Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank
schmerzlos.
Oder sollte ich es ein allerletztes Mal versuchen? Ich entschied mich für diese Variante. Umbringen konnte ich mich später ja immer noch.
FETT WEG!
ODER: WO ZU FERNSEHEN GUT SEIN KANN
Gewicht: 95 Kilo
Gefühlslage: Kann ich mein Leben mal kurz speichern
und was ausprobieren?
Als ich an diesem Abend nach dem »Bank-Eklat« frustriert und tatsächlich zum ersten Mal seit Langem ohne eine Tüte Chips im Bett saß, suchte ich im Internet zum millionsten Mal nach einer Lösung für mein »Fettdebakel«. In einem der zahlreichen Abnehmforen wurde ich auf einen Eintrag aufmerksam. Das ZDF suchte Protagonisten für eine Abnehmdoku mit dem vielversprechenden Titel Fett weg! . Mehr Informationen gab es dazu nicht. Das reichte aber eigentlich auch, denn es klang gut.
Ich ignorierte meine Abneigung gegen die mediale Bloßstellung dicker Leute im deutschen Fernsehen und bewarb mich sofort mit einer sehr persönlichen E-Mail, die mehr ein Hilfeschrei als eine Bewerbung war. Dann passierte erst einmal nichts. Tagelang schaute ich stündlich in meinen E-Mail-Account, um zu sehen, ob schon jemand geantwortet hatte. Nach einer Woche gab es immer noch keine Rückmeldung. Erneut ergriff ich die Initiative und forschte im Netz nach der Autorin dieses Aufrufs. Tatsächlich fand ich ihre Telefonnummer heraus und rief sie direkt an. Ich hatte ja nichts zu verlieren – außer Pfunde. Schamgefühl und Stolz waren mir irgendwann während der letzten dreißig Diäten abhandengekommen. Oder sie versteckten sich in der Speisekammer, zusammen mit meinem Selbstwertgefühl.
Tatsächlich war meine Nachricht im Spam gelandet. Fast hätte also ein überambitionierter Virenschutz über meine Zukunft entschieden. Doch meine Hartnäckigkeit sollte sich endlich einmal bezahlt machen. Bereits am nächsten Tag folgte ein Telefoninterview. Ich plapperte – wie immer – frei von der Leber weg und hatte danach eigentlich ein ganz gutes Gefühl. Dieses wurde mir durch zahlreiche Folgetelefonate auch bestätigt. Dennoch schien es mir langsam fast leichter zu sein, Deutschlands nächstes Supertalent zu werden (»Stevani Fuhlrott kann zehn Cheeseburger auf einmal verdrücken!«) als Protagonistin einer Fernsehdokumentation bei einem öffentlich-rechtlichen Sender.
Endlich kam es zu meinem ersten Casting, bei dem mich ein »kleines« Kamerateam zu Hause besuchte, um mich erneut zu befragen. (Kurzer Hinweis an dieser Stelle: Lassen Sie niemals ein Kamerateam in Ihre Wohnung, wenn Ihnen diese lieb ist!)
Nach Abzug der Mannschaft verdrehte Jan nur die Augen, gab mir einen dicken Kuss und sagte: »Süße, mach dir nichts draus, falls es nicht klappt. Du weißt ja, ich liebe dich so, wie du bist!«
Das war zwar sehr süß von ihm, half mir aber leider gar nicht weiter. Denn ich liebte mich nicht so, wie ich war.
Es dauerte noch sechs weitere Monate, bis endlich feststand, dass ich dabei war. Ich hatte es geschafft! Hurra! Ich konnte mein Glück kaum fassen. Worum es eigentlich genau ging, wusste ich zwar immer noch nicht (die vom Fernsehen stellten immer sehr viele Fragen und gaben nur beschränkt Auskunft), aber ehrlich gesagt war mir das auch egal. Zum ersten Mal seit Langem hatte ich das Gefühl, dass mir da wirklich jemand helfen wollte und auch konnte. Vielleicht deshalb, weil ich diesmal nichts bezahlen musste?
Mein erster Drehtag war am 7. Dezember 2009. Ich war furchtbar aufgeregt, schon allein wegen der Reise nach München. Zugegeben, ich war noch nicht oft geflogen und noch nie innerhalb Deutschlands. Das schien mir irgendwie absurd. Jan brachte mich noch zum Flughafen (ja, Paderborn hat einen eigenen Flughafen!), aber den Rest musste ich allein schaffen.
Eine Sache war mir von Anfang an klar: Diesmal würde ich mich nicht drücken können. Es würde keinen Schlendrian, keine Disziplinlosigkeit geben, keine Ausreden wegen eines trinkenden Vaters oder einer toten Oma. Diesmal konnte ich keinen gemeinen Exfreund oder ungerechten Arbeitgeber für mein Versagen verantwortlich machen. Mein Leben, meine Arbeit und mein Mann waren wunderbar. Diesmal lag es allein an mir – mit dem Vorteil, dass ich nicht wirklich allein war.
Kaum in München gelandet, wurde ich vom Produktionsleiter abgeholt. Dann ging es direkt zum Klinikum rechts der Isar in die Ambulanz für Ernährungsmedizin und da sofort zur Sache. Zuerst lernte ich Prof. Dr. Volker Schusdziarra kennen, Internist und Gastroenterologe an der Technischen Universität München und
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