Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
exzessiven Verschuldung beruhten. Denn bei Offshore-Banken ist die Fremdfinanzierung in der Regel hoch. Sie sind somit im Ernstfall weniger liquide als Onshore-Banken. So riss 1998 beispielsweise der Zusammenbruch des Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) , eine klassische Offshore-Struktur, mit seiner Milliardenpleite das US-Bankensystem fast in den Abgrund. Der Fonds mit Managementsitz im US-Bundesstaat Connecticut war in Delaware registriert und verwaltete seine Unterfonds auf den Cayman Islands.
LCTM war ein erster Fingerzeig, dass im sogenannten Schattenbankensystem eine Finanzkrise keimte. Ein riesiger Finanzbereich, in dem sich Zweckgesellschaften (Schattenbanken) tummeln, die sich Geld leihen, um es gewinnbringend weiterzuverleihen. Bei den Schattenbanken handelt es sich vorrangig um Hedgefonds, Geldmarktfonds und Zweckgesellschaften. Das Finanzvolumen der Schattenbanken hat sich zwischen 2002 und 2011 auf 60 Billionen Euro nahezu verdreifacht. Und die seit der Finanzkrise schärfere Überwachung von „normalen“ Banken bietet zusätzliche Anreize für die Finanzwirtschaft, Geschäfte in den kaum regulierten Schattenbankensektor zu verlagern. Dort werden – ohne große Aufsicht – Risiken aufgebaut, die das gesamte Finanzsystem gefährden.
Eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich aus dem Jahr 2008 zeigt auf, wo die Schattenbanken sitzen: „Die häufigsten Gebietskörperschaften für das US-Verbriefungsgeschäft sind die Cayman Islands und Delaware. Für europäische Verbriefungen sind es Irland, Luxemburg, die Channel Islands und Großbritannien (City of London).“ Jedes einzelne dieser Offshore-Zentren ist eine bedeutende Verdunklungsoase, die ein einfaches Geschäftsmodell anwendet: Sie fragt die Finanzinstitutionen, was sie genau an Rahmenbedingungen für neue Finanzprodukte braucht, und erlässt dann die entsprechenden Gesetze.
Das International Financial Services Centre (IFSC) in Dublin, Irland, ist ein Paradebeispiel für den hochriskanten Wildwest-Finanzkapitalismus. Das IFSC beheimatete bei Ausbruch der Finanzkrise mehr als die Hälfte der 50 größten Finanzinstitutionen der Welt und wurde zu einem wichtigen Akteur im Schattenbankensystem. Über 8.000 Fonds mit Vermögenswerten von knapp zwei Billionen Dollar waren hier 2007/2008 untergebracht. Nicht nur Banken wie Bear Stearns aus den USA waren im IFSC mit Fonds vertreten, auch deutsche Banken, die in der Finanzkrise in Schieflage gerieten, hatten Vermögenswerte in Dublin. Darunter die IKB , die vom deutschen Staat Finanzhilfen in Höhe von 7,8 Milliarden Euro benötigte oder die Hypo Real Estate , die mit 102 Milliarden Euro vom Staat gerettet werden musste. Grund für die Schieflage war die vorangegangene Übernahme der Depfa Bank , die in Irland registriert und im Dubliner IFSC angesiedelt war.
Die Anhäufung von Schulden in der Weltwirtschaft hat weitere Wurzeln in der Offshore-Zone: 2009 veröffentlichte der IWF einen Bericht, der aufzeigt, wie Offshore-Zentren, im Zusammenspiel mit den Verzerrungen in den Steuersystemen der Onshore-Zone, die globale Schuldenmaschine antreiben, indem sie Unternehmen zur Kreditaufnahme anstiften, statt sich über Eigenkapital zu finanzieren. Ein Unternehmen borgt sich Geld in einem Offshore-Gebiet und bezahlt den Zins auf den Kredit zurück an die Offshore-Finanzierungsgesellschaft. Dann wendet es den Trick des „Transfer Pricing“ an: Der Gewinn liegt offshore, wo er steuerfrei ist. Die Kosten (Zinszahlungen) werden onshore abgewickelt, dort werden sie von der Steuer abgezogen. Dieser Kniff ist ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells von Private-Equity-Firmen: Sie kaufen ein Unternehmen, stutzen die Steuerrechnung, indem sie es mit Schulden vollladen, und treiben die Rendite in die Höhe.
Fremdfinanzierte Übernahmen (Leveraged Buyouts), die immer Offshore-Fremdkapital mit einschließen, kamen vor der Finanzkrise gehäuft vor. Die Summe, die Private-Equity-Fonds auftrieben, wuchs von 2003 bis 2007 um mehr als das Sechsfache auf 300 Milliarden Dollar. Viele rentable Unternehmen sind in den letzten Jahren als Folge übermäßiger Verschuldung via Offshore-Zentren zugrunde gegangen. Mehr als die Hälfte der Gesellschaften, die 2007 ihren Schuldendienst einstellen mussten, waren im Besitz von Private-Equity-Firmen.
Wie Unternehmen waren Banken vor der Finanzkrise besonders geschickt darin, ihr Wachstum mithilfe von Steuerparadiesen anzuheizen: indem sie sich vor
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