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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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unerklärliche Weise sehr zu diesem Kerl hingezogen fühlte. »Ich meine, arbeiten Sie für den Verlag?«
    »Nein, ich arbeite mehr in eigenem Interesse.« Mit festem Griff schüttelte der Fremde Tom die Hand.
    Und in diesem Moment verspürte Tom eine innere Wärme, wie er sie sonst nur im Kreis seiner Familie erlebte. Er hatte keine Ahnung, woher dieses unerwartete Gefühl kam, oder die seltsame Vertrautheit, die von diesem Mann ausging. Fast kam es ihm so vor, als begegne er nach langer Zeit einem alten Freund.
    »Tauber, Stefan Tauber«, stellte der Mann sich schließlich vor. »Meine Freunde nennen mich Fanta.« Damit zog er eine Visitenkarte aus der Brusttasche seiner Jacke.
    Noch immer völlig konfus nahm Tom die Karte entgegen und studierte sie. Darauf standen nur der Name und eine Handynummer. Und etwas, das seine Verwirrung nur noch steigerte. In bunter, verspielter Schrift stand dort:
    Freidenker
    &
    Überlebenskünstler
    Irritiert schüttelte er den Kopf. »Das soll wohl ein Scherz sein. Ich meine … Sie wollen mich auf den Arm nehmen, richtig?«
    »Keine Förmlichkeiten, Tom«, wehrte der Mann ab und hob energisch die Hand. »Immerhin hast du mir gerade dein Innerstes offenbart. Kann es einen intimeren Moment zwischen zwei Männern geben?«
    »Na schön … Stefan.« Toms Stimme gewann wieder an Kraft, und ihr war deutlich anzuhören, dass er diese Situation allmählich als einen grotesken Streich interpretierte. »Dann weißt du also, wer ich bin. Was willst du? Bist du von der Presse?«
    »Wenn ich das wäre, dann hätte ich meine Story längst und müsste nicht an einem Ort wie diesem hier Konversation mit dir machen.«
    »Also gut, worin genau liegt dann dein Interesse?«
    »Vielleicht bin ich einfach nur ein netter Kerl, der versucht, dir zu helfen. Wäre das so abwegig?«
    »In meiner Welt schon«, sagte Tom.
    »Du scheinst ja ziemlich misstrauisch zu sein, was andere Menschen angeht.«
    »Ich habe meine Gründe dafür.«
    »Sicher, da stimme ich dir zu.«
    »Ach ja?«, meinte Tom, den die ruhige und herablassende Art des Mannes langsam in Rage brachte. Noch nie hatte er für einen Menschen so zwiespältige Gefühle gehegt. Er hätte diesen Kerl am liebsten umarmt und ihm gleichzeitig dabei den Kopf abgerissen. »Hör zu, was immer du über mich zu wissen meinst, ich glaube kaum, dass es ausreicht, um meine Motive zu beurteilen.«
    Der Mann machte ein paar Schritte und lehnte sich lässig Tom gegenüber an die geflieste Wand. »Ich weiß nicht mehr über dich, als man im Internet erfahren kann. Aber ich erkenne Angst, wenn ich sie sehe. Und wenn ich die Reste der kleinen blauen Pillen da im Becken richtig deute, dann hat diese Angst bei dir ziemlich zwanghafte Formen angenommen.«
    Tom musterte sein Gegenüber misstrauisch. »Du siehst nicht gerade aus wie jemand, der das beurteilen kann.«
    »Tja, Alter, du wirkst auf mich im Moment auch nicht gerade wie ein erfolgreicher Schriftsteller«, entgegnete Stefan Tauber unbeeindruckt. »So viel in Sachen Äußerlichkeiten. Sagen wir einfach, ich habe auch so meine Erfahrungen auf dem Gebiet.«
    »Ach, wirklich?«, zischte Tom. »Na dann verstehst du ja sicher, dass ich jetzt lieber allein sein würde.«
    »Bist du das nicht längst?«, meinte der Mann, und seine blauen Augen schienen zu funkeln. »Angst isoliert. Und ich schätze mal, wenn deine kleinen pharmazeutischen Kumpel dort nicht wären, würdest du jetzt zuhause auf deiner Toilette kauern, weil schon der Gedanke, das Haus verlassen zu müssen, dir Panikattacken bescheren würde. Hab ich recht?«
    Tom schaute skeptisch auf die Karte in seiner Hand. »Komisch«, meinte er sachlich, »hier steht gar nichts davon, dass du auch Hellseher bist.«
    »Ich bin nur ein guter Fährtenleser. Und als solcher habe ich eine Menge Vorstellungskraft.« Wieder dieses Grinsen. »Hast du gewusst, dass Angstsymptome eine anerkannte Volkskrankheit sind? Sogar Kinder sind schon davon betroffen. Wachsender Druck, ständige Sorge um den Arbeitsplatz, Zukunftsängste … Das kann einen Menschen auf Dauer schon fertigmachen.«
    »Tja, dieses Problem musst du schon unserer Gesellschaft vorwerfen, nicht mir.«
    »Ich wollte dir damit auch nur klarmachen, dass du nicht der Einzige bist, der darunter leidet. Nur können sich die meisten anderen den Luxus nicht leisten, vor ihren Ängsten davonzulaufen.«
    »Glaub mir, meine Ängste sind auch nicht ganz so alltäglicher Natur wie die der meisten anderen.«
    »Und du

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