Still und starr ruht der Tod
hat.«
»Vermutlich hat sie das nicht. Aber es ist total mysteriös: zwei Verschwundene aus demselben Freundeskreis. Einer tot. Eine abgängig. Das alles vor dem Hintergrund der Zerwürfnisse, von denen du einige aufgedeckt hast.«
»Abgängig würde bedeuten …«
Hardo hob die Hand. »Keine Spitzfindigkeiten jetzt. Es ist absolut unwahrscheinlich, dass Rita Weiß einen Unfall hatte. Leistner hatte einen; ihn haben sie gefunden.«
»Also will sie nicht gefunden werden.«
»Und wie lautet das Motiv dafür, nicht gefunden werden zu wollen?«
Katinka zählte an den Fingern ab: »Sie hat die Nase voll. Sie hat sich mit Simone gestritten. Sie hat …« Entschieden schüttelte sie den Kopf. »Funktioniert nicht, Hardo. So, wie Rita gestrickt ist, jedenfalls, wenn man ihren Bekannten glaubt, würde sie Simone eher aus ihrer Wohnung schmeißen und den Literaturtreff absagen.«
Hardo sah Katinka aus seinen grauen Augen an. Sie erwiderte seinen Blick.
»In der Tat«, bestätigte er.
»Also hatte sie einen Unfall.«
»So begriffstutzig bist du doch sonst nicht«, neckte Hardo.
»Was meinst du damit?«
Er vertilgte das letzte Stück Pizza. »Sie hat was ausgefressen.«
»Und die Ratten bei den Schweigaus und bei Walli und Horst abgelegt? Meine Wohnungstür geknackt? Warum, Hardo? Sollte sie nicht, falls sie was auf dem Kerbholz hat, zusehen, dass sie das Land verlässt?«
»In Richtung Karibik?«, bohrte Hardo.
Die Theissens!
»Irmi und Günther fahren jedes Jahr um diese Zeit in die Ferien«, murmelte sie.
»Eben. Super Tarnung. Geradezu perfekt. Sie ist vielleicht längst dort. Ohne einen vernünftigen Anlass können wir aber die Passagierlisten nicht abfragen. Sie kann gehen, wohin sie will.«
Katinka lehnte sich stöhnend zurück. »Fuck. Aber sie hat ihren Pass nicht dabei. Laut Simone liegt er zu Hause.«
Hardo lupfte die Augenbrauen. »Da wäre noch eine ungeklärte Frage, und die ist entscheidend: Um welches Verbrechen geht es?«
»Muss ja kein Verbrechen sein.« Katinka schüttelte den Kopf. »Hardo, wir fantasieren doch nur noch! Alles reine Theorie. An Ivos Tod sind die Kollegen in Hof dran, und dass Rita Opfer eines Verbrechens geworden ist … darauf haben wir keinerlei Hinweis. Oder siehst du Handlungsbedarf?«
»Bisher nicht. Leg eine Liste an. Schreib auf, was Rita sonst dazu veranlasst haben könnte, den Adler zu machen. Hat sie Schulden? Ist ihr jemand auf den Fersen? Hat sie Ärger mit dem Finanzamt? Hat sich ein Mann an sie herangemacht, und sie will es nicht?«
»Ivo«, seufzte Katinka, »soll sich angeblich Hoffnungen gemacht haben, dass Rita mit ihm was anfängt. Behauptet Margot Scheinfelder.«
Ihr Handy klingelte, natürlich gerade jetzt. Mit einem entschuldigenden Blick ging sie an den Apparat.
»Wischnewski hier«, flötete Dante. »Gibt’s was Neues?«
»Leider gar nichts. Bei Ihnen?«
»Ich suche eine Wohnung in Bamberg. Sie haben doch noch zwei frei?«
»Woher wissen Sie das denn!« Katinka konnte sich nicht erinnern, mit Dante über den Fortgang der Renovierungsarbeiten gesprochen zu haben.
»Pardon, ich bin nicht auf den Kopf gefallen.«
»Die letzten beiden Wohnungen sind noch nicht hergerichtet. Wir fangen frühestens im März mit dem Renovieren an.«
»Wir? Sie und der Kommissar?« Dante kicherte.
»Himmel, Wischnewski!« Katinka lachte hilflos auf. »Ich setze Sie auf die Warteliste.«
»Das ist mehr, als ich erwartet habe. Was machen die Pseudoliteraten?«
»Nichts Literarisches. Und Sie? Wie sieht’s mit Ihrer Karriere aus?« Katinka sah, wie Hardo die Augen verdrehte.
»Darüber werden Sie mich ein andermal hören. Schönen Abend!« Dante legte auf.
»Sag mir nicht, dass der Vogel hier einzieht!« Hardo sah ehrlich entsetzt aus.
»Warte es ab.«
»Ich wusste nicht einmal, dass es eine Warteliste gibt.«
»Das habe ich doch nur so gesagt.«
»Siehst du!« Hardo nahm zwei frische Flaschen Bier aus dem Kühlschrank. »So geht jeder mit der Wirklichkeit um. Wie er es gerade braucht.«
Dienstag, 18.12.
23
Das Handy klingelte in tiefer Dunkelheit. Katinka ruderte mit den Armen, traf Hardos Kopf. Der grunzte, während sie nach dem Telefon tastete. Es lag auf dem Nachtkästchen, sie verfehlte es, es fiel zu Boden. Klingelte immer weiter.
»Palfy?«, stöhnte sie heiser. Ihr Hals schmerzte.
»Hier ist Walli Reichert. Horst ist weg!«
»Wie bitte?« Katinka setzte sich auf, schwang die Beine aus dem Bett. Der Boden war eiskalt. Sie stand auf und
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