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Sterntaucher

Sterntaucher

Titel: Sterntaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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gemacht hatte. Was passierte mit Robin, wenn er in eine Schlägerei geriet? Tat ihm das weh? Letztlich war es die Frage nach der Zecke und dem Wirt. Die Zecke, die am Wirt, am Menschen klebte, hatte keinen Lebenssaft mehr, wenn der Wirt ihr starb.
    »NEIN«, schrie er und spürte, wie ihm die Tränen kamen, die er die ganze Zeit hatte zurückhalten können. Niemand wußte, wie es war, keiner konnte helfen. Nichts wußten sie und belästigten ihn in einer Tour, die Henkel, Kissel, Nicole und diese Asozialen hier. »NEIN«, schrie er erneut und legte seine Hände schützend auf die Brust.
    Eine Weile war es still, bis er Nicole husten hörte. »Tja, also, Sie wissen Bescheid«, murmelte sie. »Dann gehen wir jetzt und nehmen den Kühlschrank – das heißt, nein. Wir nehmen –« Sie schien zu überlegen, stand in diesem dunklen Flur wie in der Kleinmarkthalle, na, was nehmen wir denn? »Den Fernseher -ja.« Sie hustete erneut. »Nimm ihn hoch«, sagte sie zu Dorian, und ihre Stimme klang mürrisch und rauh.
    »Was war das jetzt«, hörte er den besoffenen Mann zu seiner besoffenen Frau sagen, als er mit dem Fernseher zur Treppe ging. »Den sollten se mal besser wirklich umschulen.«
    Er zählte. Durch sieben Straßen fuhren sie, bis Nicole endlich etwas sagte. Sie hatte darauf bestanden, selber zu fahren, und jetzt, vor einer roten Ampel, legte sie die Hände in den Schoß und sagte: »Dorian, so geht das nicht.«
    »Ich fühl mich nicht gut«, murmelte er.
    »Ich weiß. Darum solltest du dir auch Urlaub nehmen. Es ist ganz natürlich, daß du fertig bist nach dieser Geschichte, du mußt dich ausruhen.«
    »Die Tillmanns haben mich angerufen«, sagte er, ohne sich erinnern zu können, mit Nicole schon über sie gesprochen zu haben. »Sie sagen, wir müßten uns die Beerdigungskosten für Robin teilen. Sie tun so, als wäre das was ganz Besonderes, daß sie überhaupt die Hälfte zahlen.« Trotzdem war es schade um das schöne Geld, denn was sollten sie beerdigen, bloß eine Kiste, einen Sarg?
    »Was ist mit deiner Mutter?« fragte Nicole. »Ich meine, wegen der Kosten.«
    »Hat dich die Henkel beauftragt, mich auszufragen?« Er hörte, wie schroff seine Stimme klang.
    »Nein«, sagte sie nur, und als er sie ansah, gefielen ihm ihre grünen Augen, ihr dunkelrotes Haar und diese Superfigur unter der Uniform noch immer, auch wenn sie jetzt anfing zu nerven. Alle Frauen nervten, weil sie dauernd Fragen stellten, wie viele Mädchen hatten ihn schon gefragt, was ist, wenn er schwieg? Was ist, was ist? Er würde sterben müssen, das war, aber das begriffen sie ja nicht, denn kein Mensch begriff den Tod. Er mußte sterben, weil er so nicht weiterleben konnte – andere vergruben ihre Toten, er schleppte einen mit sich herum. Gestern nacht war er mit einem Mädchen zusammengewesen, um Robin nicht länger zu spüren, das half aber nicht. Sie hatte sich an ihn geklammert und seine Augen gesucht, hatte lachend gefragt: Was ist? Nicole konnte schweigen, das hatte er an ihr geliebt, doch jetzt fing auch sie mit dem Fragen an.
    »Meine Mutter wird uns das Geld zurückgeben«, sagte er. »Jetzt strecken wir es halt vor.«
    »Aha«, sagte sie, was so merkwürdig klang, daß er sie schlagen wollte.
    »Ihr geht ja bloß von eurem kleinen Leben aus«, sagte er ruhig. »Ich meine, du als kleine Polizistin oder auch die Henkel als KOK, was ist das schon, das ist ziemlich weit unten.«
    »Gut, wir haben keine Ahnung«, sagte Nicole. »Von was bitte?«
    Er lachte. »Leute, die oben sind, die könnt ihr nicht begreifen. Ich meine nicht Leute mit Macht, ich meine Künstler, Menschen, die was Besonderes sind. Die lassen euch kleine Geister weit hinter sich.«
    »Menschen wie deine Mutter?« fragte Nicole.
    »Ja«, sagte er. »Genau.« Er wartete auf ihren nächsten Satz, von dem er ahnte, daß es eine Gehässigkeit werden würde, doch schwieg sie eine Weile, um dann ruhig zu sagen: »Wir haben einen ziemlich niedrigen Luftdruck.«
    »Ich bin nicht wetterfühlig.« Er lächelte, dankbar, daß sie nicht streiten wollte. Nein, hatte Nicole Mewes erst ihr Lieblingsthema am Wickel, dann stritt sie nie.
    »Hast du heut nacht den Regen gehört?« fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hatte Watte im Ohr, ich will nachts nichts hören.«
    »Hast du laute Nachbarn?«
    »Ja.« Er kicherte. »Ja, ja, einen ganz lauten.« Er sah, wie sie die Nase kraus zog.
    »Zehn Millimeter Niederschlag«, sagte sie düster.
    »Was bedeutet das? Die messen doch

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