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Still und starr ruht der Tod

Still und starr ruht der Tod

Titel: Still und starr ruht der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmoee
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Literatur- und Fresszirkel?«
    »Die Männer!« Walli warf die Arme in die Höhe. »Horst und Artur, naja, so viel haben die auch nicht gemeinsam. Mit Ivo schon gar nicht.«
    »Manche Männer sind schon froh, wenn sie überhaupt mal rauskommen«, musste Simone noch loswerden. »Die Qualität der Treffen interessiert sie dann nicht weiter.«
    Walli warf einen hasserfüllten Blick von Simone zu Katinka, drehte sich auf dem Absatz um und verließ die Wohnung. Die Tür krachte ins Schloss.
    »Himmelschimmel!« Katinka sank in einen Sessel.
    »Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan!« Simone schüttelte sich. »Vielleicht glauben Sie mir nicht, aber ich mache mir wirklich Sorgen um Rita. Wenn ich denke, dass sie Ivo erst nach einer halben Ewigkeit gefunden haben! Womöglich liegt sie hilflos irgendwo in der Kälte, und man könnte sie retten, wenn …«
    Katinka rieb sich das Gesicht. Die Psychogramme aus Ritas Feder kamen ihr völlig irre vor.
    »Besitzen Sie Outdoor-Kleidung?«, erkundigte sie sich.
    »Ich? Also … nein. Aber Rita hat massenweise Trekkingzeug. Wieso?«
    »Eine Jack Wolfskin-Jacke, zum Beispiel?«
    »Ach, die Marken kann ich nie auseinanderhalten.«
    Katinka winkte ab. Jeder Zweite lief zu dieser Jahreszeit mit Outdoorjacke und passenden Schuhen durch die Stadt. Das hatte nichts zu bedeuten.
    »Und Sie lagen die ganze Nacht schlaflos in Ihrem Bett?«
    Simone traten jetzt tatsächlich Tränen in die Augen. »Ich möchte am liebsten nach Hause fahren. Womit ich Aix meine. Mein Haus. Das ich verkaufen muss. Ich laufe den ganzen Tag durch Bamberg und frage mich, wo ich hingehöre. Was ich eigentlich hier will. Ich kenne keine Menschenseele mehr in Deutschland. Heute Morgen hatte ich das drängende Gefühl, ich muss mit jemandem reden.«
    »Da haben Sie ausgerechnet Walli angerufen?« Die Sie insgeheim verachten, fuhr Katinka im Stillen fort.
    »Ja. Vielleicht können Sie das nicht verstehen. Ich hatte … nachts … Sie wissen doch … also, wenn man wachliegt, dann dreht und wendet man alle Probleme, die man hat, und sie steigern sich ins Unermessliche, bis man gar nicht mehr schlafen kann. Ich wollte mit jemandem reden. Und gleichzeitig hatte ich dieses schreckliche Gefühl, dass die Bücherclique Rita in den Tod getrieben hat! Das hat sich in mir aufgestaut wie … ich kann es nicht beschreiben.«
    »Und Walli hat von der toten Ratte angefangen?«
    »Sie fiel mit der Tür ins Haus … ich verstand zuerst gar nicht, was sie hier wollte. Bei dem Wetter! Im Radio melden sie ständig, dass es auf den Autobahnen eng wird wegen des Schnees und des dichten Verkehrs vor Weihnachten. Aber seit ich diese Texte gelesen habe …« Verzweifelt rieb Simone sich die Wangen. »Das ist doch einfach seltsam. Warum hat Rita das geschrieben und an alle verteilt? Man schreibt solche Texte nicht versehentlich. Rita weiß doch genau: Was einmal in einem Rechner gespeichert war, ist nie mehr zu löschen. Nicht wirklich. Es bleiben immer Spuren.«
    »Ich schlage vor, wir löschen den Text aus der Dropbox«, sagte Katinka.
    »Nein. Das machen wir ganz sicher nicht«, widersprach Simone.
     
     
     
    19
     
    Horst Broicher war am Durchdrehen. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Eigentlich sollte es anders herum sein. Aber nun hing er am Haken.
    Er rief Artur auf der Arbeit an.
    »Spinnst du? Nicht hier!«, blaffte der.
    »Aber es gibt Veränderungen …«, begann Horst.
    »Ruf später an!«
    »Bei euch zu Hause? Das passt dir doch auch nicht. Weil Susanne was mitkriegen könnte.«
    »Willst du etwa, dass deine Tussi was merkt?«, gab Artur grob zurück.
    »Nein, aber …«
    »Ich melde mich später.«
    Das Gespräch war beendet, und Horst saß immer noch genauso ratlos an seinem Schreibtisch.
    Ivo war tot. Artur wollte nicht mit ihm reden. Er, Horst, passte nicht in diesen Freundeskreis. Das hatte wenig mit der Frage zu tun, ob er Literatur mochte. Früher hatte er eigentlich ganz gern gelesen. Nein, seine Außenseiterposition bestand darin, dass er keinen Mumm in den Knochen hatte. Er wäre nie auf so eine bescheuerte Idee gekommen wie Ivo.
    Und jetzt stand er ziemlich auf dem Schlauch.
    Rasch warf er einen Blick auf seinen Terminkalender. In zwanzig Minuten erwartete ihn ein Kundengespräch. Er durfte es nicht verpatzen. Die Sparkasse hofierte gerade diesen Kunden. Sein Chef brauchte den Mann. Es ging um eine große Summe. Eine sehr große Summe. Dagegen verblasste der Betrag, um den Horst sich Sorgen machte.
    Er würde

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