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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Freundes bügelte.
    »Wir haben da gewohnt«, flüsterte er.
    Vielleicht bügelte sie die Unterhosen nicht, sondern packte sie einfach nur so in den Schrank.
    »Dorian, die Adresse stimmt schon ewig nicht mehr, warum –«
    »Dann weiß ich es nicht«, unterbrach er sie. »Du bist doch Ermittlerin, finde es heraus.« Vielleicht bügelte ihr Freund seine Unterhosen selbst.
    »Willst du mir nicht helfen?« Er hörte sie Luft holen, als ob sie noch etwas hinzufügen wollte.
    »Kann ich nicht«, murmelte er. »Ich weiß nicht, wie ich helfen soll. Das ist die Adresse, die ich kenne.«
    »Schön«, sagte sie, und wieder kam es ihm vor, als suche sie nach Worten. Doch dann legte sie auf, und er stand noch eine ganze Weile da, mit dem Hörer in der Hand.
     
    Was hatte sie gesagt, wir sind erst am Anfang? Blöder Satz, natürlich waren sie am Anfang, es war ja gerade erst passiert. Doch daß in jedem Ende immer ein Anfang lag, hatte sie wohl nicht damit gemeint.
    Er blätterte die Zeitung durch, bis er Heike Petersens Klatschkolumne fand, die sich mit dem Leben wichtiger Leute befaßte, dann wählte er erneut. Die Stimme der Reporterin klang nach Nikotin; im Hintergrund hörte man ein Faxgerät summen.
    »Ich hätte eine Meldung«, sagte er. Heike Petersens Telefonnummer stand über der Kolumne, also legte sie Wert darauf, daß Leute ihr Mitteilungen machten.
    Die Reporterin hustete, räusperte sich und sagte: »Aha.« Auch ihr Foto war in jeder Ausgabe zu sehen, eine löwenmähnige Matrone mit giftgrüner Brille.
    »Es geht um die Sängerin Katja Kammer.« Mit dem Bleistift malte er Kreise um Heike Petersens Namen. »Sie hat ihren Sohn verloren. Sie hatte zwei Söhne, und einer ist ermordet worden. Robin.«
    Die Reporterin sagte nur: »Wat?« Vielleicht war das kein Faxgerät, das im Hintergrund lärmte. Konnte auch ein Drucker sein.
    »Wer sind Sie denn?« fragte sie.
    »Möchten Sie das nicht bringen?« Jetzt malte er eine Acht über Heike Petersens Namen.
    »Sagen Sie mal« – Husten, Räuspern – »von wat reden Sie eigentlich?« Da sie einen starken rheinischen Tonfall hatte, hörte es sich wie reden Se eijentlisch an.
    »Von der Sängerin Katja Kammer.«
    »Jibt et die noch, ach Gott, hören Se mal, da will von meinen Leuten doch keiner mehr wat von lesen, ich meine, da müssen Se mir schon –« Sie schnappte nach Luft. »Wat heißt ermordet? Wer jetzt?«
    »Ihr Sohn lag auf dem Südfriedhof und zwar –«
    » Wo? «Im Hintergrund gab es ein schepperndes Geräusch, vielleicht hatte sie ihre Tasse auf den Unterteller geknallt. Sie hustete fünf Sekunden lang und sagte: »Hören Se mal, veräppeln kann ich mich alleine. Also noch mal alles auf Anfang.«
    »Nein.« Er legte auf und beugte sich über den Tisch, um Heike Petersens Namen in der Zeitung durchzustreichen. Das war nicht in Ordnung. Sie konnte nicht um Anrufe betteln und sich dann so anstellen, als wüßte sie nicht, was ihre Bestimmung war. Das war nicht gut. »Nein«, murmelte er, »nein, sei still.« Er warf den Kopf hin und her und drückte das Kreuz durch, denn alles tat weh, weil Robin so strampelte und keifte, und der ganze Schmerz fing im Nacken an. Was keifte er denn da, was war das für ein dummes Zeug, guck hin? J Gettoblaster a , er schrie »GUCK HIN«, der Depp; »NEIN«, schrie Dorian zurück, »SCHEISSE, ROBBI, HALT’S MAUL.«

[ 6 ]
    Der Kollege Gessner von der Sitte, erzählte Kissel im Wagen, konnte sich an Robin Kammer nicht erinnern. Ein Besuch war nicht verzeichnet, noch nicht einmal ein Telefongespräch.
    »Dann hat er’s vorgehabt«, sagte Ina. »Wer sich schon die Zimmernummer notiert, plant doch auch hinzugehen. Paß auf, der sollte da nicht hin.« Sie fuhren ans Ende der Stadt, in ein stilles Viertel voller unscheinbarer Einfamilienhäuser, hinter deren Fenstern sich Gardinen bewegten.
    Hier wohnten die Tillmanns, ein Ehepaar um die fünfzig. »Der war doch erst achtzehn«, sagte Regine Tillmann, worauf Kissel fragte, welches Alter denn das richtige sei. Vor über einem Jahr sei Robin ausgezogen, erzählte sie, und habe nicht sagen wollen, was er tue und wo er wohne. Er schubste sie quer durch die Küche, als sie seine Adresse wissen wollte, was der Dank für all die Jahre war.
    »Wir sind nicht die leiblichen Eltern.« Klaus Tillmann nahm ein Glas vom Tisch, aus dem er nicht trank. Seine Hand zitterte. Seine Anzughose und sein weißes Hemd bildeten einen merkwürdigen Kontrast zu dem alten Jogginganzug seiner Frau. »Er hat ja

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