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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
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durchs Leben zog. Was konnte ein Mann wie Ivo an Rita finden? Margot lief eine Träne über die Wange. Ein Pärchen betrat das Café. Sie hielten Händchen. Lächerlich, dachte Margot. Sie sind mindestens 60, warum halten sie Händchen? Sofort schämte sie sich ihrer Verbitterung. Sie wollte niemandem Böses. Aber sie brauchte jemanden. Sie wollte so verzweifelt einen Mann fürs Leben, dass ihr nichts anderes übrigbleiben würde, als sich im Internet bei einer Partnerplattform zu registrieren. Das wäre die letzte Chance. Eigentlich eine Schande. Dieser einzige Strohhalm der Hoffnung besagte nichts anderes, als dass sie zu dumm, zu dick, zu ungeschickt war, um jemanden im richtigen Leben für sich zu interessieren.
    Margot bestellte noch ein Glas Merlot. Es kam nicht mehr darauf an.
     
     
     
    22
     
    »Videoüberwachung? Stellst du die coolste WG aller Zeiten ins Internet?«, juxte Hardo, als Katinka nach Hause kam.
    Sie berichtete kurz von den zwei manipulierten Schlössern.
    »Du machst Witze!« Hardo sah Katinka eher entgeistert als amüsiert an. Sie standen in seiner Küche, wo im Herd zwei Tiefkühlpizzen brutzelten.
    »Gustl hat mir drei prima Monitore in die Wohnung geschraubt. Wir sind jetzt gesichert wie der Kreml.«
    »Hast du dir schon einmal überlegt, ob diese Rita eventuell gar nicht gefunden werden will?«
    »Ist mir mehrmals durch den Kopf gegangen. Aber weshalb?«
    »Weil sie was ausgefressen hat?«, schlug Hardo vor.
    »Zum Beispiel. Eine besonders sympathische Zeitgenossin scheint sie nicht gerade zu sein. Sowohl Simone als auch Margot betonen ihre Egozentrik; Rita schert sich nicht um andere.«
    »Das allein ist nicht verboten.«
    »Sicher nicht. Allerdings wird es einem dadurch nicht leichter gemacht, solche Menschen zu mögen.«
    »Niemand muss gemocht werden.«
    Katinka berichtete Hardo von dem eigenartigen Text mit den Charakteristika der Gruppenmitglieder aus Sicht Ritas. »Mit so was macht man sich garantiert nicht beliebt!«
    »Hast du eine Vorstellung, warum sie den Text in den Online-Ordner gelegt hat?«, fragte Hardo nach ein paar Minuten Schweigen.
    »Nicht die geringste. Ich frage mich erstens, warum sie ihn geschrieben hat. Für sich selbst? Dann spinnt sie. Führt sich als Psychotante auf. Margot Scheinfelder bezeichnet Rita als Egomanin. Gibt eine Egomanin sich mit den Charakterzügen anderer ab?« Katinka sah Hardo an, der langsam den Kopf schüttelte. »Ich frage mich zweitens, warum sie das Zeug in den Online-Ordner gelegt hat. Aus Versehen? Das passt nicht zu der Rita, die mir alle beschreiben. Sie scheint niemand zu sein, dem solche Fehler unterlaufen. Warum also dann? Um zu provozieren?«
    »Das wäre immerhin möglich.« Hardo legte Besteck auf den Tisch. »Speziale oder Vier Jahreszeiten?«
    »Vier Jahreszeiten.«
    Er angelte die Pizza aus dem Ofen. »Komm, setz dich.«
    »Was bezweckt Rita mit dieser Provokation?«, nahm Katinka den Faden auf. »Bei ihren Schäfchen herrscht doch emotional eh schon völliges Chaos. Wieso enttäuscht sie sie so und zerstört das Vertrauen? Die Literaturfreunde bewundern Rita für ihren Scharfsinn, ihre Unabhängigkeit und so weiter. Dann werden sie weggebissen. Vom Objekt ihrer Bewunderung höchstselbst. Vielleicht ist Rita die Anbetung sogar lästig.«
    »Du glaubst, sie will mit dem Zirkel brechen und wählt den Weg, gehässige Texte über die Mitglieder herumzumailen?«
    Katinka zuckte die Achseln. Sie blickte in den Innenhof. Gerade kam einer von den Studenten heim. Sie konnte nicht erkennen, wer. Zu dunkel. »Wir brauchen eine hellere Leuchte unten«, murmelte sie und schnitt ein Stück Pizza ab. Hardos Bemerkung, dass niemand gemocht werden musste, rotierte in ihrem Kopf. Irgendein Gedanke wurde in Bewegung versetzt, aber sie vermochte ihn nicht zu greifen.
    Hardo goss ihr ein Bier ein und machte sich über seine Pizza her. »Möglicherweise besitzt Rita eine gesunde Selbsteinstellung. Einzelgängertypen, die sich nichts aus der Meinung anderer machen und ihren eigenen Stil durchdrücken, sind weniger anfällig für Frustration.« Hardo kaute krachend. »Wer zufrieden ist, wird weniger leicht kriminell. Außer im Affekt.«
    »Du willst mir jetzt nicht sagen, dass alle, die da draußen herumlaufen und auf Höflichkeit nicht scheißen, potenzielle Kriminelle sind?«
    »Doch!« Hardo grinste. »Im Grunde schon. Ich habe lediglich ein klein wenig übertrieben.«
    »Die Frage ist nicht, ob Rita ein Verbrechen begangen

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