Stille Gefahr #2
nicht zum letzten Mal gesehen hatte, und wenn sie sich das nächste Mal gegenüberstanden, würde es nicht um irgendwelche Medikamente gehen, die ihr die Pfleger verabreichen wollten.
Nein, dann würde es um die erst wenige Tage zurückliegende Nacht gehen, in der man sie bewusstlos aufgefunden hatte, mit aufgeschlitzten Pulsadern, und um ihre Fingerabdrücke auf dem Baseballschläger, mit dem ein Mann fast zu Tode geprügelt worden war.
Und zwar ihr bester Freund – die Leute hier dachten tatsächlich, sie sei dazu fähig.
Und sie wollten sie dafür ins Gefängnis wandern sehen.
Hope schloss die Augen, ließ den Kopf aufs Kissen sinken und seufzte. Es würde nicht mehr lange dauern. Das hatte sie in den Augen des Arztes gelesen, als er sie tags zuvor untersucht hatte.
Mitgefühl, Wissen … und grimmige Zustimmung. Sie brauchte die medizinische Versorgung nicht mehr, die ihr im Krankenhaus zuteilwurde. Und sie würden sie nicht einfach irgendwo hinspazieren lassen, wo sie sie nicht im Auge behalten konnten.
In deren Augen hatte sie etwas Schreckliches getan, und es war an der Zeit, dass sie dafür büßte.
Aber ich habe nichts getan.
Ein trauriges, verzweifeltes Wimmern drohte sich Bahn zu brechen, doch sie schluckte es hinunter, fraß es in sich hinein. Auf keinen Fall würde sie sich kleinlaut deren Plänen fügen, aber die Hände ringen und jammern wollte sie auch nicht mehr.
Jetzt musste sie nur noch herausfinden, was sie stattdessen unternehmen sollte …
2
Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Selbstmordgefährdet.
Bereits früher gewalttätig.
Manipulativ.
»Was auch immer die Leute in ihr sehen wollen, sie gaukelt es ihnen vor.«
Himmel, da musste etwas Wahres dran sein, denn irgendwie glaubte Remy felsenfest, dass sie nicht das war, was die Fakten über sie aussagten.
»Die Frau ist ziemlich durcheinander.«
Durcheinander.
Ja, dass Hope Carson ziemlich verwirrt sein musste, konnte er sich vorstellen.
Sie hatte sich die verfluchten Pulsadern aufgeschnitten, und anscheinend war das nicht der erste Selbstmordversuch gewesen.
»Sie hat schon früher versucht, sich umzubringen …«
»… Hope will keine Hilfe, sie sieht nicht ein, dass sie welche braucht.«
Sie hatte sich schon einmal das Leben nehmen wollen. Bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um, und er wurde wütend.
Verflucht noch mal, zerbrich dir darüber nicht den Kopf, sondern mach einfach deine Arbeit.
Diese Worte gingen Remington Jennings immer wieder durch den Kopf, während er den langen Flur hinunterlief. Seine Schritte hallten durch den hell erleuchteten Gang, wobei die Geräusche von den Wänden zurückgeworfen wurden.
Es klang schrecklich einsam, fand er.
Sheriff Dwight Nielson und Sergeant Keith Jennings begleiteten ihn, ebenso zwei weitere Deputies. Doch eigenartigerweise fühlte sich Remy in diesem Augenblick jämmerlich allein.
Was zur Hölle tat er hier eigentlich?
Vor ihm lief der Sheriff mit strammen, bedachten Schritten. Der Mann machte keine überflüssige Bewegung und verschwendete keine unnötigen Worte.
Nicht einmal in dieser Situation.
Wozu auch?
Remy konnte sich jede verdammte Silbe denken, die dem Mann durch den Kopf ging.
Es dürfte so ziemlich Wort für Wort dasselbe sein, was Law Reilly ihm vierundzwanzig Stunden zuvor am Telefon erzählt hatte.
Die beiden waren einer Meinung – Hope Carson gehörte wegen des Angriffs auf Law nicht hinter Gitter, und die Beweise deuteten nicht darauf hin, dass sie Earl Prather umgebracht hatte. Dafür konnte man sie also nicht wegsperren.
Remys Bauchgefühl sagte ihm dasselbe – hier passte einfach nichts zusammen.
Was für ein verdammtes Pech, dass er sich nicht auf sein Bauchgefühl verlassen durfte.
Er musste sich an die Fakten halten … und die ergaben ein sehr düsteres Bild von Hopes Vergangenheit und ein äußerst beunruhigendes Persönlichkeitsbild.
Fakt war auch, dass sich ihre Fingerabdrücke auf der Waffe befanden, mit der Reilly fast zu Tode geprügelt worden war, und dass sie anschließend versucht hatte, sich umzubringen.
Und zwar nicht zum ersten Mal.
Nein … sie gehörte nicht hinter Schloss und Riegel, aber sie brauchte Hilfe.
»Man könnte sagen, sie hat eine aggressive Ader. Sie ist sehr manipulativ. Wenn sie ihren Willen nicht bekommt, wird sie labil und unberechenbar. Schwer zu sagen, was sie einem Menschen antun könnte, von dem sie meint, dass er ihr im Weg steht.«
Remy musste daran denken, wie Prather gestorben
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