Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank
Ich würde öffentlich im Fernsehen abnehmen – oder auch nicht. So oder so: Alle würden es sehen, nicht nur Mutti. Sollte ich scheitern, würde ich das diesmal nicht mehr klammheimlich tun können, versteckt bei Stolz und Schamgefühl in der Speisekammer. Diesmal würde es Zeugen geben. Ich wusste, dass dies meine letzte Chance war. Und ich hoffte, dass ich es mit genau diesem Druck vielleicht tatsächlich schaffen konnte.
Mein wunderbarer Mann stand mit Blumen und Katze (ich liebe meine Katze) am Flughafen, um mich abzuholen. Als er mich fragte, worauf ich noch Lust hätte, schlug ich zu seiner großen Verblüffung nicht wie sonst »Zum Italiener« oder »Zum Asia-Imbiss« vor, sondern stattdessen einen Spaziergang mit dem Hund.
Ich erzählte ganz aufgeregt vom Energiedichteprinzip des strengen, aber lieben Professors. Dass es sich diesmal eben nicht um eine Diät handelte, sondern um eine Ernährungsumstellung, bei der ich satt wurde und mir sogar mal Ausrutscher leisten durfte, die ich mit weniger kalorischen Speisen wieder ausgleichen konnte. Dass es zwei weitere mutige Männer gab, von denen sich einer vorgenommen hatte, mir das Kochen näherzubringen, und der andere, mich in Bewegung zu kriegen. Doch bevor ich Jan von der Ernährungsampel berichten konnte, schlug er vor, mit meinem Sportprogramm am besten noch in dieser Nacht zu beginnen. Und da sprach nun wirklich nichts dagegen.
In den nächsten Tagen und Wochen fing ich an, meine Ernährung zu durchleuchten und gemäß der Unterlagen und Informationen, die ich schon bekommen hatte, umzustellen. Dabei war es eine meiner Aufgaben, ein tägliches Ernährungsprotokoll zu führen, damit der Professor ganz genau sehen konnte, was ich so tagtäglich in mich hineinstopfte und was ich vielleicht besser nicht mehr zu mir nehmen sollte. In dem Protokoll hielt ich nicht nur fest, welche Lebensmittel und Getränke ich in welchen Mengen täglich zu mir nahm, sondern auch die Art der Zubereitung. Am Anfang nervte das zugegebenermaßen ziemlich. Ich hatte schon als Kind keine Hausaufgaben gemocht, leistete aber artig Folge.
Und das lohnte sich. Nach einer weiteren Analyse erklärte mir der Professor das Konzept noch einmal sehr ausführlich und anschaulich. Wichtig war zu verstehen, dass mich allein die Menge des Essens satt macht. Die Kalorien an sich sind völlig unerheblich. Stattdessen spielt die Energiedichte des Essens die entscheidende Rolle beim Abnehmen. Diese errechnet sich aus den Kilokalorien pro Gramm des Lebensmittels. Je höher die Energiedichte, desto mehr Kalorien werden bei gleicher Sättigung aufgenommen. Zu Deutsch: Statt an Schnitzel (hohe Energiedichte) kann ich mich auch an Obst und Gemüse (geringe Energiedichte) satt essen, wobei ich deutlich weniger Kalorien zu mir nehme. So weit nichts Neues.
Dennoch war das Energiedichteprinzip die Grundlage meiner Ernährungsumstellung. Und um die Energiedichte richtig einzuschätzen, musste ich nur die Kilokalorien pro Gramm der Lebensmittel berücksichtigen. Das heißt, die Menge, die ich bis dahin verzehrt hatte, konnte ich beibehalten. Ich musste also nicht hungern. Allerdings musste ich versuchen, vor allem solche Lebensmittel zu essen, die im niedrigeren energetischen Bereich lagen. Die aus dem höheren energetischen Bereich mussten dagegen gemieden beziehungsweise durch Lebensmittel aus dem niedrigeren Bereich ersetzt werden.
Das Prinzip der »Tauschgeschäfte« bestand also ganz einfach darin, kalorienreiche gegen kalorienarme Lebensmittel tauschen: lieber kalorienärmeren Schinken oder kalten Braten statt Salami oder Leberkäse. Igitt! Das mochte ich alles nicht! Oder eben Weiß- gegen Schwarzbrot. Besser Schokopudding statt reine Schokolade.
Aha! Da kamen wir der Sache schon näher. Denn Schokolade war mir sehr wichtig. Zum Glück musste ich sie auch nicht ganz weglassen, aber mich eben mäßigen. Kleine Sünden wie ein Stückchen Schokolade waren also – sehr zu meiner Erleichterung – nicht komplett tabu. Strenge Verbote, wie es sie bei den meisten Diäten gibt, führen nämlich direkt in den Teufelskreis des Verlangens, so der Professor! Daher empfiehlt er eine »flexible Kontrolle«. Das heißt, wenn man mal zu viel genascht hat, sollte man an anderer Stelle wieder Kalorien einsparen oder eine Stunde lang stramm spazieren gehen. Hauptsache, am Ende des Tages oder der Woche stimmt die Energiebilanz. Und die kann dank des Ernährungsprotokolls genau bestimmt werden.
Der Professor
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