Stille Kuesse sind tief
Pia über In-vitro-Fertilisation gesprochen“, begann Dakota.
„Stimmt. So, wie sie es erzählt hat, klang es sowohl großartig alsauch schrecklich.“
Dakota verzog das Gesicht. „Muss man sich da nicht Hormonspritzen geben lassen? Das fände ich grässlich. Wenn es um Spritzen geht, bin ich ein totaler Angsthase.“
„So toll finde ich das auch nicht, aber wenn es zweckdienlich ist, komme ich damit klar.“
Dakota holte tief Luft. „Ich möchte nicht, dass du das jetzt falsch verstehst. Ich sage das, weil ich dich mag.“
„Du windest dich gerade und sagst gar nichts.“
„Du hast recht. Es ist nur …“ Sie griff über den kleinen Tisch und berührte Charlies Arm. „Ich glaube, dass du das alles in der falschen Reihenfolge angehst. Du möchtest eine Familie haben, und das kann ich gut nachvollziehen. Und ich respektiere deinen Wunsch auch. Die Entscheidung, alleinerziehende Mutter zu sein, ist keine leichte. Bei den meisten alleinerziehenden Müttern oder Vätern ergibt sich das leider so. Die suchen sich das nicht freiwillig aus …“
Das klingt ja alles gut und schön, dachte Charlie. „Aber?“
„Aber meiner Meinung nach triffst du diese Entscheidung aus den falschen Gründen.“ Sie sah Charlie direkt an. „Was dir passiert ist, ist grauenvoll. Und dass dir nicht einmal Gerechtigkeit widerfahren ist, macht die ganze Sache noch schlimmer. Niemand sollte so etwas durchmachen müssen. Es gibt keine Entschuldigung für das, was der Mann dir angetan hat. Du hast lange Zeit darunter gelitten. Jetzt versuchst du langsam, diesen Schmerz zu überwinden, und denkst darüber nach, eine Familie zu gründen. Was großartig ist, aber womit du dich nicht befasst, sind die anderen Konsequenzen.“
Eigentlich wollte Charlie nichts davon hören. Am liebsten wäre sie aufgestanden, hätte ihren Kaffeebecher in den Mülleimer geworden und wäre gegangen. Im Kino würde sich das richtig gut machen, aber das hier war die Realität. Dakota war eine Freundin und außerdem ausgebildete Psychologin. Wahrscheinlich wäre es gut, wenn Charlie auf sie hörte. Auch wenn das, was Dakota sagen würde, ihr unangenehm war und sie das Gefühl hatte, in einer kleinen, dunklen Schachtel gefangen zu sein.
„Red weiter“, sagte sie leise.
„Wenn du nicht mit einem Mann zusammen sein wolltest, weil du mehrere Beziehungen gehabt und festgestellt hättest, dass das nichts für dich ist, dann wäre das okay. Aber du meidest Männer, weil du Angst hast. Angst vor Vertrauen, Angst vor Intimität, sowohl körperlich als auch emotional. Du hältst dir die Leute vom Leib, indem du sie einschüchterst. Du bist eine der stärksten Frauen, die ich kenne, Charlie, und eine der schwächsten. Einfach einen Teil von dir zu verleugnen, weil du Angst hast, das passt so gar nicht zu dir.“
Charlie ballte die Hände zu Fäusten. Ruhig weiteratmen, befahl sie sich. Sie würde diese Unterhaltung überstehen, und dann könnte sie etwas zerschlagen.
„Du musst die Sache für dich klären, ehe du ein Kind in dein Leben integrierst“, riet Dakota ihr. „Das heißt nicht zwangsläufig, dass du unbedingt einen Mann haben musst. Ich glaube, dass du auch eine hervorragende alleinerziehende Mutter wärst. Aber du musst erst mal deine Wunden heilen. Sonst bist du nämlich nicht in der Lage, deinem Baby all die Lektionen beizubringen, die ein Kind lernen muss. Mutter zu sein ist schon schwierig genug. Wir alle haben unsere Fehler. Aber du willst bestimmt von einer guten Startposition aus loslegen, und die hast du im Moment noch nicht.“
Dakota ließ Charlie nicht aus den Augen. „Ich möchte nur das Beste für dich. Ich möchte, dass du deine Angst besiegst.“
„Das gefällt mir nicht“, erklärte Charlie und versuchte, gegen das Gefühl der Übelkeit und gegen die Scham anzukämpfen. „Es gefällt mir ganz und gar nicht.“
Dakota wartete.
Nervös rieb Charlie sich das Gesicht und nickte einmal kurz. „Okay. Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist es ein Problem. Die Sache mit den Männern.“
Dakotas Mundwinkel zuckten leicht. „Nur vielleicht? Weißt du, wie viele Diplome ich habe?“
Charlie grinste. „Ja, ja, unsere schlaue Frau Doktor. Ich weiß.“ Sie wurde wieder ernst und beugte sich vor. „Ich weiß nicht, wie ich das Problem lösen soll. Ich bin nicht der Typ für eine Therapie, dazu bin ich viel zu ungeduldig. Und über meine Gefühle will ich auch nicht reden.“
„Es gibt unterschiedliche Arten von Therapien. Nicht
Weitere Kostenlose Bücher