Stille Sehnsucht
Niko frustriert die Augen verdrehte.
„Ich hätte ein Foto von deinen in der Luft rudernden Armen machen sollen.“
„Tyler!“
„Mik?“ Colin tauchte neben dem Bett auf und schaute belustigt auf sie hinunter. „Will ich wissen, was ihr drei hier treibt?“
„Pfft“, machte Niko schmollend, warf das Kissen aufs Bett zurück und stand auf. „Lacht ruhig weiter. Ich gehe derweil aufs Klo.“
„Willst du was essen? Wir haben Pizza bestellt.“
„Nein“, antwortete Niko beleidigt, um seine Ruhe zu haben, und stapfte wütend aus dem Zimmer.
David und Adrian sahen auf, als er in den Wohnraum trat. Beide grinsten. Niko warf ihnen einen bösen Blick zu und ging ins Badezimmer, um dort die Tür hinter sich zuzuwerfen. Das einsetzende Gelächter nebenan konnte er aber leider trotzdem hören. Mit einem tiefen Seufzen ließ er sich auf den geschlossenen Toilettendeckel sinken und vergrub das Gesicht zwischen seinen Händen. Was für ein Irrenhaus. Und aus dem Bad flüchten konnte er auch nicht, das war nämlich fensterlos. Niko hatte keine Ahnung, was er jetzt machen sollte, und so saß er eine ganze Weile grübelnd auf dem Toilettendeckel, bis er irgendwann die Tür klappen hörte.
„Niko?“
Tyler. Wer auch sonst? Niko seufzte innerlich. „Kein Einbruch diesmal?“
„Wollte ich ja. Aber du hattest nicht abgeschlossen“, antwortete Tyler, was ihn ungewollt grinsen ließ. „Niko? Dein Arsch ist wirklich knackig und erstklassig kochen kannst du auch, habe ich mir sagen lassen. Aber meine Kriterien dafür, ob ich jemanden in mein Bett und mein Leben lasse, sind doch etwas anders.“
Wollte er dieses Gespräch jetzt wirklich weiterführen? Eigentlich nicht, aber die Alternative hieß Familie und da war er mit Tyler im Moment eindeutig besser dran. „Und was für Kriterien hast du?“, fragte Niko deshalb leise und rieb sich die Augen.
„Ich muss denjenigen mögen, mit dem ich schlafe. Ich muss mich mit ihm streiten können. Ich mag es, wenn er gut riecht und mit mir dumme Horrorfilme anguckt. Ich will, dass er Bounty mag. Mir ist wichtig, dass er was im Kopf hat und sich durchsetzen kann. Ich will, dass er mir vertraut und mit etwaigen Sorgen und Problemen zu mir kommt. Er kann mir jederzeit widersprechen, wenn ihm etwas nicht passt und er soll sich auch nicht alles von mir gefallen lassen. Ich brauche jemanden, der sein eigenes Leben führt und der auch mit meinem Job klarkommt. Ich will einen Mann an meiner Seite, der vor allem eines ist, selbstständig. Nichts gegen einen knackigen Arsch, aber auf den kann ich viel eher verzichten, als auf die anderen Dinge, die ich eben aufgezählt habe.“
„Tyler, du hast gerade mich beschrieben“, murmelte Niko verunsichert, während sein Herzschlag förmlich in seinen Ohren dröhnte. Wieso hatte Tyler das alles zu ihm gesagt? Und wieso bedeutete es ihm nur so viel?
„Wen hätte ich sonst beschreiben sollen? Immerhin bin ich mit dir zusammen und nicht mit Eddy.“
Niko sah abrupt auf. „Wer ist Eddy?“
Tyler grinste kurz. „Eddy Keller, ein Kollege von mir. Ein echt netter Kerl und vor allem nicht homophob.“
Niko verstand, was Tyler damit sagen wollte, und das erstaunte ihn doch ziemlich. „Er weiß Bescheid?“, fragte er verblüfft und Tyler nickte.
„Er weiß, dass ich schwul bin und dass es seit einigen Wochen jemanden in meinem Leben gibt, der mir etwas bedeutet. Er möchte dich kennenlernen.“
Tyler hatte einem seiner Kollegen von ihnen erzählt? Niko war sprachlos. Nachdem, was er von Tylers übrigen Kollegen wusste, hätte Niko nie gedacht, dass sein Bulle einem von ihnen freiwillig von ihm erzählen würde. Aber das zeigte wieder einmal, wie wenig sie sich gegenseitig wirklich kannten und voneinander wussten.
„Du hast mir nie von deinen Freunden erzählt.“ Niko meinte das nicht als Vorwurf, es war schlichtweg eine Tatsache und Tyler verstand es auch so.
„Es gibt viele Dinge, die wir noch nicht voneinander wissen. Erzähl' mir von deinen Freunden.“
Da hatte Tyler recht, aber was Freunde anging, gab es nichts zu erzählen. Niko zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Freunde.“
Tyler runzelte die Stirn. „Und was ist mit Kilian oder Dale? Was ist mit den Zwillingen?“
Niko seufzte resigniert. „Ich korrigiere mich. Ich habe außerhalb meiner Familie keine Freunde.“
„Warum nicht?“
Niko sah auf die Fliesen zu seinen Füßen. „Ich wollte keine Freunde. Ich hatte Alex.“
Tyler schwieg, aber damit hatte Niko
Weitere Kostenlose Bücher