Stiefbruder - Liebe meines Lebens
bereits plante, wie er seinen Gegner langsam und in endloser Geduld zerlegte. Dafür würde er, das hatte er schon oft in Streitigkeiten mit Nachbarn bewiesen, auch die feinen, lästigen und nicht mehr wegzukriegenden Stacheln der Bürokratie nutzen. Er musste also keine weiteren Drohungen ausstoßen, um meinen Bruder dazu zu kriegen, dass er stehenblieb. Ich krachte voll in ihn hinein.
„Was ist? Warum bleibst du stehen?“, fragte ich panisch.
„Das ist keine gute Idee“, meinte Jakob eingeschüchtert. Das gefiel mir gar nicht. Die Flucht war für mich praktisch beschlossene Sache.
„Lass uns abhauen! Er kommt!“, drängte ich gehetzt, als wäre mein Vater ein Zombie, der es auf unsere Gehirne abgesehen hatte.
„Wenn wir das jetzt durchziehen, setzt er alle Hebel in Bewegung, nur um uns fertigzumachen“, murmelte er mehr zu sich selbst und ließ plötzlich meine Hand los.
„Was soll das?“, brachte ich verzweifelt hervor und tastete nach seinen Fingern – er wich aus.
„Du musst hierbleiben. Wenn du jetzt mit mir kommst, holt er dich trotzdem – ob du willst oder nicht, – immerhin bist du
sein
Sohn, und wir sehen uns nie wieder. Du weißt ja, wie er ist – wenn er es darauf anlegt ist er dazu imstande und hetzt uns sowohl die Polizei als auch die Anwälte auf den Hals.“
Er hatte recht, aber ich wollte nicht, dass er recht hatte. Warum musste er bloß so vernünftig sein? In diesen Minuten hätte ich liebend gern für ein paar Tage wilde Flucht die ganze Zukunft aufs Spiel gesetzt.
„Geh zu ihm“, bat Jakob in einem sanften, leisen Ton, und nur
er
war in der Lage, so etwas von mir zu verlangen.
„Nur unter Protest“, schnaubte ich beleidigt.
„Na, dann schlag dein Lager auf,
kleiner Rebell
, weitere Kontaktaufnahme folgt per Funk.“ Er machte eine alberne Geste und lächelte aufmunternd. Wie sehr liebte ich ihn dafür, und wie sehr hasste ich ihn zugleich. Ich zwang mich zu einem kooperativen Grinsen, drehte mich um und schlurfte zu meinem Vater zurück.
Als ich mich umdrehte, war Jakob bereits verschwunden.
Ein geiles Kompliment [1999]
Wie jeden Morgen, nachdem mein Vater und mein Bruder die Wohnung verlassen hatten, zählte ich bis dreihundert und sprang dann mit einer Erektion aus dem Bett, um über den dunklen Flur zum Zimmer meines Bruders zu schleichen. Sachte öffnete ich die Tür und schloss sie ebenso leise wieder hinter mir. Wie in den vergangenen Wochen streunte ich durch den Raum und ließ meine Finger über all die Dinge streichen, die Jakob berührt hatte, oder die ihm gehörten. Auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch lag eins seiner bereits getragenen, schwarzen Shirts. Sachte, wie einen besonders kostbaren Gegenstand, hob ich es an meine Nase und drückte mein Gesicht hinein. Das war das letzte Mal, dass ich die Gelegenheit hatte mich hier umzusehen, in das Leben meines Bruders zu tauchen.
Heute war sein letzter Arbeitstag, nach dem Wochenende würde er wieder heim fahren. Der Gedanke zerriss mir das Herz. Deswegen gab ich seit zwei Tagen nur noch einsilbige Antworten, blieb wortkarg. Die Zeit, die mein Bruder hier verbrachte, war viel zu schnell vergangen und vor lauter Arbeit hatten wir wenig davon nutzen können. Diesen allerletzten erotischen Morgen wollte ich zelebrieren, ihn ausdehnen, am liebsten über den gesamten Vormittag hin.
Langsam schob ich meine Shorts runter, und meine Erektion sprang sofort befreit hoch, hungrig nach Erlösung. Mit geschlossenen Augen ließ ich das schwarze Shirt, das so wunderbar nach ihm duftete, über meinen Bauch wandern, meine Brust, meinen Hals, streichelte damit mein Kinn und stellte mir vor, es wären seine Hände, seine Finger, seine Lippen, die mich berührten. Nun, da ich allein war, hielt ich auch die Tränen nicht länger zurück, sie kullerten ungebremst aus meinen Augenwinkeln und sammelten sich am Kinn.
Jakobs Shirt auf meinem Gesicht, warf ich den Kopf in den Nacken und ließ mich gehen, stöhnte hemmungslos und mit weit geöffnetem Mund. Mit beiden Händen streichelte ich über meinen Brustkorb, den Bauch, und während ich eine Hand um den Penis schloss, ließ ich die andere zu den Brustwarzen gleiten. Mal kratzte ich darüber, mal kniff ich sie, stellte mir vor, Jakob sauge und knabbere an ihnen. Mit der anderen Hand fuhr ich über mein steifes Glied, tippte an die Spitze, verteilte den Lusttropfen auf der Eichel. Ich kam so richtig in Fahrt.
„Clemens? Was machst du hier?“, drang auf einmal Jakobs Stimme
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