Stille Kuesse sind tief
Tier friedlich geblieben und hatte sich als treue Gesellschaft für Priscilla erwiesen.
Er band Reno an einem Pfosten fest und griff nach dem Striegel. „Bist du dir wirklich sicher?“, fragte er Charlie. Ihre Drohung zu ignorieren schien ihm der sicherste Weg. „Was ihr Alter und ihre Größe angeht, wäre ein Pferd bestimmtbesser geeignet.“
„Du bist ein Ponyhasser, was dich nicht gerade liebenswert macht“, erklärte Charlie ihm, während sie nach einem weiteren Striegel griff und begann, die andere Seite von Reno zu säubern. „Vertrau mir. Reno ist die bessere Wahl. Auf ein Pferd käme Kalinda zu schwer hinauf. Und, was noch wichtiger ist, wenn etwas schiefläuft, können wir sie hier direkt runterholen.“
Das gefiel ihm gar nicht. „Hältst du das Ganze wirklich für eine gute Idee?“
„Ja. Sie muss langsam mal wieder rauskommen. Erfahrungen machen, ohne dabei Angst haben zu müssen.“ Charlie musterte ihn böse, was sie ziemlich häufig tat. „Ich habe dir doch von den Verbrennungen erzählt.“
„Ja. ‚Mach kein schockiertes Gesicht, starr sie nicht an. Verhalte dich einfach ganz normal.’ Ich bin doch kein Idiot.“
„Das wird sich erst noch zeigen.“
Was er ihr nicht sagte – vor allem deshalb, weil er nicht den Kopf abgerissen bekommen wollte –, war, dass er diese Seite an Charlie mochte. Dass sie sich Sorgen um ein Kind machte.
Als sie am Morgen angerufen hatte, um zu fragen, ob sie Reno ausleihen dürfte, hatte er sofort zugestimmt. Eine halbe Stunde zuvor war sie angekommen und hatte ihm erklärt, dass das Pony für eine Zehnjährige war, die starke Verbrennungen erlitten hatte. Im vorigen Sommer war ein Gasgrill explodiert, und mehr als vierzig Prozent von Kalindas Haut waren verbrannt. Selbst nach dieser langen Zeit musste sie sich immer wieder neuen Operationen unterziehen und war noch lange nicht geheilt.
Aus einem nahe gelegenen Korral ertönte Priscillas Trompeten. Sie war gar nicht begeistert gewesen, als Shane das Pony aus dem Gehege geholt hatte, deshalb hatte er sie lieber in die Nähe des Platzes gebracht, wo Kalinda reiten sollte. Zumindest Wilbur und die Katzenfamilie waren zufrieden gewesen, in Priscillas Gehege zu bleiben.
„Mein Leben war mal normal“, murmelte Shane und legte eine Decke auf Renos kleinen Rücken, bevor er nach dem Sattel griff.
Charlie grinste ihn an. „Wenn du Normalität hättest haben wollen, hättest du nicht hierher zurückkommen dürfen. Hat dein Bruder dich nicht gewarnt?“
„Ich glaube, er hat es versucht, aber ich habe ihm nicht geglaubt.“
Sie zogen den Sattelgurt fest, und Charlie griff nach dem Zaumzeug, um Reno das Mundstück ins Maul zu schieben. Das Pony wehrte sich nicht dagegen, sondern schien sogar ganz glücklich über die Prozedur zu sein.
Sie waren gerade fertig, als auch schon ein Wagen die Auffahrt hochgefahren kam. Charlie winkte und ging zum Auto, während Shane bei Reno blieb.
Noch einmal erinnerte er sich daran, das Mädchen nicht anzustarren. Die Kleine hatte schon genug mitgemacht. Aber Charlies Warnung hatte ihn nicht auf den Anblick von Kalinda vorbereitet, die langsam und offenbar unter Schmerzen aus dem Wagen stieg.
Ihr Gesicht war mit großen roten Narben überzogen. Nur ihre erstaunlich blauen Augen waren unversehrt. Aus ihnen schaute Kalinda ihn an, als wartete sie nur darauf, einen angewiderten Blick von ihm zu ernten. Sie trug ein langärmliges Shirt zu einer Jeans und einen medizinischen Handschuh.
Ohne zu zögern, ging Charlie auf sie zu. „Hallo, Kalinda. Da bist du ja. Warte, bis du Reno kennenlernst. Er ist ein echt cooles Pony. Ich glaube, er wird dir gefallen.“
Eine hübsche Frau um die dreißig stieg aus dem Wagen aus. Genau wie ihre Tochter war auch sie blond und eher klein. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich Besorgnis ab.
„Hallo, Charlie“, begrüßte die Frau sie. „Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.“
Behutsam legte Charlie der Frau einen Arm um die Schultern. „Schauen wir mal, wie es so läuft, Fay.“
„Wenn du meinst.“
Die kleine Gruppe kam auf ihn zu. Shane lächelte Kalinda an. „Hallo. Willkommen auf der Castle Ranch. Das hier ist Reno, und ich bin Shane.“
„Hi, Shane“, erwiderte das Mädchen leise. „Ich bin Kalinda.“
„Fay“, sagte die Mutter und streckte ihm die Hand entgegen. „Danke, dass Sie das ermöglichen. Wir sind …“ Fay riss die Augen auf und schrie. „Oh, Gott! Was ist das?“
Shane stöhnte,
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