Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
Vom Netzwerk:
etwas vorgemacht. Die Fahrt hierher hat mir das klargemacht.«
    »Das ist gut, Tom, es verlangt ja auch niemand von dir, auf all das zu verzichten. Aber es nützt keinem etwas, wenn du dich jetzt ans Messer lieferst. Der Kerl will dich. Und er benutzt deine Ängste, um dich weichzukochen. Lass das nicht zu.«
    Tom raufte sich die Haare. »Aber ich muss doch irgendetwas tun, verdammt! Ich kann doch nicht …«
    Er fuhr erschrocken zusammen, als das Handy in seiner Hand zu vibrieren begann und die Melodie von Mamma Mia erklang. Das Display zeigte einen unbekannten Anrufer. Unsicher sah er Fanta an.
    »Geh nicht ran.«
    »Was ist, wenn es Karins Eltern sind? Die Nummer ist bestimmt auf ihrem Display.«
    »Es könnte genauso gut die Polizei sein. Die wissen inzwischen vermutlich, dass du deiner Seelentussi das Handy geklaut hast.«
    Ein paar unentschlossene Sekunden starrte Tom das Handy in seiner Hand an. Dann drückte er auf die Sprechtaste. »Ja?«
    »Sind Sie das, Herr Kessler?«
    Tom schloss die Augen, als er Kommissar Dorns Stimme erkannte. Fanta hatte mal wieder recht behalten. Doch das störte ihn nicht weiter. »Was wollen Sie?«, fragte er kühl.
    »Na ja, Sie haben hier ein ziemliches Chaos hinterlassen, Herr Kessler, und wie Sie sich bestimmt vorstellen können, habe ich deswegen einige Fragen an Sie.«
    »Ich versichere Ihnen, dass ich ebenso wenig eine Antwort darauf weiß wie Sie.«
    »Hm …« Eine kurze Pause. »Wissen Sie was, ich glaube Ihnen sogar.«
    Tom riss die Augen auf. »Ach … tatsächlich?«
    »Ja, deshalb wäre es sehr wichtig, dass ich persönlich mit Ihnen spreche. Ich möchte nicht, dass Sie noch mehr Dummheiten machen.«
    »Dafür ist jetzt keine Zeit.«
    »Hören Sie, Tom …«
    »Nein«, unterbrach er den Kommissar, »jetzt hören Sie mir zu. Es ist mir egal, was mit mir passiert. Ich verspreche Ihnen, ich tue alles, was Sie von mir verlangen, aber Sie müssen meine Familie beschützen.«
    »Nennen Sie mir auch einen Grund dafür?« Dorn klang überrascht.
    »Der Kerl, der das alles zu verantworten hat, ist hinter meiner Frau und meinem Sohn her.«
    »Und warum?«
    Tom überlegte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Ich denke, das wissen Sie, nicht wahr?« Er wartete gespannt. Schließlich fuhr er fort. »Er will sie benutzen, um an mich ranzukommen. Es ist Teil seines Spiels.«
    Noch immer Schweigen am anderen Ende der Leitung.
    »Herr Kommissar?«
    »Es tut mir leid«, sagte Dorn beklommen, »aber ich befürchte, der Kerl hat bereits erreicht, was er wollte.«
    Die kalten Fesseln der Angst schnürten sich fester um Toms Brust. »Was soll das heißen?«, keuchte er.
    Ein Seufzen drang aus dem Hörer. »Ihre Frau und Ihr Sohn sind heute Mittag von einem Einkauf nicht zurückgekehrt«, sagte der Kommissar. »Ihr Wagen wurde auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums gefunden. Eigentlich sind wir davon ausgegangen, dass die beiden bei Ihnen sind.«
    Ein Gefühl absoluter Hilflosigkeit nahm Tom den Atem. Sekundenlang starrte er ins Leere, bis ihm fast schwarz vor Augen wurde. Ein kurzes elektronisches Signal des Handys verhinderte schließlich gerade noch, dass er ohnmächtig wurde.
    »Tom, sind Sie noch da?«
    Er beendete das Gespräch und schaute verblüfft auf das Display, das den Eingang einer Kurznachricht meldete.
    »Weiß sonst noch jemand, dass du dieses Telefon hast, außer der Polizei und deiner Seelenklempnerin?«, fragte Fanta, der die ganze Zeit neben ihm gestanden hatte.
    Tom schüttelte stumm den Kopf. Wieder tat sich der schwarze Abgrund vor ihm auf. Mit zitterndem Finger drückte er auf die Wiedergabetaste, und die Mitteilung erschien auf der Anzeige:
    Ich habe jetzt endlich, was Dir gehört.
    Und Du weißt, wo Du sie finden kannst.
    Aber Du solltest dich beeilen, Tom,
    sonst fange ich an, mit ihnen zu spielen!
    46
    » NEEIN «, schrie Tom gellend und schleuderte das Handy mit voller Wucht gegen den Zaun, wo es in mehrere Teile zersprang. Wie von Sinnen sprang er den Zaun an, krallte sich an der Oberkante fest und zog sich mit aller Kraft daran hoch.
    »Tom!«, brüllte Fanta hinter ihm. »Was zum Teufel hast du vor?«
    Doch Tom hörte ihn nicht. Er stemmte sich hoch, wie er es vor dreizehn Jahren getan hatte, und sprang auf das Grundstück. Dann rannte er los, lief und lief, befand sich in einer Art Vakuum, das sämtliche Geräusche abschottete. Nur sein Atem keuchte im Takt seiner Schritte. Er rannte durch den Garten, durch den er als Kind gelaufen war, und zu

Weitere Kostenlose Bücher