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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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aufspürt.«
    Mark dachte kurz nach. »Dann sollten wir das mal in unserem Keller ausprobieren, da sind nämlich ganz viele.«
    Fast wie aus einem Mund fingen Tom und Karin an zu lachen.
    Sie fuhren von der Bundesstraße auf die Autobahn in Richtung Frankfurt. Karin schielte immer wieder auf die Papiere, die auf dem Boden des Wagens verstreut waren. Das Foto eines Mannes starrte zu ihr empor. Er hatte braunes, über der Stirn bereits deutlich lichtes Haar und ein längliches Gesicht, das durch einen Bart voller wirkte. Sein Lächeln schien aufrichtig und seriös.
    »Wer ist das?«, fragte sie schließlich und deutete auf das Bild.
    Tom zog den Ausdruck aus dem Blätterwirrwarr hervor. »Das ist Professor Dr. Peter Bartsch, 56 Jahre alt, Diplompsychologe und auf Hypnosetherapie und Traumdeutung spezialisiert«, las er den nebenstehenden Text vor. »Hört sich fast schon spirituell an, findest du nicht?«
    »Ich finde, er macht einen kompetenten Eindruck. Du solltest einfach mal mit ihm reden, vielleicht änderst du dann deine Meinung.«
    »Ja, vielleicht mache ich das sogar. Auf einen Arzt mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an.« Er warf das Blatt zurück zu den anderen. »Ich schaue das Ganze zuhause in Ruhe durch«, versprach er auf Karins argwöhnischen Blick hin. »Beim Lesen im Auto wird mir immer schlecht. Das war schon so, als ich noch ein Kind war.« Der Ausdruck in seinen braunen Augen wurde verträumt, als hätte er im Geiste ein Fenster geöffnet, durch das er zurückblicken konnte. »Komisch«, meinte er nach einiger Zeit, »an solche Kleinigkeiten erinnere ich mich noch.«
    »Der Rest kommt auch wieder«, sagte Karin zuversichtlich. »Dr. Westphal wird schon dafür sorgen, da bin ich ganz sicher. Du solltest ihr einfach mehr vertrauen.«
    Tom runzelte die Stirn. »Langsam könnte man wirklich meinen, ihr beiden macht gemeinsame Sache, was diese Hypnosegeschichte angeht. Ihr habt euch nicht zufällig gegen mich verschworen, oder?«
    »Jetzt redest du aber Unsinn«, wehrte sie lachend ab.
    »Na, ich weiß nicht. Ihr seid plötzlich ziemlich versessen darauf.«
    »Wahrscheinlich wollen wir beide nur das Beste für dich. Was ist daran verkehrt?«
    »Nichts«, sagte Tom. »Aber ich lasse mich nicht gern zu etwas drängen.«
    »Du hast Angst davor, nicht wahr?«, fragte Karin unvermittelt. »Angst vor dem, was dabei herauskommen könnte.«
    Tom schwieg. Die Frage müsste eigentlich lauten, wovor er keine Angst hatte. Das würde die Liste um einiges verkürzen. Aber ihm war tatsächlich nicht wohl bei dem Gedanken, sich wieder in diesen Keller zurückführen zu lassen. Noch dazu, wenn er dabei der Willkür eines Arztes ausgesetzt war, der ihn in Tiefschlaf versetzte und in seinen intimsten Gedanken herumkramte. Es gab nur eins, was er noch mehr hasste als Angst, und das war das hilflose Gefühl des Ausgeliefertseins.
    »Mach doch einfach mal einen unverbindlichen Termin mit diesem Dr. Bartsch, und lass dir das alles genau erklären«, schlug Karin vor.
    »Du tust es schon wieder.«
    »Ich will dich nicht drängen, Tom, ich will dir nur helfen.«
    »Ich habe doch gesagt, ich werde in Ruhe darüber nachdenken. Und dann werde ich eine Entscheidung treffen.«
    »Gut«, seufzte Karin, die an seiner energischen Stimmlage erkannte, dass dieses Thema für ihn beendet war.
    »Aber wo wir gerade bei Terminen sind«, legte Tom nach einer Weile nach. »Hast du letzte Woche meine Therapiesitzung abgesagt?«
    Entgeistert schaute sie zu ihm herüber. »Nein. Wie kommst du denn darauf?«
    »Weil es irgendjemand getan hat.«
    »Wann soll das gewesen sein?«
    »Tu bitte nicht so, als wüsstest du nicht, dass ich jeden zweiten Mittwoch bei ihr bin. Du fährst mich schließlich hin.«
    »Tom, ich war letzten Mittwoch den ganzen Tag als Betreuerin mit Marks Kindergarten unterwegs. Wir haben eine Wanderung im Wald gemacht und sind erst am frühen Nachmittag zurückgekommen.«
    Tom dachte angestrengt nach, doch er fand nichts, was auch nur einem Anhaltspunkt für das gleichkam, was Karin da behauptete.
    »Ja, Papa«, sagte Mark vom Rücksitz aus. »Wir waren bei dieser Hütte und haben Würstchen gegrillt. Ich hab dir doch auf der Kamera die Bilder gezeigt, die wir gemacht haben.«
    Immer noch nichts. Dieser Tag schien wie ausgelöscht zu sein. »Ja, richtig«, log er, um seinem Sohn gegenüber nicht den Eindruck zu erwecken, er habe völlig den Verstand verloren. »Dann hättest du mich also gar nicht in die Praxis

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