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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
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Reichert an der Tür. Sie trug Jeans und einen Pulli voller Farbflecken, darüber eine Schürze, deren Ende sie zweimal um ihren mageren Körper gewickelt hatte.
    »Macht es Ihnen was aus, die Schuhe auszuziehen?«
    Menschen haben selten so viel Angst vor Schmutz wie im Winter, dachte Katinka amüsiert, während sie sich an die Wand lehnte und ihre Boots wegkickte. Und am wenigsten regen sie sich darüber auf, dass andere mit ihren dreckigen Füßen durch ihre Gedanken latschen.
    »Nein. Keinesfalls. Arbeiten Sie von zu Hause aus?«
    »Ja.« Walli strich sich das dünne Haar zurück und steckte es mit einem Pinsel fest. »Kommen Sie rein. Ich war Kunsterzieherin an einem Gymnasium. Wer mit einem normalen Nervenkostüm ausgestattet ist, hält das nicht lange aus.«
    »Mit welchen Nervenkostümen sind die Lehrer ausgestattet, die durchhalten?«
    »Mit gar keinem. Sie geben es an der Garderobe ab. Ich arbeite jetzt als freiberufliche Künstlerin. Gebe einen Aquarellkurs an der VHS.«
    »Aquarell? Habe ich auch schon versucht«, flunkerte Katinka, »leider mit wenig Erfolg.«
    »Ja, das liegt nicht jedem. Mir auch nicht. Ich mag lieber Acrylfarben. Die riechen richtig nach Farbe und hinterlassen schöne Flecken.« Sie lachte und sah mit einem Mal nicht mehr so verhärmt aus. »Kommen Sie mit in die Küche. Was ist mit Rita? Ist sie endlich wieder aufgekreuzt?«
    »Eben nicht. Da Sie sie an dem Abend erwartet haben, dachte ich, ich frage mal nach.«
    »Sie sind Privatdetektivin«, stellte Walli fest. »Ist was passiert?« Ein angsterfüllter Ausdruck war in ihre Augen getreten. Sie wirkte sehr verwundbar.
    »Vermutlich nicht, aber ich habe den Auftrag, Rita Weiß aufzustöbern.«
    »Ja, bei uns sollte der Literatur- und Fresszirkel zusammentreten. Noch mal vor Weihnachten.«
    Weil gleich nach Weihnachten die Welt untergeht, dachte Katinka, während sie lächelnd sagte: »Interessant, dieser Zirkel. Worum geht’s da?«
    »Kaffee?« Walli machte sich an einer Maschine zu schaffen. »Wir alle haben an einem VHS-Kurs teilgenommen. Bei Rita. Wie man mit Literatur umgeht. Wir haben uns gut verstanden und sind als Clique zusammengeblieben.«
    Katinka sah sich in der Küche um. Eigentlich nur eine Küchenecke. Die frühere Wand zum Wohnzimmer war herausgebrochen. In der guten Stube stand eine Staffelei, auf dem Teppich war großzügig Zeitungspapier ausgelegt. Walli hatte begonnen, mit Weidenholz auf der Leinwand Konturen vorzuzeichnen.
    »Schön haben Sie es hier.«
    »Zum Wohnen ist es okay. Allerdings … ich träume von einem Atelier. Wo ich meine Sachen stehen lassen kann.«
    »Ist Ihr Lebensgefährte auch Künstler?«
    »Horst?« Walli lachte laut auf. »Der arbeitet bei der Sparkasse. Das glatte Gegenteil.«
    »Gegensätze ziehen sich an.«
    »Sagt man, ja.« Walli stellte mit Nachdruck zwei Becher auf den Tisch. »Milch? Zucker?«
    »Milch, sonst nichts.«
    Walli nahm die Milchtüte aus dem Kühlschrank. »Horst nimmt am Literaturkreis teil, weil … na ja, mir zuliebe. Ansonsten wäre er längst weggeblieben.«
    »Ist nicht die schlechteste Motivation, etwas aus Liebe zu tun.«
    »Nee.«
    »Ist das bei den anderen genauso?«
    »Es sind ja nicht ausschließlich Paare dabei. Auch Singles. Margot, Ivo … Eigentlich kommen die meisten, um zu quatschen. Manchmal reden wir gar nicht über das Buch, das Rita ausgesucht hat.«
    »Ach – allein Rita sucht die Lektüre aus?«
    »Sie kennt sich aus. Wir anderen schlagen ab und zu was vor. Aber wir schätzen Ritas Geschmack.«
    »Warum ist sie vorgestern Abend nicht gekommen?«, fragte Katinka.
    »Keinen Schimmer. Das Wetter war saumäßig, ich hätte es verstanden, wenn sie abgesagt hätte. Margot ist auch gar nicht erst losgefahren.«
    Die Wohnungstür ging auf.
    »Horst?«, rief Walli.
    Horst Broicher steckte den Kopf herein. »Walli – oh, guten Abend.«
    »Katinka Palfy«, stellte Katinka sich vor.
    »Sie ist hier wegen Rita«, erläuterte Walli.
    »Sind Sie von der Polizei?«
    »Warum sollte ich von der Polizei sein?«, fragte Katinka zurück.
    »Ich … ich meine nur. Was ist mit Rita?«
    »Horst, zieh dir die Stiefel aus«, mäkelte Walli.
    Horst stapfte in Socken ins Wohnzimmer und klaubte eine Fernbedienung vom Sofa. »Walli …«
    »Ich räume gleich alles weg.« Walli hörte sich ziemlich genervt an. Sie goss die Becher mit Kaffee voll. »Der Fernseher steht hinter der Leinwand. Es ist verdammt eng bei uns«, murmelte sie in Katinkas Richtung.
    »Hatte sie einen

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