Stille Kuesse sind tief
unangenehmen Erinnerungen wachrufen.“
„Ist schon okay. Ich wünschte, es wäre anders gekommen. Ehrlich gesagt habe ich im Grunde die Hoffnung aufgegeben, den Richtigen zu finden.“
„Und einfach nur mal mit jemandem ausgehen?“
„War bisher auch nicht sonderlich erfolgreich.“
„Hab ein bisschen Vertrauen“, riet Montana ihr. „Der Liebe begegnet man oft dann, wenn man es am wenigsten erwartet. Sieh mich an. Als ich Simon das erste Mal getroffen habe, dachte ich, er wäre so ein zugeknöpfter Idiot, der ungefähr so viel Sinn für Humor hat wie ein Stein.“ Sie lachte. „Er hielt mich für einen Trottel, wenn auch einen sexy Trottel. Jetzt sind wir zusammen und bekommen bald unser erstes Baby. Manchmal wache ich auf und frage mich, wieso ich solch ein Glück gehabt habe.“
Wenn ihre Freundin so redete, klang es wunderbar, sich zu verlieben. Auch Annabelle hätte gern an die große Liebe geglaubt, aber sie war schon einmal so enttäuscht worden. Es war an der Zeit, die Strategie zu wechseln – künftig wollte sie sie selbst sein.
In Fool ʼ s Gold weiß man, wie man feiert, dachte Shane, während er durch die Stadt schlenderte. Es war der 4. Juli, und Karussells waren aufgebaut worden, außerdem Stände, an denen man Essen kaufen konnte, und im Park wurden Spiele für die Kinder veranstaltet. Obwohl es erst früher Nachmittag war, spazierten bereits viele Leute durch die Straßen, sodass er seinen Bruder und Heidi schon fast aus den Augen verloren hatte.
Auch nicht schlimm, dachte er und blieb sogar einen Moment stehen, um die Distanz zwischen ihnen noch zu vergrößern. Als Rafe vorgeschlagen hatte, dass er, Shane, mitkommen und sich anschauen sollte, wie die Stadt den Feiertag beging,hatte er zugestimmt, ohne groß darüber nachzudenken. Jetzt dabei zuzuschauen, wie verliebt die beiden waren und wie sie miteinander turtelten, machte ihm leider nur allzu bewusst, wie allein er war. Und wie unwahrscheinlich es war, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern würde.
Er freute sich, dass sein Bruder, der Workaholic, sich endlich einmal etwas entspannte und eine so tolle Frau wie Heidi gefunden hatte, und hoffte von ganzem Herzen, dass die beiden zusammen glücklich wurden. Aber er brauchte keine 3-D-Illustration dessen, was er niemals haben würde. Jedenfalls nicht, solange er von Annabelle besessen war.
Wenn er sie vergessen könnte, bestand vielleicht die Chance, dass er mit einer … normaleren Frau eine Beziehung aufbauen könnte. Einer vernünftigen Frau mit einem tollen Lächeln. Einer Frau, die er auf rationale Art und Weise lieben lernen könnte. Das wünschte er sich. Eine sichere Beziehung. Weder alles verzehrende Leidenschaft noch verzweifeltes Sehnen. In solch einer Beziehung würde von ihm nichts weiter als ein Häufchen Asche übrig bleiben.
Weiter vorn begann Heidi gerade, sich suchend umzuschauen. Als sie ihn entdeckte, kam sie zurück und hakte sich bei ihm unter.
„Na, wie gefällt es dir?“, fragte sie. „Ist das nicht eine tolle Stadt?“
„Ich erinnere mich, dass früher, als ich noch ein Kind war, der 4. Juli auch schon ein riesiges Ereignis war, aber das hier ist noch weitaus beeindruckender.“
„Das freut mich.“ Sie lehnte sich an ihn. „Du hattest nie solche Probleme mit deinem Heimatort wie Rafe?“
„Nein, mir hat es hier immer gefallen.“
Rafe, der älteste der Stryker-Geschwister, war derjenige gewesen, der nach dem Tod des Vaters in die Beschützerrolle geschlüpft war. Dabei war er selbst noch ein Kind gewesen, doch er hatte sich ständig um seine Geschwister und die Mutter gesorgt, hatte zu hart gearbeitet und war häufig genug hungrig geblieben, damit die anderen genügend zu essen hatten.
Es hatte Jahre gedauert, bis Shane begriffen hatte, was sein Bruder aufgegeben hatte. Als er endlich dahintergekommen war, war Rafe bereits auf dem College gewesen – in Harvard mithilfe eines Stipendiums – und auf dem Weg zum Erfolg. Für Shane, Clay und Evangeline war Fool ʼ s Gold der schönste Ort auf Erden gewesen. Für Rafe dagegen war die Stadt gleichbedeutend mit dem Ort, an dem er arm, verängstigt und hungrig gewesen war.
„Es tut mir leid, dass ich dir bisher nicht mit deinem Haus helfen konnte“, sagte Heidi. „Leider lassen mir die Arbeit mit den Ziegen und die Vorbereitungen für die Hochzeit nicht mehr viel Zeit für andere Sachen. Aber ich versuche, mich zu bessern …“
Shane war dabei, sich ein Haus bauen zu lassen, zumindest
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