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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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elektrischer Bacchantinnen, die er mit den kostbarsten Spulen und Röhren förmlich verwöhnte. Mein Wirt ereiferte sich jedoch nicht sonderlich, als ich den Poduxt erwähnte.
      »Junger Stahl, junger Strom«, sagte er gutmütig. »Er wird schon noch rostig werden, die Widerstände werden sich verkleinern, da wird auch das Hauptrohr weich…«
      Eine gewisse Großartige, die bei uns ziemlich selten zu Gast war, fand aus mir unerklärlichen Gründen Gefallen an mir und flüsterte mir einmal – ich weiß nicht mehr nach dem wievielten Becher Öl – zu: »Du gefällst mir. Willst du mich? Wir könnten verschwinden und uns bei mir zu Hause elektrisieren…«
      Ich tat, als habe ein plötzliches Funkensprühen der Kathode mich daran gehindert, ihre Worte zu verstehen.
      Das Familienleben meiner Wirtsleute war im allgemeinen einträchtig, aber einmal wurde ich unfreiwillig Zeuge eines Streits; die bessere Ehehälfte schrie ihren Mann an und wünschte ihm, er mö ge sich in Schrott verwandeln, doch der erwiderte darauf nichts – wie alle Ehemänner.
      Bei uns verkehrte auch häufig ein vielbeschäftigter Elektromeister, der die städtische Klinik leitete. Da er ab und an von seinen Patienten erzählte, erfuhr ich, daß die Roboter zuweilen auch wahnsinnig würden; die schlimmste Geistestrübung sei die Überzeugung, sie seien Menschen. Und obwohl er das nicht ausdrücklich sagte, konnte ich doch seinen Worten entnehmen, daß in letzter Zeit die Anzahl solcher Fälle erheblich zugenommen hatte.
      Diese Neuigkeiten übermittelte ich jedoch nicht zur Erde, einmal deshalb, weil sie mir ziemlich dürftig erschienen, zum anderen, weil ich wenig Lust verspürte, durch die Berge zu marschieren zu der weit draußen zurückgelassenen Rakete, in der sich der Sender befand. Eines Morgens, als ich gerade mit meinem Kalb fertig war (meine Wirtsleute lieferten mir jeden Abend eins in der Überzeugung, mir keine größere Freude bereiten zu können), wurde draußen gegen die Tür gedonnert, daß es durch das ganze Haus dröhnte. Meine Befürchtung war nur zu gerechtfertigt. Polizei war da, d. h. die Hellebardiere. Ich wurde ohne jede Erklärung vor den Augen meiner verdutzten Wirtsleute auf die Straße geführt. Man legte mir Fesseln an, steckte mich in einen Wagen und fuhr mit mir zum Gefängnis. Dort stand bereits eine feindlich gestimmte Menge vor dem Tor und stieß haßerfüllte Rufe aus. Ich wurde in eine Einzelzelle gesperrt. Als die Tür hinter mir zuschlug, setzte ich mich mit einem lauten Seufzer auf die Blechpritsche. Jetzt konnte mir das nicht mehr schaden. Eine Weile überlegte ich, in wie vielen Gefängnissen ich in den verschiedensten Gegenden der Milchstraße schon gesessen hatte, aber es gelang mir nicht, eine genaue Zahl zu bestimmen. Unter der Pritsche lag etwas. Es war eine Broschüre über das Entlarven von Leimern! Hatte man sie zum Spott dorthin gelegt, aus gemeiner Bosheit? Unwillkürlich schlug ich sie auf. In dem Abschnitt wurde darüber berichtet, wie sich der obere Teil des Leimerrumpfes im Zusammenhang mit dem sogenannten Atmen bewege, wie man feststellen könne, ob die Hand, die er reicht, teigig sei, und ob aus seiner Mundöffnung ein leichtes Lüftchen dringe. Ist der Leimer erregt – so schloß der Abschnitt –, dann scheidet er eine wässerige Flüssigkeit aus, hauptsächlich auf der Stirn.
      Das war ziemlich genau. Ich schied diese wässerige Flüssigkeit aus. Dem Anschein nach ist die Erkundung des Universums etwas eintönig, und zwar durch die bereits erwähnten Gefängnisaufenthalte auf den Gestirnen, Planeten, ja sogar Nebelflecken, da sie in gewissem Sinne eine untrennbare Etappe dieser Erkundungen bilden – aber noch nie war meine Lage so schwarz gewesen wie jetzt. Gegen Mittag brachte mir der Wärter einen Teller warmen Öls, in dem etwas Schrot für die Kugellager schwamm. Ich bat um etwas Verdaulicheres, da ich ja nun schon entlarvt war, er jedoch knirschte nur ironisch und ging wortlos hinaus.
      Ich trommelte gegen die Tür und verlangte einen Rechtsanwalt. Niemand antwortete. Gegen Abend, als ich das letzte Biskuitkrümel, das sich in meinem Panzer befand, verzehrt hatte, rasselte der Schlüssel im Schloß, und ein stämmiger Automat mit einer dicken Ledertasche trat in die Zelle.
      »Sei verdammt, Leimer!« sagte er und fügte hinzu: »Ich soll dein Verteidiger sein.«
      »Begrüßt du deine Mandanten immer auf diese Weise?« fragte ich und setzte

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