Stille Kuesse sind tief
den Besuch, auf den sie gewartet hatte. Annabelle ging zu den Kindern, die sich um einen ziemlich besorgt dreinschauenden Hund und die schwangere Frau, die seine Leine hielt, gescharrt hatten.
Montana Hendrix-Bradley lächelte. „Wir sind da.“
Annabelles automatisches „Vielen Dank, dass ihr gekommen seid“ blieb ihr in der Kehle stecken, als sie auf Montanas enormen Bauch starrte. „Bist du auch okay?“, fragte sie stattdessen besorgt. „Du siehst …“
„Riesig aus?“ Montana rieb sich das Kreuz. „Ich zähle die Tage, das kann ich dir sagen. Es ist kaum noch auszuhalten, ich weiß nicht, wie ich liegen oder sitzen soll. Schlafen kann ich auch nicht mehr.“ Sie senkte die Stimme. „Und alle fünfzehn Sekunden muss ich aufs Klo. Sagen wir mal so, ich gehöre leider nicht zu den Frauen, die während einer Schwangerschaft aufblühen.“
Annabelle verspürte trotzdem einen winzigen Anflug von Neid. „Aber du bekommst ein Baby.“
Montana lächelte. „Das ist das Beste daran. Nur noch ein paar Wochen, und dann ist unser kleines Mädchen da.“
„Wie kommt Simon mit der Warterei klar?“
Bei der Erwähnung ihres Ehemannes strahlte Montana. „Er macht mich verrückt mit seiner Fürsorge. Alle paar Minuten ruft er mich an und behandelt mich so, als wäre ich zerbrechlich.“
„Du liebst das doch.“
„Na klar, und ihn liebe ich auch. Wir sind beide total aufgeregt, weil wir bald eine richtige kleine Familie sind.“ Sie blickte auf die Kinder, die Buddy umschwärmten. „Na schön, dann lass uns mal anfangen.“
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis das erste Kind zum Lesen mit Buddy bereit war. Montana hatte das Leseprogramm im vergangenen Jahr eingeführt. Buddy, ein speziell für solche Zwecke ausgebildeter Hund, war genau der Richtige dafür. Sein Gesichtsausdruck wirkte stets besorgt, und instinktiv wollten die Kinder ihm helfen, sich besser zu fühlen. Wenn sie lasen, entspannte er sich.
Während der Schulzeit reiste Buddy innerhalb des Distrikts von einer Schule zur anderen. Im Sommer kam er regelmäßig in die Bücherei. Annabelle hatte gesehen, wie positiv seine Anwesenheit sich auf die Kinder auswirkte, die Schwierigkeiten mit dem Lesen hatten. Während ein Kind es unangenehm finden konnte, einem Erwachsenen etwas vorzulesen, urteilte oder kritisierte ein Hund niemals.
Sobald Buddy und der erste kleine Leser es sich in den Sitzsäcken bequem gemacht hatten, gesellte Montana sich wieder zu Annabelle und ließ sich langsam auf einen Stuhl sinken.
„Du siehst genauso besorgt aus wie Buddy“, meinte Montana und strich sich eine blonde Haarsträhne hinters Ohr. Sie trug es noch immer lang. Als eine von drei eineiigen Drillingen sah Montana genauso fantastisch aus wie ihre Schwestern. Alle drei hatten am vergangenen Neujahrsabend in einer denkwürdigen Hochzeitsfeier im Gold Rush Ski Lodge and Resort geheiratet.
„Auch wenn ich reichlich Fachliteratur über Geburten hier in der Bücherei zur Hand habe, möchte ich die nicht wirklich gebrauchen müssen“, gab Annabelle zu.
Montana lachte. „Keine Sorge. Das Krankenhaus ist in der Nähe, und Simon würde schon dafür sorgen, dass ich dorthin komme. Meine Gynäkologin kennt sich mit besorgten Ehemännern aus, aber da Simon ja auch Arzt ist, fängt er immer häufiger an, ihr detaillierte Fragen zu stellen. Ich vermute, dass sie ihm androhenwird, ihm eine Betäubungsspritze zu geben, wenn ich Wehen bekomme. Wie laufen denn Heidis Hochzeitsvorbereitungen?“
„Wir haben gerade erst angefangen“, erwiderte Annabelle. „Heidi macht Pläne, und Charlie und ich versuchen ihr zu helfen, so gut wir können. Sie hat ja im Moment auch reichlich um die Ohren – die Umgestaltung des Hauses, ihre Ziegen, das ständig wachsende Käsegeschäft und jetzt auch noch die Verlobung.“
Montanas Augen begannen amüsiert zu funkeln. „Charlie ist nicht gerade die Art von Frau, die man sich als Hochzeitsplanerin vorstellt.“
„Du meinst, sie ist nicht feminin genug?“, fragte Annabelle kichernd. Charlie war eine wunderbare Freundin, aber eher der Typ, mit dem man Autos kaufen ging, als dass man sie mitnahm, um die Dekoration für die Hochzeit auszusuchen.
„Nicht wirklich.“
„Sie gibt sich Mühe, weil sie eine gute Freundin ist. Und es macht irgendwie auch Spaß, sie dabei zu beobachten, wie sie sich aus ihrer Komfortzone herauswagt.“
„Sag Heidi bitte, ich weiß es sehr zu schätzen, dass sie den Hochzeitstermin so weit nach hinten
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