dagegen können Sie ungewollt in diese vergangene Zeit aus dem gegenwärtigen Augenblick eintreten, aus der Gegenwart…«
      »Nun«, sagte er, »schließlich ist das jetzt nicht so wichtig. Selbst wenn ich zu weit nach hinten zurückweichen sollte, kann ich ja eine Korrektur vornehmen. Schlimmstenfalls dauert die Sache etwas länger. Immerhin ist das der erste Versuch, ich muß Sie um Geduld bitten…«
      Er bückte sich und drückte auf den ersten Knopf. Die Lichter gingen sofort aus, der Apparat gab einen schwachen, hohen Ton von sich, wie ein Glasstäbchen, gegen das

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