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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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glaubst, das macht dich zu etwas Besonderem?«
    »Nein, aber ich glaube, dass dich das nichts angeht und ich mich deshalb nicht vor dir rechtfertigen muss!«
    Trotz der unerklärlichen Anziehungskraft, die von diesem Mann ausging, gewann Toms Zorn mehr und mehr die Oberhand und verdrängte die angestaute Angst aus seinen Gliedern. Was bildete sich dieser Kerl eigentlich ein? Als wäre die Situation nicht schon peinlich genug für ihn, jetzt musste er sich auch noch mit diesem Klugscheißer herumärgern. Er wollte nur noch nach Hause, zurück zu seiner Familie, in den sicheren Schutz seiner gewohnten Umgebung. Wie hatte er sich nur zu dieser törichten Veranstaltung überreden lassen können?
    »Ich möchte, dass du jetzt gehst«, sagte er gereizt.
    Der Mann inspizierte übertrieben auffällig den Raum. Anschließend zuckte er ratlos die Schultern. »Ich sehe nirgendwo ein Schild, das mir den Aufenthalt hier verbietet«, entgegnete er unbeeindruckt. »Du wirst dich also mit meiner Anwesenheit abfinden müssen, es sei denn, du ziehst es vor, wieder da rauszugehen.«
    Das muss ein verdammter Alptraum sein, dachte Tom und spürte, wie die wachsende Wut ihn mutiger werden ließ. Sein Herz hatte sein Arbeitspensum wieder erhöht und hämmerte nun wild gegen seine Brust, versorgte seine angespannten Muskeln mit Sauerstoff. Alles in ihm war auf Konfrontation eingestellt, und zu seiner eigenen Überraschung war er tatsächlich entschlossen, sich mit diesem Kerl anzulegen.
    »Verschwinde endlich!«, schrie er, und seine Hände ballten sich drohend zu Fäusten. »Lass mich in Ruhe, kapiert?«
    Der Mann tat verblüfft. »Oder was?«, fragte er herausfordernd. »Willst du mich vollreihern oder dich auf dem Klo einschließen?«
    »Glaub mir, ich bin durchaus in der Lage, mit Kerlen wie dir fertigzuwerden!«
    »Tatsächlich?«
    »Überrascht dich das?«
    »Nein, ehrlich gesagt amüsiere ich mich prächtig.«
    »Was willst du von mir?«
    »Ich will, dass du da rausgehst und deinen Job machst!«
    »Und weshalb sollte ich das tun?«
    Blitzartig schnellte der Mann nach vorn und packte Tom an den Schultern. Er presste ihn gegen die kalte Wand, und sein entschlossener Blick bohrte sich in Toms Augen. »Weil du es den Leuten da draußen schuldig bist, die keine andere Wahl haben!«, schrie er ihm ins Gesicht.
    Tom war so überrascht von dem jähen Angriff, dass er kaum reagieren konnte. Die Medikamente beeinträchtigten sein Reaktionsvermögen nach wie vor. Doch trotz des Schocks blieb die übliche Panik aus, und das restliche Adrenalin in seinen Adern verwandelte sein Erstaunen in unbändigen Zorn, der nun aus ihm herausbrach. Wieder hörte er die altbekannten Stimmen in seinem Kopf. Doch sie schwirrten nur durch seine Wahrnehmung wie ein aufgescheuchter Vogelschwarm, und durch den milchigen Nebel, den die Tabletten über ihn gelegt hatten, konnte er ihre Botschaft nicht herausfiltern. Es blieben nur Stimmen, und er bildete sich ein, dass sie ihn anfeuerten, ihn bestärkten. Plötzlich glaubte er, etwas von jener furchtlosen Zielstrebigkeit zu verspüren, die ihn in seiner Kindheit angetrieben hatte und von der er sicher gewesen war, dass sie mitsamt seinen Erinnerungen in diesem Keller begraben lag.
    Beharrlich stemmte er seine Hände gegen Taubers Brust und stieß ihn mit aller Kraft, die sich in ihm angestaut hatte, von sich weg. Er fühlte die Hände des Mannes von seinen Schultern gleiten, sah, wie er einige Schritte zurücktaumelte und Mühe hatte, nicht lang hinzuschlagen. Energisch trat Tom auf ihn zu, bereit, jeden weitern Angriff abzuwehren. Seine Muskeln bebten vor Anspannung.
    »Nur um eines klarzustellen«, schrie er völlig außer sich. »Ich bin niemandem da draußen etwas schuldig, kapiert! Denn genau Typen wie dir habe ich das alles zu verdanken! Kranke Spinner, die sich einen Spaß daraus machen, andere zu quälen. Aber damit ist jetzt Schluss, ich lasse mich nicht länger von euch kaputt machen!« Drohend baute er sich vor Tauber auf, und seine Stimme überschlug sich vor Zorn. »Du willst den starken Mann markieren, ein bisschen Spaß haben? Nur zu! Ich schlage mich jeden Tag mit Todesängsten herum, da ist einer wie du mal eine harmlose Abwechslung!« Er rammte dem anderen die flache Hand gegen die Schulter und drängte ihn weiter in Richtung Tür. »Du und all die anderen da draußen, ihr könnt von mir aus in der Hölle verrotten, es wäre mir scheißegal! Sucht euch jemand anderen, den ihr fertigmachen könnt, bei

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