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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
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Ivo gut mit Rita?«
    »Ich denke, er hat sich sogar Hoffnungen gemacht. Anfangs. So zwischen Mann und Frau. Bloß: Rita ist auf dieser Seite blind und taub. Seine Avancen hat sie gar nicht bemerkt.«
    »Und Ivo hat sich damit abgefunden?«
    »Was blieb ihm übrig? Sie kennen Rita nicht. Sie kann hart sein wie Granit.«
    »Wollen Sie sagen, sie hat Ivo verachtet?«
    Margots Augen wurden kreisrund vor Erstaunen.
    »Haben Sie einen Computer zu Hause?«
    »Ich … ja, aber … also … ich benutze ihn fast nie.«
    »Und dieser gemeinsame Ordner?«
    Margot sah Katinka verwundert an. »Was ist damit?«
    Sie hat die Texte nicht gelesen, dachte Katinka. Hundertprozentig nicht. Sie kann nicht lügen, aber vor allem kann sie nicht an sich halten, wenn ihr etwas gegen den Strich geht. Eigentlich ein positiver Charakterzug, den Rita nicht benannt hat. Weil sie an keinem ihrer Freunde, die sie angeblich so dermaßen bewundern, ein gutes Haar gelassen hat.
    »Benutzen Sie diesen Ordner nicht?«
    »Doch, schon. Ich lege die Rezepte rein, mit denen ich uns bekocht habe. Das macht ansonsten keiner, glaube ich.«
    »Das heißt, dass weder Sie noch die anderen Bücherfreunde sehr häufig nachsehen, ob es Aktualisierungen gibt?«
    »Ich achte da nicht drauf. Nicht regelmäßig.«
    »Und Sie hatten nun eine Ratte vor der Wohnungstür?«
    Margot beugte sich über den Tisch. »Ich nicht. Aber Susanne. Oder?«
    »Hat sie Sie angerufen?«
    »Hat sie nicht. Ich weiß es von Artur. Er regte sich ziemlich auf. Weil Susanne sich so gefürchtet hätte. Das könnte er nicht zulassen. Nein, wie ritterlich!«
    »Artur hat Sie angerufen?«
    »Er musste sich wohl mal auskotzen.«
    »Wer hat den Kadaver dort abgelegt?«
    »Ach, was weiß ich. Das klingt mir sehr nach einem schlechten Scherz!«
    »Bei Walli und Horst war auch eine.«
    Margot starrte Katinka mit schreckgeweiteten Augen an. »Aber das ist ja …«
    »Sieht aus wie eine kleine Verschwörung, nicht wahr?«
    Margots Hände zitterten. »Das ist verrückt. Einfach verrückt.«
    »Frau Scheinfelder, wenn Sie sich ihre letzten Treffen vor Augen führen: Gab es da einen Unterschied zwischen den Männern und den Frauen im Literaturzirkel?«
    »Wie meinen Sie …«
    »Haben sich die Männer anders verhalten als die Frauen?«
    Margot wurde blass. Die Hitze, die eben noch ihre Wangen in einem ungesunden Rot hatte leuchten lassen, sackte aus ihrem Gesicht. Ihre Antwort bestand nur noch aus einem Wispern. »Nein. Nein, haben sie nicht.«
    Katinka legte Geld auf den Tisch. »Das hier geht auf meine Rechnung.«
    Als sie durch den Schneematsch zurück zu ihrem Auto stapfte, dachte sie darüber nach, wie schlecht manche Menschen lügen konnten. Margot Scheinfelder wusste etwas über die unter der Oberfläche brodelnden Spannungen zwischen den Leseratten. Aber sie rückte damit nicht heraus. Noch nicht.
     
     
     
    21
     
    Margot Scheinfelder war noch nie in ihrem Leben so von Hass erfüllt gewesen. Sie bestellte ein Glas Merlot und starrte grimmig aus dem Fenster des Cafés, wo sich ihr Blick zwischen den dick eingemummelten Menschen verfing.
    Sie hatte sich tatsächlich Hoffnungen gemacht. Mittlerweile war sie zu Kompromissen aller Art bereit, wenn sie nur endlich nicht mehr als Single durch die Welt irren würde. Sie müsste nicht einmal heiraten – aber es musste einfach jemanden geben, den sie zu Treffen mit Freunden mitnehmen konnte, ins Kino, ins Theater. Zwar ging sie nicht oft ins Kino oder ins Theater. Genau genommen war sie schon seit zwei Jahren nicht mehr im Theater gewesen. Zum letzten Mal hatte sie mit ihrer Nichte an deren Geburtstag eine Kindermatinee in Nürnberg besucht.
    Es war so albern. Sie trank den Rotwein in großen Schlucken. Mit Ivo hätte es etwas werden können. Aber Ivo hatte sich nur für Rita interessiert. Hatte Margots Anrufe abgewimmelt oder gleich weggedrückt, wenn er ihre Nummer auf dem Display sah. Zwar tat er höflich, kehrte gute Manieren hervor, doch das war alles nur Oberfläche. Er machte sich einen feuchten Kehricht aus Margot, und das versuchte er immer weniger zu verschleiern. Seine Ablehnung tat ihr immer noch weh. Sogar jetzt, wo er tot war. Sein Desinteresse konnte sie ihm nicht verzeihen. Sie war einfach überzeugt, dass er mit ihr glücklich geworden wäre. Mit ihr hätte er das große Los gezogen. Margot wollte nicht verstehen, wie er an ihrer Stelle Rita bevorzugen konnte. Die rechthaberische Rita, die so maskulin, so auftrumpfend, so rücksichtslos

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