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Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman

Titel: Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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preußischen Belangen konforme Citation des Zeitungsstoffes«. Daraufhin warben
     die Briten einen deutschen Strohmann – den ehemaligen preußischen Gesandten in London – an und versuchten unter seinem Namen,
     eine Genehmigung zu bekommen. Stieber deckte diese Hintergründe jedoch auf, bevor das britisch-deutsche Unternehmen seine
     Arbeit aufnehmen konnte.)
    Die Begeisterung des Hofes für Stiebers Geheimdienstnetz hielt sich in Grenzen. Deshalb mußten Bismarck und sein oberster
     Agent auf andere Finanzquellen zurückgreifen: Stieber rekrutierte in Berliner Gefängnissen die besten Falschmünzer und ließ
     sie im großen Stil österreichisches Geld drucken, mit dem Wien überschwemmt wurde. Stiebers Organisation hatte nun genug Mittel
     und konnte an die Anwerbung der Agenten gehen. Deren Arbeit ergab Alarmierendes: In Wien saßen Vertreter der süddeutschen,
     katholischen Mittelstaaten zusammen mit Österreichern am Entwurf eines »Staatenbundesunter österreichischer Führung«. Man wollte das protestantische Preußen ausbooten. Angesichts solch ziviler Pläne ließ Wien
     die militärische Aufrüstung schleifen. Auch bemühte man sich kaum um den Aufbau eines effektiven Geheimdienstes für den Kriegsfall,
     Gegenspionage war ein Freizeitvergnügen pensionierter Polizeibeamter.
    Stieber zog Bilanz: Österreich will Preußens Vormacht mit politischen Mitteln brechen, ist aber militärisch mehr als nachlässig.
     Preußen ist Wien (vor allem durch das neue Zündnadelgewehr) militärisch und geheimdienstlich weit überlegen.
    Nach der Lektüre von Stiebers Bericht bezeichnete Bismarck das Observationsgebiet als »einladende Idylle«. Stieber bekam den
     Auftrag zu einer Desinformationskampagne in der europäischen Presse, die das Ziel hatte, das friedfertige Land zu kriegerischen
     Handlungen zu provozieren und einen Keil zwischen Kaiser Franz Joseph und sein Volk zu treiben. Ein Angriffsplan Italiens
     gegen Österreich wurde fingiert, woraufhin die Wiener Regierung nervöse »Vorbeugungsmaßnahmen« ergriff. Weiterhin benutzte
     Stieber falsches Geld, um »den hunderttausenden Hitzköpfen tschechischer und slowakischer Minderheiten« einzuheizen, und in
     Ungarn stellte er eine »Freiheitslegion« aus Deserteuren der K.u. K.-Armee auf.

 
     
    7.   Die Bewährungsprobe: der Deutsche Krieg
     
    Am 14.   6.   1866 beantragte Österreich die Mobilmachung der Verbündeten gegen Preußen. Die deutschen Staaten mobilisierten 120   000   Soldaten, und Österreich schickte 250   000   Mann ins Feld, während auf der preußischen Seite nur 280   000   Mann standen. Allerdings war das preußische Heer unter Wilhelm I.von Grund auf reformiert worden, es war besser ausgebildet
     und mit der Technik des Zündnadelgewehrs den Vorderladern und der altertümlichen Stoßtaktik der Gegenseite überlegen.
    Angesichts der entsetzlichen Greuel auf dem Schlachtfeld bei Horitz erklärte selbst der kaltblütige Bismarck am 3.   Juli 1866 : »Krieg ist die Hölle, und wer ihn mit einem Federstriche auslöst, ein Teufel!« Es war auch der preußische Ministerpräsident,
     der den siegestrunkenen Militärs und dem zum äußersten entschlossenen König davon abriet, nach Wien zu marschieren und Österreich
     zu annektieren. Bismarckfürchtete eine Strafaktion aller deutschen Staaten gegen Preußen und ein Eingreifen Frankreichs, wenn die Machtausdehnung
     Preußens die europäische Balance zu sehr in Gefahr gebracht hätte. Andererseits aber scheint er damals schon Vorsorge getroffen
     zu haben, daß ihm später kein rachelüsternes, weil gedemütigtes Österreich in die Parade fahren würde, wenn er sich zu größeren
     europäischen Kriegen aufmachte. (Stieber bestätigte diese Vermutung Jahre später in seinen Aufzeichnungen zum deutsch-französischen
     Krieg.)
    Nach nur sechs Kriegswochen wurde am 23.   August 1866 in Prag ein milder Friede geschlossen. Bismarck hatte Österreich als Präsidialmacht verdrängt, ohne Österreich zu zerstören.
     Stieber, der wie immer bei größeren preußischen Kriegsabenteuern mit von der Partie und als Chef der Feldgendarmerie für den
     Schutz der königlichen Hoheiten und des Ministerpräsidenten verantwortlich war, wurde vom liberalen Kronprinzen beauftragt,
     die heimkehrenden Truppen genau zu visitieren, damit keine Kriegsbeute aus Österreich herausgeschleppt wurde – so sehr war
     man daran interessiert, für zukünftige Zeiten einen artigen Nebenbuhler zu haben.
    Auch wenn

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