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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Während er mich die Treppe hinaufgeleitete, knarrte er mit seiner blechernen Stimme wie aufgezogen: »Pilger kömmen heutzutag in Scharen, o ja, in Scharen… Nirgends findest einen Großartigen, der nicht die Condensatores und Drähte Seiner Induktivität mit eigenen Blinkern besichtigen möcht… Hierher gestatten Euer Ehren, hier ein würdiges Appartamentum, bittschön, hier die Spielkemenate, dort das Gästezimmer… Gewiß sind Euer Wohlgeboren ermattet, der Staub knirscht in den Gelenken… Verstatten, bin im Nu mit dem Putzzeug zur Stell…«
      Er rasselte über die Treppe, und kaum hatte ich mich in dem dunklen, mit Eisenschränken und ebensolchem Bett möblierten Zimmer umgesehen, kehrte er mit einem Ölkännchen, einem Lappen und einer Flasche Sidol wieder. Nachdem er alles auf dem Tisch abgestellt hatte, sagte er leiser und ein wenig vertraulicher: »Sobald sich Euer Gnaden hergerichtet haben, bitt ich mit Verlaub, nach unten zu kommen… Für edlere Personen, wie Euer Gnaden, habe ich immer ein süßes kleines Geheimnis auf Lager… Eine Überraschung für muntere Späßchen…«
      Und er ging hinaus, mit seinen Photozellen linsend. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, ölte ich mich, putzte die Bleche mit Sidol und bemerkte, daß der Hotelier ein Blatt auf dem Tisch liegengelassen hatte, das an eine Menükarte erinnerte. Da ich genau wußte, daß die Roboter nichts essen, hielt ich sie mir erstaunt vor die Augen. »HOSPIZ II. Kat.« stand darüber.

    Leimerkind, Enthauptung…………8 Ferkl.
Dass. mit Schauder……………….10 Ferkl.
Dass. weinerlich………………….11 Ferkl.
    Dass. herzerweichend…………….14 Ferkl. Inventarium:
    Beilige Sodomie, Stück…………….6 Ferkl.
Munteres Hacken………………….8 Ferkl.
Dass. Kleinkalb……………………8 Ferkl.

      Ich begriff nichts davon, aber mir lief ein Schauer über den Rücken, als aus dem angrenzenden Zimmer ein Krachen von ungewöhnlicher Lautstärke zu mir drang, so als versuchte der nebenan wohnende Roboter, sein Quartier in lauter Stücke zu schlagen. Die Haare standen mir zu Berge. Das war zuviel. Vorsichtig, bemüht, nicht zu klirren und zu rasseln, floh ich aus dieser schrecklichen Spelunke auf die Straße. Erst als ich weit weg war, atmete ich auf. Was fang ich Unseliger bloß an? überlegte ich. In der Nähe einer Schar Roboter, die Sechsundsechzig spielten, blieb ich stehen, als kiebitzte ich eifrig. Vorläufig wußte ich eigentlich noch nichts über die Beschäftigung der Großartigen. Ich konnte mich erneut in die Reihen der Hellebardiere schleichen, aber davon versprach ich mir nicht viel, und die Chance, entlarvt zu werden, war keineswegs gering. Was tun?
      In Gedanken versunken, schritt ich vor mich hin, bis ich auf einer Bank einen Roboter erblickte, der seine alten Bleche in der Sonne wärmte und sich den Kopf mit einer Zeitung zugedeckt hatte. Auf der Titelseite war ein Gedicht abgedruckt, das mit den Worten begann: »Bin ein entarteter schmucker großartiger Schlucker.« Wie es weiterging, weiß ich nicht. Allmählich entspann sich zwischen uns ein Gespräch. Ich stellte mich als Ankömmling aus der benachbarten Stadt vor, aus Sadomasia. Der alte Roboter war überaus herzlich. Er bat mich sogleich in sein Haus. »Was wollen Euer Ehren sich erst lange in den Schenken herumschlagen und sich mit den Wirtsleut streiten. Verstatten Sie, Sie zu mir zu begleiten. Hab ein gastlich Haus, stets dero untertänigster Diener. Freude wird mit dero ehrenwerten Person in meine bescheidenen Kemenaten einziehen.«
      Was blieb mir übrig? Ich willigte ein, und es war mir sogar recht. Mein neuer Wirt bewohnte ein eigenes Haus, drei Straßen weiter. Er führte mich sogleich in sein Gästezimmer.
      »Bei der langen Reis mußt du maßlos viel Staub geschluckt haben, Herr«, sagte er.
      Wieder wurden mir ein Ölkännchen, Sidol und Lappen gereicht. Ich wußte schon, was er sagen würde, die Roboter waren eben doch unkomplizierte Wesen. Und in der Tat: »Sobald sich der Herr hergerichtet haben, bitt ich mit Verlaub ins Spielzimmer zu kommen«, sagte er, »wir wollen gemeinsam Kurzweil treiben…«
      Er schloß die Tür. Ich berührte weder das Ölkännchen noch die Flasche Sidol, überprüfte jedoch im Spiegel den Zustand meiner Verkleidung, schwärzte mir die Zähne und wollte gerade hinuntergehen, ein wenig unruhig angesichts der »Kurzweil«, die mich erwartete, als aus der Tiefe des Hauses lautes

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